DFB:Das System Koch muss weg

Lesezeit: 2 min

Rainer Koch, seit Jahren in verschiedenen Ämtern beim DFB. (Foto: Martin Hoffmann/imago)

Die Staatsanwaltschaft besucht den Deutschen Fußball-Bund - schon wieder. Den Teilnehmern am kommenden Bundestag muss spätestens jetzt klar sein: Ein Neuanfang beim DFB kann nur ohne das alte Netzwerk der Macht gelingen.

Kommentar von Thomas Kistner

Die Staatsanwaltschaft sollte überlegen, ob sie ein Außenbüro beim Deutschen Fußball-Bund einrichtet. Am Donnerstag war sie dort erneut zu Gast - und weihte die Tage zuvor frisch bezogene Zentrale im neuen DFB-Campus mit einer Durchsuchung ein. Standesgemäß, man kann sich mittlerweile ja verheddern im Verfahrensgestrüpp rund um diesen Kameradschaftsbund, der offenbar aber mit jedem Skandal enger zusammenrückt. Auch als die Ermittler am Donnerstag Kartons stapelten, lauschte das geneigte Präsidium der alten Opfer-Rhetorik von Rainer Koch und Co.

Dabei bleibt - auch angesichts unterirdischer Imagewerte des Skandalverbands, die in einem WM-Jahr vielleicht auch mal die Sponsoren aufschrecken könnten - nur noch ein angemessener, anständiger Schluss: Das System Koch, ein über viele Jahre gewachsenes Netzwerk der Macht um den ewigen Vizepräsidenten, muss weg. Falls das nicht spätestens beim DFB-Bundestag am nächsten Freitag geschieht, sollten es die Verbandsoberen gar nicht erst wagen, den Begriff "Neuanfang" in den Mund zu nehmen.

SZ PlusDFB
:Razzia wegen eines Vertrages

Der DFB kommt nicht zur Ruhe: Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Untreue. Anlass ist eine 360 000 Euro teure Vereinbarung mit dem Berater Kurt Diekmann. Die Vermutung der Behörde: ein Scheinvertrag.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner

Dass Koch das anders sieht, der Mann, der omnipräsent und spurlos zugleich ist, ist klar. Er wird seine Opfer-Mär bis zum Ende weiterstricken. Die Frage ist, wann seine Kollegen aufwachen. Wann also Leute, die teils monatlich Tausende Euro kassieren und für Zehntausende Ehrenamtliche an der Fußballbasis zu sprechen vorgeben, endlich zur Kenntnis nehmen, dass ihr langjähriger Amateur-Chef auch in dieser neuen Justizaffäre eine zentrale Rolle spielt. Er hat den anrüchigen Vertrag mit dem Berater Kurt Diekmann gemeinsam mit seinen DFB-internen Kombattanten auf den Weg gebracht, er hat dieser Kooperation sogar einen spektakulären, 18 Millionen Euro schweren Wirtschaftserfolg für den DFB zugeordnet. Öffentlich, im Frühjahr 2021 im ZDF-Sportstudio. Wie kam er auf diese abstruse Zahl, gab es da überhaupt einen Erfolg?

Jede Weiterung, jede Ausweitung dieser neuen Untreue-Ermittlung fällt nun auf diejenigen zurück, die im Strickwerk des großen Netzwerkers hängen. Oder glaubt irgendwer, all diese Vorgänge um DFB-Topvertreter seien Missverständnisse, die sich in Luft auflösen werden; üble Verschwörungen? Was ist mit den alarmierenden Erkenntnissen interner und externer Wirtschaftsprüfer? Was mit den vernichtenden Urteilen, die gleich vier Ex-Präsidenten über ihren Kollegen Koch fällen?

Zwei Kandidaten stehen nächsten Freitag beim DFB-Bundestag zur Wahl. Der Favorit, Bernd Neuendorf, galt bisher als Befürworter Kochs. Der ehemalige SPD-Politiker hielt auch öffentlich die Verdachtslage gegen seinen Parteigenossen für zu dünn. Tut er das immer noch, disqualifiziert er sich für ein Amt, das ihm ohnehin, laut jüngster Umfrage der Hochschule Ansbach unter fast 12 000 Teilnehmern, nur elf Prozent der Fußballinteressierten zutrauen.

Der DFB hat heftige Untreue-Ermittlungen im Haus. Dass er zum x-ten Male den Erklärungen derjenigen glaubt, die - so oder so - Verantwortung tragen, grenzt an Organversagen. Ein neuer DFB muss jetzt beginnen, nicht erst beim Bundestag. Kandidat Peters hat sein Programm darauf angelegt, dass Koch keinesfalls ein Amt erhalten dürfe. Bleibt Neuendorf bei seiner Schutzhaltung für den Multifunktionär, darf das Wahlvolk im DFB und auch in der Liga DFL als sektiererisch eingestuft werden. Dann steht das Kürzel DFB für: Deutsche Fußball-Bruderschaft.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusExklusivDFB
:Ein Vertrag im Zentrum des Skandals

Wofür bekam Berater Kurt Diekmann vom DFB viel Geld? Eine scheinbar harmlose Frage, die aber nicht beantwortet wird. Der DFB hält die Sache für erledigt, bisher unveröffentlichte Prüfberichte kommen zu einem ganz anderen Schluss.

Von Johannes Aumüller, Claudio Catuogno und Thomas Kistner

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: