Nach dem Scheitern eines Investoren-Einstiegs bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) sind die Reaktionen auf den geplatzten Milliarden-Deal erwartungsgemäß uneinheitlich ausgefallen. Die Kritiker des Plans, die sich am Mittwoch bei der Abstimmung durchgesetzt hatten, rechtfertigten erneut ihre Ablehnung, während die Befürworter nun um den Zusammenhalt der ersten und zweiten Liga fürchten - oder diesen gleich selbst infrage stellen.
Ziel des Projekts sei es gewesen, "die Bundesliga und die zweite Bundesliga zu stärken", sagte etwa Bayern Münchens CEO Oliver Kahn, "bei diesem Modell hätten die größeren Vereine viel Solidarität mit den Kleineren gezeigt. Nun besteht die Gefahr, dass der Abstand zu England und Spanien weiter wächst. Und das wäre dann ein Schaden für alle Vereine."
Auch Stephan Schippers, der Geschäftsführer von Borussia Mönchengladbach, befürchtet ein Auseinanderdriften im deutschen Profifußball. "Eine positive Entscheidung gestern wäre für die nächsten 20 Jahre ein Bekenntnis zur Zentralvermarktung gewesen, ein Bekenntnis zu 50+1, ein Bekenntnis zum Solidarmodell zwischen erster und zweiter Bundesliga." Dies hätten einige Vereine "leider übersehen", sagte er: "Es muss nun nach anderen Wegen gesucht werden, die Bundesliga gemeinsam weiterzuentwickeln. Es sollte nicht so kommen, dass sich die Klubs ihre Zukunftsmodelle selber bauen." Zuletzt hatten die Topklubs bereits eine Drohkulisse aufgebaut und die Debatte über eine Abspaltung der Bundesliga vom Rest und dem damit einhergehenden Ende der "Subventionen" für die kleineren Vereine begonnen.
Für den Plan, einen Investor zu beteiligen, sprechen sich 20 Klubs aus, 24 Ja-Stimmen wären nötig gewesen
Der Plan, eine internationale Kapitalgesellschaft mit 12,5 Prozent der Anteile an einer DFL-Tochtergesellschaft zu beteiligen, in welche dann die kompletten Medienrechte ausgelagert worden wären, und dafür sofort einen Erlös von zwei Milliarden Euro zu erzielen, war am Mittwoch bei einer Abstimmung der 36 Erst- und Zweitligisten durchgefallen. Nur 20 statt der nötigen 24 Ja-Stimmen hatte es bei der geheimen Abstimmung gegeben, elf Klubs waren dagegen, fünf enthielten sich. Ein Teil der Milliardensumme sollte als Anschubfinanzierung für eine weltweite Digitaloffensive der Liga dienen - woher dafür nun das nötige Geld kommen soll, ist völlig offen.
Für den früheren DFL-Chef Christian Seifert war das Votum gegen einen Investor keine Überraschung - allerdings werde sie weitreichende Folgen haben, prophezeite er. In der Bundesliga hätten nur "ungefähr zehn Klubs internationale Ambitionen", erklärte Seifert, man benötige aber "für jede Entscheidung eine Zweidrittel-Mehrheit". Seiner Auffassung nach gehe im Umkehrschluss "die Denkweise, investieren zu müssen, um international mitzuhalten", an vielen Klubs weitgehend vorbei. Der langjährige Boss regte an, die Struktur der DFL zu hinterfragen.
Der FC Schalke 04 gehörte am Mittwoch zum Kreis der Klubs, die dem Antrag zum Einstieg eines Investors nicht zugestimmt haben. Nach Einschätzung der Vereinsführung gibt es "zum jetzigen Zeitpunkt zu viele offene Fragen - unter anderem zu Business Plan, Neubesetzung der Geschäftsführung und dem Verteilungsmechanismus." Der vom Abstieg bedrohte Bundesligist forderte aber vor allem bei der Aufteilung der Gelder, die direkt an die Klubs hätten fließen sollen, eine andere Sicht der Dinge. "Gerade die fanstarken Klubs, die über den sportlichen Erfolg hinaus zur Attraktivität beitragen, sollten bei der Verteilung stärker berücksichtigt werden. Eine Verteilung, die sich zu stark am sportlichen Erfolg orientiert, führt nicht zu einer Maximierung der Attraktivität der Bundesliga. Darum konnten wir dem Antrag heute nicht zustimmen", wurde der Vorsitzende Bernd Schröder am Mittwochabend in einer Mitteilung zitiert.
Fanvertreter von der Bewegung "Finanzwende" haben den gescheiterten Investoren-Einstieg ausdrücklich begrüßt. Die DFL-Mitglieder hätten sich am Mittwoch "für die Interessen der Fans" entschieden, sagte Jorim Gerrard, Finanzmarktexperte der Gruppierung: "Die Kommerzialisierung des Fußballs wird damit zwar nicht zurückgedreht, aber eine neue Dimension der Profitorientierung ist damit erfolgreich verhindert." Generell sei dies eine "sehr gute Nachricht". Das Fanbündnis "Unsere Kurve" machte ausdrücklich die Verantwortlichen der Topklubs Bayern München und Borussia Dortmund für die Uneinigkeit im Profifußball verantwortlich. "Die Liga ist längst gespalten, insbesondere Bayern und Dortmund agieren seit Jahren höchst unsolidarisch", sagte Sprecher Thomas Kessen. "Die internationale Wettbewerbsfähigkeit ist ein gerne hergenommenes Argument, das sich aber faktisch nicht bewahrheitet." Zugleich nahm Kessing die treibenden Kräfte aus der DFL-Spitze ins Visier: "Es gab insgesamt zu viele Fragezeichen. Da wurde von einigen offenbar bewusst mit Informationen gehaushaltet, um die eigene Politik durchzubringen. Unter dem Wort Solidarität findet man im Duden sicherlich nicht den aktuellen TV-Verteilungsschlüssel."