Neue Spielzeit der Basketball-Bundesliga:Diesmal mit Weltmeisterbonus

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Die Strahlkraft des Weltmeisters: Isaac Bonga schreibt Autogramme in München. (Foto: Jan Huebner/Schultheiß/Imago)

Die Bundesliga der Basketballer startet in Kürze in ihre insgesamt 58. Saison. Die wichtigste Aufgabe wird sein, die Euphorie des WM-Titels in den BBL-Alltag zu transportieren - doch es droht Langeweile.

Von Ralf Tögel

Natürlich hat sich die Basketball-Bundesliga (BBL) den großen Triumph einverleibt und startet am kommenden Mittwoch mit der Partie des deutschen Meisters Ratiopharm Ulm gegen die Niners Chemnitz als "Liga der Weltmeister" in ihre 58. Saison. "Wir wollen natürlich von diesem Erfolg profitieren", sagt BBL-Präsident Alexander Reil, und ja, die BBL ernte nun "verdientermaßen die Früchte der vergangenen Jahre". Ein Selbstläufer werde die Spielrunde dennoch nicht.

"Wer glaubt, dass wir mit dem ersten Spiel doppelt so viele Zuschauer in den Hallen haben werden, der liegt schief", sagt Reil. Es gelte, weiter hart zu arbeiten und die Professionalisierung der Bundesliga voranzutreiben. BBL-Geschäftsführer Stefan Holz pflichtete diesem verhaltenen Optimismus bei: Man werde "den klaren Plan" der BBL weiter verfolgen, der unter anderem vorsieht, bis 2032 die Etats der Klubs (mindestens sechs Millionen), die Mindestkapazitäten der Hallen (4500) sowie die mediale Öffentlichkeit zu steigern.

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Dass die Funktionäre nicht lauthals in den Chor der Begeisterten einstimmen, ist einem angemessenen Realismus geschuldet, denn die große Aufgabe für die BBL wird es sein, die Euphorie, die der Weltmeistertitel zweifellos losgetreten hat, nachhaltig in den nationalen Betrieb zu implantieren. Weltmeister und NBA-Profi Moritz Wagner (Orlando Magic) hatte es etwas plastischer ausgedrückt: "Jetzt ist der deutsche Basketball endlich wieder sexy." Eine absolut richtige Feststellung, die indes für die Nationalmannschaft gilt - aber wie anziehend werden die Zuschauer das Bundesligaspiel zwischen den Tigers Tübingen und Rasta Vechta finden? Und werden sie dafür in die Hallen strömen oder für einen neuen Streamingdienst Geld bezahlen? Im öffentlich-rechtlichen TV spielt Ligabasketball weiter keine Rolle.

Mithelfen soll der neue Streamingdienst DYN ( gesprochen: Dein), der es sich mit dem ehemals erfolgreichen Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga, Christian Seifert, an der Spitze zur Aufgabe gemacht hat, Teamsportarten abseits des Fußballs in den Fokus zu rücken. Neben den nationalen Ligen im Handball, Tischtennis, Volleyball und Hockey ist das auch die BBL. Dyn hat angekündigt, unter dem Dach des Springer-Konzerns in Sachen Technik und Berichterstattung für monatlich 12,50 Euro ein Abo anzubieten und in neue Dimensionen vorzustoßen. Der Boom der WM wird dabei durchaus für einige Zeit helfen, das war am vergangenen Wochenende bei einem Vorbereitungsturnier in München zu beobachten.

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Die Weltmeister Andreas Obst, Niels Giffey und Isaac Bonga wirkten noch nicht auf dem Parkett mit, lockten aber diverse Fans zu einer Autogrammstunde und waren überrascht von der Euphorie, wie Giffey zugab: "Es war verrückt, wie viele Leute da waren, man hat den Hype gespürt. Die Leute sind so happy, fühlen sich als Teil des Ganzen. Man spürt den Nationalstolz, es überwältigt einen." Bonga ergänzte: "Da muss man aufpassen, dass man nicht abhebt." In der Halle herrschte fast schon Playoff-Atmosphäre, wohl gemerkt bei einem Testturnier, das die Bayern mit einer B-Auswahl gegen hoch eingeschätzte Euroleague-Konkurrenz wie Berlin, Bologna und Roter Stern Belgrad gewannen. Und genau hier muss man eine Gefahr für die Liga vermuten: Langeweile.

Denn neben den drei Weltmeistern saßen weitere vier Topspieler der Münchner neben der Bank, unter ihnen in Serge Ibaka der neue BBL-Promi: Der Mann aus dem Kongo kommt geradewegs aus der NBA und hat dort 2019 den Titel gewonnen. Während der Pokalsieger seine Mannschaft unter dem neuen Trainer Pablo Laso, der zweimal die Euroleague gewonnen hat, auf internationales Topniveau trimmt, erlitten die Hauptkonkurrenten Aderlasse.

Meister Ulm musste im brasilianischen Duo aus Spielmacher Yago dos Santos und Center Bruno Caboclo seine Besten ziehen lassen; Champions-League-Sieger und Playoff-Finalist Telekom Baskets Bonn verlor Erfolgscoach Tuomas Iisalo an ein finanziell potentes Basketball-Projekt in Paris. Neben Spielmacher und Liga-MVP T.J. Shorts folgte ihm das halbe Team. Und Alba Berlin, der natürliche Hauptkonkurrent von Branchenprimus München? Verlor ebenfalls eine Handvoll seiner Besten, unter anderem Weltmeister Maodo Lo, Jaleen Smith und Luke Sikma. Immerhin blieb Weltmeister Johannes Thiemann.

Man benötigt kaum Fantasie, um den Topfavoriten zu antizipieren, der neben großen Namen eine weitere Attraktion zu bieten hat: Im Saisoneröffnungsspiel (Freitag, 29. September) wird ein Video-Glasboden getestet, auf den mit LED-Technik digitale Animationen und Grafiken projiziert werden können.

Und auch die Liga hat ein paar Neuerungen zu bieten: Im Pokal-Wettbewerb, der bereits an diesem Freitag beginnt, werden in der ersten Runde sechs Zweitligisten vertreten sein. Außerdem gibt es ähnlich der NBA "Play-In-Spiele". Nur die sechs Erstplatzierten der Hauptrunde sind für die Playoffs gesetzt, die Plätze sieben bis zehn spielen die beiden weiteren Teilnehmer in drei Entscheidungsspielen aus. All dies seien Schritte, um das Produkt BBL weiterzuentwickeln, so Geschäftsführer Holz. Und dafür ist so ein WM-Titel ein gern gesehener Bonus.

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