DFB-Pokal: FC Bayern:"Schwer zu retten"

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Einfallslos, ohne Lösungen und unaufmerksam: Für den FC Bayern und seinen Trainer Louis van Gaal wird es nach den Niederlagen gegen Dortmund und Schalke schwer, diese Saison noch erfolgreich zu gestalten.

Jürgen Schmieder

Es könnte durchaus sein, dass der FC Bayern einen Vorschlag beim Deutschen Fußball-Bund einreicht zur Änderung der Regeln. Das derzeit gültige Regelwerk kommt den Münchnern wahrlich nicht entgegen, es quält sie vielmehr und sorgt für Kummer. Es besagt nämlich, dass es bei einem Fußballspiel beiden Mannschaften erlaubt ist, den ersten Treffer zu erzielen.

Ratlos, Teil eins: Franck Ribéry beim Spiel gegen Schalke 04. (Foto: AFP)

Für die Münchner hat diese Regel freilich fatale Folgen: Geht die Mannschaft in Führung, dann gelten 200 Querpässe hintereinander als beeindruckende Dominanz, weil es so aussieht, als würde das Herrchen mit seinem kleinen Hund das Apportieren üben, wenn die gegnerischen Spieler hilflos den endlosen Ballstaffetten hinterherhecheln. Liegt der FC Bayern jedoch zurück, dann sind 200 Querpässe einfach nur langweilig und einfallslos.

Nun lag der FC Bayern innerhalb weniger Tage zwei Mal zurück, genauer gesagt waren es 154 von 180 Minuten - und was die Münchner in dieser Zeit fabrizierten, war meist langweilig und einfallslos. Die Partien gegen Borussia Dortmund und Schalke 04 gingen verloren, was Kapitän Philipp Lahm zu einer deutlichen Aussage inspirierte: "Wenn der FC Bayern weder Deutscher Meister noch Pokalsieger wird, dann ist diese Saison schwer zu retten."

Das Beeindruckende an diesen beiden Niederlagen des FC Bayern ist, dass Dortmund und Schalke zwei höchst unterschiedliche Varianten aufgezeigt haben, die Münchner zu besiegen: Die Dortmunder haben die Probleme der Münchner in der Defensive zur Schau gestellt, die Schalker haben eine Möglichkeit angeboten, die hochgelobte Offensive wirkungslos werden zu lassen.

Beeindruckend war auch, dass die Einfallslosigkeit der Münchner in beiden Partien eine frappierende Ähnlichkeit aufwies. "Wir haben keine Lösung gefunden", hatte Philipp Lahm nach dem Spiel gegen Dortmund gesagt, nach der Partie gegen Schalke sagte er: "Wir haben keine Lösung gefunden."

Während die Dortmunder den FC Bayern zur Verzweiflung trieben mit choreographiertem Verschieben, das sonst nur auf Opernbühnen zu beobachten ist, probierte es Schalke mit einer taktischen Variante, die auch in den Fußball-Lehrbüchern des vergangenen Jahrtausends zu finden ist: die prägenden Spieler des Gegners durch Doppelbewachung aus dem Spiel nehmen und bei Standardsituationen auf die Unachtsamkeit der gegnerischen Defensivspieler hoffen.

In beiden Fällen funktionierte es. Der Erfolg der Dortmunder kam zwar ein wenig eleganter, beschwingter und leichter daher, weil die Dortmunder derzeit einfach ein wenig eleganter, beschwingter und leichter daherkommen als alle anderen. Die Schalker agierten statisch und staksig, aber nicht weniger erfolgreich. Am Ende genügte ein Eckball, eine Kopfballverlängerung und Raúl - der nicht dorthin lief, wo der Ball schon war, sondern dorthin, wo er hinkommen würde.

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:Verzweifelt, genervt, unsichtbar

Mario Gomez bringt die Ehrengäste zur Verzweiflung, Franck Ribéry steht kurz vor einer Tätlichkeit und Thomas Müller ist kaum zu entdecken. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Jürgen Schmieder, Fröttmaning

"Wir haben eben keine große Mannschaft", versuchte Trainer Louis van Gaal, das Gegentor zu begründen. Nun ist Benedikt Höwedes, der Kopfballverlängerer, gerade einmal fünf Zentimeter größer als Gegenspieler Schweinsteiger - überragte ihn jedoch beim Kopfstoß um zweifache Gesichtslänge. Torschütze Raúl ist genauso groß wie sein Bewacher Anatolij Timoschtschuk, hatte jedoch schlicht und ergreifend zwei Meter Vorsprung.

Ratlos, Teil zwei: Louis van Gaal und Arjen Robben. (Foto: dapd)

"Er läuft sich nicht erst frei, wenn der Ball zu ihm kommen könnte - sondern schon, bevor Höwedes köpft", sagte Felix Magath begeistert über Raúl. Die Schalker waren also nicht unbedingt größer - in diesem Moment sprangen sie ein bisschen höher und waren gedanklich ein wenig fixer.

Danach folgten die ungefähr 200 Querpässe des FC Bayern. Auf eine kreative Aktion warteten nicht nur die Zuschauer, sondern wohl auch die Schalker, die sich am Ende gar wunderten, dass es gar so einfach war, dieses Spiel zu gewinnen. "Wir sind gut gestanden und haben wenige Chancen zugelassen", sagte Manuel Neuer hinterher mit unschuldigem Blick. Er hätte auch sagen können: Die Bayern haben sich keine einzige Chance erspielt, wir mussten gar nicht so viel tun.

Robben und Ribéry waren durch die intensive Bewachung trotz redlichem Abmühen weitgehend ineffektiv, die anderen Offensivkräfte Mario Gomez und Thomas Müller hatten ihre prägendsten Szenen im eigenen Strafraum, als sie jeweils auf der Linie klären mussten. "Wir haben keine Lösung gefunden", sagte Lahm immer wieder.

Ein wenig erinnert die Spielweise des FC Bayern derzeit an den Herbst 2009, als sich die Akteure 200 Mal den Ball zuschoben, keine Lösung für die taktischen Kniffe des Gegners hatten und beim Gang in die Kabine regelmäßig ausgepfiffen wurden. Intern diskutierten die Verantwortlichen damals über eine Ablösung des Übungsleiters. Und diesmal? "Wir gehen mit den Diskussionen um den Trainer dahingehend um, indem wir uns nicht an ihnen beteiligen", sagte Rummenigge nach dem Spiel.

Der FC Bayern muss nun ein Endspiel absolvieren, um diese Saison doch noch zu retten. Es findet nicht im Berliner Olympiastdion statt und auch nicht im Londoner Wembley-Stadion. Gegner ist nicht der FC Barcelona oder Manchester United, sondern Hannover 96. "Um Platz zwei zu sichern, müssen wir in Hannover gewinnen", sagte Rummenigge.

Da ein Eilantrag zur Regeländerung bis zum Samstag wohl kaum Erfolg hat, wird es Hannover 96 gestattet sein, den ersten Treffer zu erzielen. Dann könnte es wieder schwer werden für den FC Bayern.

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