Serge Ibaka beim FC Bayern Basketball:Der Vergangenheit entkommen

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Neues Schwergewicht für die Bayern: Serge Ibaka, hier im NBA-Spiel seiner Los Angeles Clippers gegen Jayson Tatum von den Boston Celtics. (Foto: Keith Birmingham/dpa)

Serge Ibaka, der neue Bundesliga-Star aus der NBA, stellt sich in München vor. Über einen Mann, der die Gewinner-Mentalität in sich trägt - auch weil er sich von seiner schweren Kindheit befreit hat.

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Als Serge Ibaka, der 1071-Spiele-Mann aus der NBA, sich am Donnerstag in München zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentierte, musste er natürlich auch ein wenig Stadtfolklore über sich ergehen lassen. Wie es denn so war auf der Wiesn? Und das Bier, hat es geschmeckt? Ibaka, 2,08 Meter großer Center und Power Forward, gab dann entwaffnend ehrlich zu, er habe "noch nie zuvor in meinem Leben vom Oktoberfest gehört". Aber das Bier habe ihm geschmeckt, es sei halt "sehr stark" und der Krug "sehr schwer".

In Lederhosen haben sie Ibaka, 34, auch gesteckt am Dienstag beim Oktoberfestbesuch seiner neuen Mannschaft, am Freitag davor hatte er sich das Fußball-Spitzenspiel des FC Bayern gegen Leverkusen angeschaut. Der Mann aus Brazzaville, Kongo, ist also fast schon ein Profi, was die Riten dieses Klubs angeht. Aber darum geht es dem FC Bayern nicht zuvorderst: Ibaka, 2019 NBA-Champion mit Toronto, soll ihr Spiel auch international auf ein Niveau heben, das ihren Ansprüchen genügt. Die Liga zugleich mehr zum Strahlen bringen - das dürfte er schon alleine durch seine Anwesenheit erledigen, dann neben den drei Weltmeistern in Bayern-Diensten, Andreas Obst, Isaac Bonga und Niels Giffey.

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"Ich bin ein Gewinner", sagte Ibaka, und genau deswegen sei er hierher gekommen, "weil ich gewinnen will". Apropos gewinnen: Dass die Deutschen kürzlich den WM-Titel gewonnen haben, damit hat Ibaka überhaupt nicht gerechnet. "Soll ich ehrlich sein? Ich habe die USA und Kanada im Endspiel erwartet, sie waren auf dem Papier so stark. Aber es geht hier um Teamwork, und es ist schön zu sehen, dass die Deutschen gewonnen haben."

Der neue Bayern-Trainer Pablo Laso hat Ibaka kürzlich nach München gelotst, vor zwei Wochen haben Laso und Münchens Sportchef Daniele Baiesi dem Geschäftsführer Marko Pesic und der Klubspitze signalisiert, dass der Wechsel tatsächlich zustande kommen könnte. Die Bayern suchten auf der Center-Position noch einen erfahrenen, hochdekorierten Mann, und Ibaka "ist dann ein bisschen vom Himmel gefallen", wie Pesic es ausdrückt: "Er hat mit Pablo gesprochen, das war's. Ohne Pablo kein Ibaka."

Die Verbindung von Ibaka zu Laso fußt auf dem Jahr 2011, damals hat Ibaka unter Laso während eines Streiks in der NBA aufgrund stockender Tarifverhandlungen zwölf Spiele für Real Madrid bestritten. Und offenbar hat der Coach den Spieler nachhaltig beeindruckt. Bis zuletzt hielten die beiden Kontakt. Ibaka, gestählt in 14 NBA-Jahren bei Oklahoma City Thunder, Orlando Magic, Toronto Raptors, Los Angeles Clippers und den Milwaukee Bucks, nennt Laso gar "einen der besten Trainer der Welt".

"Meine Geschichte ist hart", sagt Ibaka, "ich könnte ein ganzes Buch darüber schreiben"

Dass Ibaka diese Karriere einschlagen durfte, in deren Spätherbst er nun in München gelandet ist - und das offenbar auch noch "wirklich fit, er sieht wie ein 23-Jähriger aus", wie Pesic sagte -, war nicht wirklich abzusehen in seiner Jugend. Das Basketball-Magazin Five hat vor einigen Jahren Ibakas tragische Lebensgeschichte erzählt: Wie er als drittjüngstes von 18 Kindern in den Wirren des Kongokrieges aufwuchs; wie er die Mutter verlor, als er acht Jahre alt war; wie er von der Großmutter in einem Haus ohne Strom und fließendes Wasser aufgezogen wurde; der Vater, ein Hafenarbeiter, saß zeitweise im Gefängnis. "Meine Geschichte ist hart", sagte Ibaka nun am Donnerstag in der Basketballhalle des FC Bayern, "ich könnte ein ganzes Buch darüber schreiben. Ich habe von meiner Vergangenheit gelernt. Aber dort leben möchte ich nicht mehr. Es ist ein Segen, dass ich jetzt dort stehe, wo ich bin."

Auch deshalb ist Ibaka als 17-Jähriger nach Spanien gezogen, hat neben jener des Kongo die dortige Staatsbürgerschaft angenommen, wurde mit Spanien 2011 Europameister und 2012 Olympiazweiter in London: weil er endlich aufbrechen wollte in ein besseres Leben.

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