Dortmunds 2:1 gegen Union:Weg mit der finsteren Miene

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Dortmunds Youssoufa Moukoko war die entscheidende Figur, er erzielte das 2:1 der Borussia gegen Union. (Foto: Bernd Thissen/dpa)

Nach einer Woche mit Pleiten in München und Leipzig gewinnt der BVB das wichtige Spiel gegen Union auch wegen des Torriechers von Youssoufa Moukoko - und ist der letzte verbliebene Kandidat auf die Meisterschaft neben dem FC Bayern.

Von Felix Haselsteiner

Im Gegensatz zu einem anderen, südlicheren Bundesligastandort sind die Interna der Kabine von Borussia Dortmund nicht alltäglicher Bestandteil deutscher Fußballdebatten. Weder Maulwürfe sind dort zuletzt gesehen worden, noch sind existenziell bedrohliche Fragen darüber gestellt worden, ob Trainer Edin Terzic die Kabine verloren oder gewonnen hat - was unter anderem daran liegen könnte, dass man beim BVB eine vergleichsweise offene Kommunikation gewisser Stimmungsinterna pflegt.

Terzic etwa verkündete nach dem 2:1-Sieg im Heimspiel gegen Union Berlin, dass Youssoufa Moukoko in der Umkleide noch eine "finstere Miene" aufgesetzt hatte, nachdem er erfahren hatte, dass er im Spiel gegen den Tabellendritten nicht in der Startelf stehen würde. Er habe ihn daraufhin zur Seite genommen, sagte Dortmunds Trainer und ihm gesagt, "dass das so nicht funktionieren würde, mit dieser Miene". Moukoko müsse mit einem Lächeln spielen, um erfolgreich zu sein, so Terzic, weshalb er ihm mitteilte, dass er "ein gutes Gefühl" habe, dass Moukoko im Verlauf des Samstagnachmittags noch eine wichtige Rolle spielen könnte. Er solle sich also positiv vorbereiten auf seinen großen Auftritt, der tatsächlich folgte.

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Terzic konnte diese Geschichte des ambitionierten, aber bisweilen etwas arg selbstbewussten 18-Jährigen auch deshalb im Plauderton erzählen, weil ein paar Stunden später feststand: Der Trainer und sein Gefühl hatten sowohl Recht damit, Moukoko erst einmal draußen zu lassen - als auch damit, ihn später doch einzuwechseln, weil es letztendlich die Geschwindigkeit des jungen Stürmers war, die die Jägerposition des BVB in der Bundesliga absicherte.

"Ich habe es gerochen und dann war ich einfach da", so beschrieb Moukoko die Szene in der 79. Minute, in der er in Erwartung eines Zuspiels von Marco Reus in den Strafraum der Berliner hineinlief. Reus verlor den Ball zwar, aber der aus dem Mittelfeld zur Hilfe kommende Unioner Paul Seguin spielte einen eher unfreiwilligen Pass in den eigenen Strafraum, der sich als perfekte Vorlage für Moukoko entpuppte: Eine Kurve um Torwart Frederik Rönnow später stand es 2:1 für Dortmund, was zu diesem Zeitpunkt ein fast schon schmeichelhaftes Ergebnis war.

Dortmunds Formstärke in der Rückrunde ist innerhalb der vergangenen sieben Tage nicht verloren gegangen

45 Minuten lang hatte der BVB das Spiel dominiert, war durch Donyell Malen in der 28. Minute in Führung gegangen und hätte durch Sebastien Haller kurz darauf eigentlich das 2:0 erzielen müssen. Gerade offensiv wirkten die Dortmunder variabel und spielfreudig, Haller funktionierte in seiner Rolle als Anspielstation genauso gut wie Karim Adeyemi und Julian Brandt um ihn herum. Dann jedoch folgte ein beeindruckendes Aufbäumen der Unioner, die sich mit teils grenzwertig hart geführten Zweikämpfen zurück ins Spiel arbeiteten. Es sei "immer eng, immer schwer" gegen die Berliner, sagte Terzic - insbesondere, wenn das Zweikampfverhalten der eigenen Mannschaft nicht stimmt. Niklas Süle verteidigte in der 61. Minute gegen Kevin Behrens zu passiv, der deshalb nach einem Doppelpass mit Sheraldo Becker den Ausgleich erzielen konnte.

Der 1. FC Union allerdings machte wenig später in einem "guten Auswärtsspiel" den "einen Fehler zu viel", wie Mittelfeldspieler Rani Khedira die entscheidende Szene mit Seguin und Moukoko analysierte. Aus Dortmunder Sicht hingegen konnte man fast davon sprechen, dass es die Bestätigung des Status als Bundesliga-Nummer-Zwei war: Nach den Niederlagen in München und Leipzig war dem BVB kurzzeitig die Qualität abgesprochen worden, gegen die Besten in der Liga bestehen zu können - doch der Auftritt gegen Union bewies, dass die Formstärke in der Rückrunde innerhalb der vergangenen sieben Tage nicht verloren gegangen ist. Vor allem aber schien es, als sei Terzics Forderung, wieder mehr "als Einheit" aufzutreten, erfüllt worden.

Moukoko jedenfalls beendete seinen Jubel in den Armen des Trainers und der Mitarbeiter, die ihn nach seiner Verletzung Anfang des Jahres unterstützt hatten - auch wenn er derzeit weiterhin von der Bank kommen muss, weil Haller im Zentrum gesetzt zu sein scheint. "Ich will unbedingt spielen, doch ich war lange verletzt und muss langsam rankommen", sagte Moukoko überaus selbstreflektiert: "Das macht das Trainerteam sehr gut mit mir, dass sie mich langsam aufbauen."

Die vielen Freiheiten, die Jude Bellingham genießt, will sich Terzic nicht als Schwäche anrechnen lassen

Terzic nutzte die Gelegenheit des Sieges auch gleich, um die kurzzeitig aufkeimende Unruhe rund um die Mannschaft umgehend zu beenden. Die vielen Freiheiten, die Jude Bellingham in Terzics System genießt, wollte der Trainer sich nicht als Schwäche anrechnen lassen, nur weil sie zweimal nicht funktioniert hätten. Bellingham habe "einzigartige Qualität (...) und natürlich wollen wir das für uns nutzen und auch wenn der Gegner besondere Räume besetzt, dass wir alle anderen dann wissen müssen, welche Räume wir für ihn schließen."

Diese mannschaftliche Geschlossenheit hatte den BVB bislang in der Rückrunde ausgezeichnet, sie ist offensichtlich weiterhin vorhanden - und taugt in Kombination mit Moukokos Torriecher von der Bank auch dazu, um die Dortmunder nach dem 27. Spieltag weiterhin als sehr ernsthaften Kandidaten für die Meisterschaft anzusehen. Angesichts des Abstands von fünf Punkten zu Union auf Platz drei vermutlich sogar als den letzten verbliebenen.

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