Einzug ins DFB-Pokalfinale:Bayern braucht einen wütenden Angriff

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Am Ende doch zur Stelle: Bayerns Robert Lewandowski (rechts). (Foto: Kai Pfaffenbach/Pool via Getty I)

Die Münchner ziehen ins DFB-Pokalfinale ein, leisten sich beim 2:1 gegen Eintracht Frankfurt aber eine zeitweise "pomadige" Leistung, wie Thomas Müller kritisiert. Am Ende greift die Videoschiedsrichterin ein.

Aus dem Stadion von Sebastian Fischer

Dass Mijat Gacinovic zu einem Sprint ansetzt, das war mal eine ausgesprochen schlechte Nachricht für den FC Bayern. Rund zwei Jahre ist es her, da lief der Frankfurter in Berlin auf das Tor des deutschen Rekordmeisters zu, es war leer. Er lief also in freudiger Erwartung und angefeuert von allen Frankfurtern im Berliner Olympiastadion, niemand konnte ihn aufhalten. Er traf zum 3:1 für die Eintracht und sorgte damit für eine der größten Überraschungen der jüngeren Vergangenheit im DFB-Pokal, den Finalsieg gegen den FC Bayern im Jahr 2018.

Am Mittwochabend setzte Mijat Gacinovic wieder zu einem Sprint an, kurz vor der Halbzeitpause des DFB-Pokal-Halbfinals in der weitestgehend leeren Arena in München, aber er kam nicht weit, nicht über die Mittellinie hinaus. Da hatten ihm die Profis des FC Bayern den Ball schon wieder abgenommen. Und man hörte die Stimme von Gacinovic, der sich mit einer beinahe verzweifelten Geste an seinen Trainer Adi Hütter wandte und rief: "Was soll ich machen?"

DFB-Pokalspiele verlieren etwas von ihrem Charakter, der Außenseitern eine einmalige Chance verschafft, wenn laute Zuschauer fehlen. Das zeigte das 3:0 von Bayer Leverkusen am Dienstag gegen den Viertligisten 1. FC Saarbrücken. Und das zeigte auch die erste Halbzeit zwischen dem FC Bayern und Eintracht Frankfurt. Doch die zweite Halbzeit beim knappen 2:1 (1:0)-Sieg des Favoriten zeigte, dass ein Pokalkampf auch ohne Zuschauer möglich sein kann.

In der Halbzeit findet Frankfurts Trainer Hütter ein paar Antworten

Es gab in der ersten Halbzeit ein paar symbolhafte Szenen für die Kräfteverhältnisse: Wie etwa nach fünf Minuten Münchens Linksverteidiger Alphonso Davies den Frankfurter Dominik Kohr nicht nahe, sondern auf der Seitenlinie ausdribbelte. Kohr hat sich durch seine intensive und nicht gerade zimperliche Spielweise den Spitznamen "Hard-Kohr" erworben, er ist einer dieser Spieler, die in einer hitzigen Atmosphäre schon mal scheinbar zehn Zentimeter größer und zehn Zentimeter breiter werden können. Ohne hitzige Atmosphäre war es aber zunächst ein ähnliches Spiel wie die meisten der Münchner in der Bundesliga, wo sie demnächst ihren achten Meistertitel in Serie gewinnen werden; ein Spiel eines überlegenen Favoriten gegen einen chancenarmen Außenseiter also.

Die nächsten symptomatischen Szenen waren zahlreiche vergebene Chancen: Kohr rettete nach einem Kopfball von Thomas Müller auf der Linie, Robert Lewandowski rutschte der Ball nach einem Müller-Querpass nahezu auf der Torlinie durch die Beine, Kingsley Coman schoss den Ball im Fünfmeterraum am leeren Tor vorbei. Zwischendurch trafen die Bayern auch: Ivan Perisic, der anstelle des wegen einer Rückenprellung pausierenden Nationalspielers Serge Gnabry von Beginn an spielte, erzielte nach einem für Frankfurt zu schnellen Spielzug und einer Müller-Vorlage im Strafraum freistehend per Flugkopfball das 1:0 (14.).

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In der Halbzeit fand Frankfurts Trainer Adi Hütter auf Gacinovics Frage, was gegen die Münchner zu tun sei, dann aber offensichtlich ein paar richtige Antworten. Die Gäste waren unangenehmer, verschoben ihren Schwerpunkt weiter nach vorne. Hütter hatte vor dem Spiel berichtet, sich eine Wiederholung des Finals von 2018 angesehen zu haben. Und es wurde nun auf jeden Fall ein umkämpftes Spiel, was sich auch dadurch äußerte, dass erwähnter Frankfurter namens "Hard-Kohr" Joshua Kimmich mit den Stollen am Hals traf. Kimmich war gegrätscht, Kohr auf ihm gelandet. Die Wunde des Münchners wurde am Seitenrand zugetackert.

Im Finale diesmal gegen Bayer Leverkusen

Die Münchner wurden schwächer, für Müller war es gar "eines der pomadigsten Halbfinals, die ich so in Erinnerung habe". Auch Trainer Hansi Flick bestätigte: "Wir haben uns nicht so geschickt angestellt." Die Frankfurter dagegen wurden mutiger und aggressiver. Sie trafen in der 69. Minute mit der ersten richtigen Chance durch den eingewechselten Danny Da Costa zum Ausgleich, der ebenfalls eingewechselte Lucas Hernandez hatte ihn aus den Augen verloren. Die Bayern brauchten einen wütenden Angriff zur erneuten Führung: Nach einer Kombination über Goretzka, Davies und Kimmich grätschte Lewandowski den Ball ins Tor, das Tor zählte erst nach Überprüfung der Video-Assistentin Bibiana Steinhaus.

Doch die Überlegenheit der ersten Halbzeit war kaum noch zu sehen, es wurde nun gefoult und geschrien und am Ende sogar geschubst. Bayerns Abwehrchef David Alaba musste seine Kollegen anbrüllen, "positiver" zueinander zu sein, es war Unruhe beim Favoriten zu spüren. Nur das Ergebnis blieb ein Sieg für den FC Bayern, der nun in allen Pflichtspielen 129 Saisontore geschossen hat, so viele wie noch nie in seiner Geschichte.

Die Münchner spielen im Finale am 4. Juli gegen Leverkusen. Rudi Völler, Geschäftsführer von Bayer 04, hat sich schon gewünscht, dass dann vielleicht ein paar Zuschauer dabei sein können. Es wird natürlich keine Pokal-Atmosphäre in Berlin herrschen. Aber vielleicht wird es ja trotzdem noch mal so etwas ähnliches wie ein Pokalspiel.

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