Basketball:Rutschpartie in Oldenburg

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Im Hintertreffen gegen Oldenburg Charles Manning Jr. (links): Bayern München und Elias Harris geraten gleich bei ihrem ersten Liga-Auswärtsspiel ins Stolpern. (Foto: Andreas Burmann/Imago)

Die Niedersachsen fügen den Bayern-Basketballern gleich in deren erstem Bundesliga-Auswärtsspiel eine 67:77-Niederlage zu. Es mangelt an vielem bei den Münchnern, vor allem an Aggressivität. Die brauchen sie nun beim Euroleague-Auftakt gegen Alba Berlin.

Von Sebastian Winter

Die Spieler der EWE Baskets Oldenburg standen fassungslos auf dem Feld, manche sanken zu Boden, tiefe Enttäuschung machte sich breit. Sie hatten gerade in eigener Halle das wohl wichtigste Spiel ihrer Saison verloren, 78:90 gegen Bayern München. Kurze Zeit später hielten die Gäste den BBL-Pokal in die Höhe. Siebeneinhalb Monate ist dieses Finale nun her, aber am Montagabend gelang es Oldenburg, sich zumindest etwas Genugtuung zu verschaffen. Vor 6200 Zuschauern in ihrer abermals ausverkauften Halle schlugen die EWE Baskets die Münchner mit 77:67 (45:39) und fügten ihnen im erst zweiten Saisonspiel die erste Niederlage zu.

Die wohl sinnbildlichste Szene der Partie ereignete sich, als diese fast schon vorbei war, 20 Sekunden vor Schluss. Bayern München, das sein Heimspiel zum Saisonauftakt gegen den Mitteldeutschen BC am Freitag noch mühevoll gewonnen hatte, lag nun fast aussichtslos zurück. Andreas Obst sollte noch einmal den Ball bekommen, er ist ja nicht erst seit dem WM-Gold, zu dem er entscheidend beigetragen hatte, ein gefürchteter Dreierschütze. Wenn es noch einen Funken Hoffnung gab, dann durch Obst und seinen Distanzwurf. Leandro Bolmaro, der argentinische Zugang, passte also den Ball zu Obst, doch dann sah man den 27-jährigen Weltmeister nur noch durchs Bild an die Bande schlittern. Er war schlicht auf ein paar Schweißtropfen weggerutscht.

Isaac Bonga, der ein paar Minuten zuvor unter dem gegnerischen Korb ebenfalls unglücklich ausgerutscht war, half Obst, der zunächst ironisch lächelte und danach mehrmals den Kopf schüttelte, wieder auf die Beine. Danach ergaben sich die Bayern-Spieler in ihre erste Niederlage dieser noch sehr jungen Saison.

An Obst (14 Punkte) und Bonga (16 Punkte, fünf Rebounds) hat es nicht gelegen, eher schon an der schwachen Dreierquote von 23 Prozent, an der generell schlechten Wurfausbeute, an zu wenig gegriffenen Rebounds, an 15 Turnovers und an der nicht sehr überzeugenden Leistung der neuen Bayern-Aufbauspieler Bolmaro, Carsen Edwards und Sylvain Francisco. Oldenburg bestach hingegen mit seiner harten Defense, die es der eher feingliedrigen Aufstellung der Münchner extrem schwer machte. Auch das Spiel von Devin Booker, dem Robustesten der Bayern-Akteure, kam durch die energische Abwehrarbeit Oldenburgs kaum zur Entfaltung. Das Duell der Point Guards ging außerdem klar an Oldenburg, Charles Manning Jr. war mit 20 Punkten Topscorer des Spiels, sechs Rebounds und drei Assists komplettierten seine feine Leistung. Das Bild der Oldenburger Überlegenheit vervollständigte DeWayne Russell mit 16 Punkten, fünf Rebounds und sieben Vorlagen.

Der Unterschied zu den Bayern? "Unsere Körperlichkeit, unsere Einstellung, dass wir als Team agiert haben."

Russell und Manning Jr. hatten laut Oldenburgs Trainer Pedro Calles bislang wegen Verletzungen nur drei Tage gemeinsam trainiert, umso erstaunlicher war nun ihr reifes Zusammenspiel gegen die Bayern. "Unsere Körperlichkeit, unsere Einstellung, dass wir als Team agiert haben", dies sei der Unterschied zu den Bayern gewesen, sagte Manning Jr. später beim Streaming-Dienst Dyn, der das Spiel übertragen hatte. Bayern-Trainer Pablo Laso griff dieselbe Thematik auf: "Wir haben viele Fehler gemacht, sie haben viel Energie gezeigt, und wir waren nicht in der Lage zurückzukommen", befand der Spanier, der neben Freddie Gillespie auch seinen neuen Star aus der NBA, Serge Ibaka, noch geschont hatte; Niels Giffey und Kapitän Vladimir Lucic fehlten weiterhin erkrankt beziehungsweise verletzt.

Die Bayern sinnen nun ihrerseits auf Revanche, am 15. Oktober treffen sie im Pokal-Achtelfinale erneut auf Oldenburg - und könnten den Niedersachsen dort die nächste empfindliche Niederlage in einem K.-o.-Spiel zufügen. Der Makel der ersten Ligapleite schmerzt dennoch, auch weil die Münchner den deutschen Meistertitel als klares Ziel Nummer eins ausgerufen haben. Ihnen ist andererseits bewusst, dass Laso und seine neue Mannschaft weiterhin Zeit benötigen, um sich einzuspielen. An diesem Donnerstag (20.30 Uhr, BMW Park) wartet auf sie allerdings ein noch schwierigerer Gegner - und das auf internationalem Parkett. Bayern München trifft dann in der Euroleague auf Alba Berlin.

Es ist die Saisonpremiere für beide Rivalen im höchsten europäischen Klubwettbewerb, und ohnehin immer ein Prestigeduell. Für die Bayern, die in der Euroleague möglichst ins Viertelfinale einziehen wollen, geht es nun nicht mehr nur um Punkte, sondern auch um eine Trotzreaktion - und darum, spätestens in diesem Spiel in ihrer Saison anzukommen. Wie sagte ihr Point Guard Nelson Weidemann nach der Pleite in Oldenburg noch: "Für uns war es ein Reality Check." Bayern Münchens Realität sieht ziemlich arbeitsreich aus in den nächsten Wochen.

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