FC Bayern:Bayern sucht die neue Flügelzange

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Sind sie zu ersetzen? Arjen Robben und Franck Ribéry. (Foto: Getty Images)
  • Arjen Robben und Franck Ribéry haben erneut gezeigt, wie wichtig sie für den FC Bayern sind.
  • Sie gehen in der kommenden Saison wohl in ihr letztes Jahr in München.
  • Trotzdem ist es nicht ausgeschlossen, dass der FC Bayern schon im Sommer auf dem Transfermarkt aktiv wird.

Von Christof Kneer, München

Gerd Müller hat die Geschichte einmal erzählt und sich freundlich amüsiert dabei. Er hat erzählt, wie die Bayern mal den Flügelstürmer Klaus Wunder aus Duisburg gekauft haben und wie dieser Klaus Wunder dann kaum eine Rolle spielte bei diesem großen Verein. Der damalige Bayern-Manager Schwan habe Wunder "nur geholt, um uns zu ärgern", erzählte Müller damals, Schwan wollte "absichtlich Konkurrenz, weil wir uns in unserer Spielweise so sicher gefühlt haben".

Ein kleiner Exkurs ins Ressort Alte Geschichte lässt sich auf gar keinen Fall vermeiden, wenn es darum geht, Franck Ribéry und Arjen Robben angemessen in die Historie des FC Bayern einzuordnen. In einigen Jahren werden Ribéry und Robben selbst im Geschichtsbuch stehen, als Champions-League-Sieger 2013 und als tragende Stützen jener bayerischen Gesellschaft, die zwischen 2013 und 2017 fünfmal hintereinander Meister wurde. Aber ihren wahren Wert für den Verein begreift man erst, wenn man sich an Gerd Müllers Sätze erinnert. Ribéry und Robben haben es demnach geschafft, den FC Bayern zu verändern - jenen Klub, der all die Jahrzehnte nie etwas anderes nötig hatte, als seinen Fußball durch die Mitte zu spielen.

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Zusammen mit Franz Beckenbauer hat Gerd Müller diesen Fußball erschaffen; kam Beckenbauer von hinten angelaufen, dann wollte er Doppelpass spielen, und Müller wusste: Spielt der Franz mich schwach an, soll ich den Ball zurückspielen. Spielt er mich scharf an, soll ich selber mit dem Ball was machen. Wobei selber-mit-dem-Ball-was-machen halt hieß, dass Müller sich rechtsrum oder linksrum drehte und dabei den Gegenspieler mit dem Hinterteil sanft aus dem Bild schubste.

Ja gut, und dann machte es halt bumm.

So haben die Bayern ewig Fußball gespielt, später dann halt ohne Hintern, aber meistens bis immer wurde der Ball über die mittlere Spur in Richtung Meisterschaft transportiert, die Seiten des Spielfelds haben die Bayern nur am Rande interessiert. Flügeldribbler, Flankengötter? So was hatten immer nur die anderen. Wer durchs bayerische Familienalbum blättert, findet zwar irgendwo den herrlichen Wiggerl Kögl, aber das war's dann auch.

Dass Franck Ribéry und Arjen Robben die besten Flügelspieler der FC-Bayern-Geschichte sind, wird man also behaupten dürfen, ohne eine Gegendarstellung zu riskieren. Selbst in diesem zunehmend datengestützten Spiel wird sich keine Formel auftreiben lassen, mit der sich der Anteil der beiden an den vergangenen fünf Meisterschaften berechnen lässt, aber manchmal sind solche Daten auch atemberaubend wurscht. Ribéry und Robben haben sich auch in dieser aktuellen Meistersaison wieder vom akademischen Ansatz des Spiels emanzipiert - und sind auf ihre eigene Art dennoch moderne Spieler gewesen. Weil es im modernen Fußball mehr denn je die anarchischen Geistesblitze braucht, um die professionell gebauten Systeme des Gegners zum Absturz zu bringen.

Auch Bayerns aktuelle Saison lässt sich nicht ohne R & R erzählen, mehr denn je stehen beide fürs große Ganze. Sie sind immer noch viel zu gut und viel zu motiviert, um sich in der Bundesliga von irgendwem aufhalten zu lassen; gleichzeitig geraten sie auf der zweiten großen Deutungsebene des Vereins - in der Champions League - allmählich in den Grenzbereich. Das muss sich der FC Bayern ja schon vorwerfen lassen: dass er es versäumt hat, in den Verträgen der beiden eine Klausel zu verankern, die es unter Androhung übler Konventionalstrafen verbietet, älter zu werden.

Ribéry, 34, und Robben, 33, werden auch für Bayerns nächste Saison noch mal prägend sein. Sie starten gemeinsam in ihr wohl letztes Münchner Jahr, und ihre Leidenschaft auf den letzten Metern könnte identitäts- und motivationsstiftend wirken für eine Mannschaft, deren Trainer genau solche Mannschaften braucht. Carlo Ancelotti ist kein Coach, der ausbaufähige Teams weiter ausbaut, er ist einer, der Spieler wie R & R bei Laune halten und in den richtigen Zusammenhang bringen kann.

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Es ist nicht Ancelottis Thema, für die Zeit danach vorzusorgen, es ist das Thema der Klubführung. Längst sichten sie Spieler, die als Nachfolger der beiden großen R in Frage kommen, einige Kandidaten (u.a. Alexis Sanchez, Julian Brandt) sind bekannt. Nicht ausgeschlossen, dass die Bayern auch in diesem Sommer schon tätig werden, sie wollen es nicht noch mal erleben, dass sie ein nationales Großtalent wie Leroy Sané aus dem Land lassen müssen, nur weil sie selbst gerade keine Planstelle frei haben. Bei Kingsley Coman, 20, haben die Bayern die Vertragsoption inzwischen gezogen, aber den zuletzt stagnierenden Douglas Costa würden sie im Zweifel auch schon diesen Sommer gehen lassen.

Ja, der FC Bayern will auch künftig weiter über die Flügel spielen. Für Klaus Wunder, 66, kommt dieser Ansatz allerdings etwas zu spät.

© SZ vom 02.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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