DFB-Pokal:Frankfurt spielt gnadenlos effizient

Lesezeit: 3 min

Wieder im Pokal-Finale: Kevin Trapp (links) und Mario Götze (frisch mit Endspiel-T-Shirt ausstaffiert) treffen nun mit Eintracht Frankfurt auf RB Leipzig. (Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters)

Der VfB Stuttgart ringt bis zur letzten Aktion und in Unterzahl um das Ticket nach Berlin. Doch nach einem schlechten Start dreht die Eintracht auf und gewinnt das hitzige Halbfinale 3:2.

Von Felix Haselsteiner, Stuttgart

Im Ampelsystem, das der Deutsche Fußball-Bund, die Polizei und die Vereine für die Einschätzung von Gefahr im Rahmen eines Fußballspiels benutzt, ist der Begriff "Hochrisikospiel" gar nicht erst definiert. Das hinderte die Stuttgarter Polizei allerdings nicht daran, ihn zu verwenden. Hoch wurde das Risiko bei dieser Partie zwischen dem VfB und Eintracht Frankfurt bewertet, die sich am Mittwochabend einen Quadratkilometer Cannstatt mit einem Helene-Fischer-Konzert, einem Handballspiel und dem örtlichen Frühlingsfest teilten. Eine Einladung zur Begegnungstherapie für Bevölkerungsgruppen mit dem Potential zu Ekstase und zur Frustration war das - und dabei hatte die schwäbische Polizei das Geschehen auf dem Platz noch gar nicht mit einberechnet.

Keine zehn Minuten dauerte es, bis Schiedsrichter Daniel Schlager zwei Frankfurtern und einem Stuttgarter im stimmungsentsprechenden Nebel der Pyrotechnik gelbe Karten gezeigt hatte. Acht davon hielt er insgesamt an diesem Abend in die Höhe, noch dazu gab es einen gelb-roten Platzverweis. Dieses Spiel zeichnete sich nicht immer durch fußballerische Brillanz aus, konnte aber gut mit dem Prädikat "Hochspannungsspiel" bezeichnet werden. Bis zur letzten Aktion rang der VfB mit der Eintracht um das Ticket nach Berlin - die Frankfurter sicherten es sich am Ende mit einem 3:2 (0:1)-Sieg. "Ich muss den Jungs ein Riesenkompliment aussprechen", sagte Trainer Oliver Glasner. "Was sie leisten, ist außergewöhnlich. Ich bin wahnsinnig stolz, dass sie hier auswärts das Spiel gedreht haben." Im Endspiel am 3. Juni geht es gegen Titelverteidiger RB Leipzig.

DFB-Pokal
:Freiburg sieht seine eigenen Grenzen

Beim 1:5 im Pokal-Halbfinale muss der Sportclub einsehen, dass Spitzenteams an guten Tagen immer noch eine Nummer zu groß sind. Leipzig kann sich dagegen so langsam fragen, was in dieser Saison ohne diverse Verletzungen möglich gewesen wäre.

Von Sebastian Leisgang

Dass der Gefährdungsbereich Strafraum eine besondere Rolle spielen würde, hatte sich schon durch zwei Nachrichten vor dem Anpfiff ergeben: Sowohl Frankfurt als auch Stuttgart konnten im Sturmzentrum auf ihr Wunschpersonal zurückgreifen. Der zuletzt angeschlagene Randal Kolo Muani rückte bei der Eintracht wieder in die Startelf, auf der anderen Seite hatte Serhou Guirassy seine Kopfverletzung vom Spiel gegen Gladbach am Wochenende schnell genug auskuriert, um auch im Pokal anzutreten. Ein Einzug ins Finale von Berlin bot in gewisser Weise für beide Vereine die Chance, eine verlorene Saison zu retten: Dem VfB droht in der Bundesliga der Abstieg, der Eintracht eine enttäuschende Platzierung. Für die Mannschaft von Glasner war der Halbfinalsieg erst der zweite in den vergangenen zwölf Pflichtspielen.

Dementsprechend hitzig gestaltete sich die Partie von Anfang an. Die überwiegende Mehrheit der 22 Spieler auf dem Platz bekam früher oder später Gelegenheit zu einer Unterhaltung mit Schiedsrichter Schlager, wenig Fokus lag vorerst auf Torchancen: 19 Minuten dauerte es, bis Josha Vagnoman auf der rechten Seite Frankfurts Außenverteidiger Christopher Lenz entwischte und mit seinem Querpass in der Mitte Tiago Tomas fand.

Die große Chance zum Sieg: Tiago Tomas hatte sogar schon Kevin Trapp umkurvt - doch dabei hatte er seine Beine verknotet, und deshalb vergab er die beste Stuttgarter Chance zum 2:0. (Foto: Tom Weller/dpa)

Der Portugiese traf über den Umweg Innenpfosten zur Stuttgarter Führung, was den Spielanteilen ungefähr entsprach. Der VfB wirkte torgefährlicher, Silas, Vagnoman und noch einmal Tomas hätten noch vor der Pause erhöhen können. Tomas hatte sogar schon Kevin Trapp umkurvt - doch dabei hatte er seine Beine verknotet, und deshalb vergab er die beste Stuttgarter Chance.

So kam wieder die Frankfurter Unsicherheit hoch. Aber es hat einen Grund, warum die Eintracht in den vergangenen Jahren Erfolge in Pokalwettbewerben vorweisen konnte. Während die Stuttgarter wie schon zuletzt in der Bundesliga schläfrig aus der Kabine kamen, zeigten sich die Frankfurter gnadenlos effizient. In der 51. Minute legte Kolo Muani im Strafraum eine Flanke auf den einlaufenden Evan N'dicka ab, der wuchtig zum Ausgleich traf. Vier Minuten später war es Daichi Kamada, der von Stuttgarts Defensive vor dem Strafraum ausreichend Platz gewährt bekam, um in Ruhe zum Abschluss zu kommen. Torhüter Fabian Bredlow konnte den Ball nur noch ins eigene Tor abfälschen.

Das 2:1 verändert die Statik des Spiels augenblicklich

Das Frankfurter 3:1 veränderte die Statik des Spiels augenblicklich, der VfB fand sich nun in der gewohnten Rolle des Jägers wieder, die den Schwaben gemäß ihrem Hang zur Dramatik im Kampf gegen den Abstieg normalerweise gut liegt. Diesmal brauchten sie sogar einen schier aussichtslosen 1:3-Rückstand, um aufzuwachen: Ein Distanzschuss des eingewechselten Tanguy Coulibaly in der 75. Minute wurde direkt in den Konter geblockt, Daichi Kamada legte nach einem Sprint quer auf Kolo Muani, den Bredlow nur noch mit einer Notbremse stoppen konnte. Den Elfmeter verwandelte der Franzose kurz darauf selber, was hohes Risiko und hohe Dramatik aus dem Spiel zu nehmen schien - aber wie bei Helene Fischer gilt auch beim VfB Stuttgart: Es geht atemlos durch die Nacht.

Den Auftakt zu den Schlussakkorden lieferte in der Mercedes-Benz-Arena der eingewechselte Enzo Millot mit einem abgefälschten Distanzschuss (83. Minute), der die Hektik der Anfangsviertelstunde zurückbrachte. Borna Sosa bekam in der 86. Minute eine verdiente Gelb-Rote Karte, was aber dem Dauerangriff des VfB inmitten einer prächtigen Pokalkulisse keinen Abbruch tat. Allein: Die Zugabe blieb aus, das Hochrisikospiel endete stattdessen mit einer VAR-Entscheidung. Einen möglichen Handelfmeter verwehrte Schiedsrichter Schlager dem VfB in der Nachspielzeit.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusFußball
:Paris weist Messi die Tür

Wegen einer PR-Tour nach Riad suspendiert der Klub Lionel Messi. Ein geplanter Eklat? Der Abschied des Weltmeisters aus Frankreich gilt als besiegelt - und seine berufliche Zukunft ist offener denn je.

Von Javier Cáceres

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: