Deutschland gegen die USA:Fieser Trick à la Gijón

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Damals, 2006: Jürgen Klinsmann (links) und Joachim Löw. (Foto: Matthias Schrader/dpa)

Ein Unentschieden zwischen Deutschland und den USA - und beide stünden im Achtelfinale. Zu einem solchen Nichtangriffspakt der Marke Gijón wird es in Gruppe G jedoch nicht kommen. Das liegt an den beiden Bundestrainern.

Ein Kommentar von Philipp Selldorf, Santo André

Der Weltverband Fifa wird oft mit anderen prominenten Organisationen verglichen, die sich ebenfalls auf dem ganzen Globus engagieren: zum Beispiel mit der Mafia. Aber die Fifa ist nicht nur teuflisch, sie tut auch Gutes, und eine ihrer größten Wohltaten besteht darin, 1992 die sogenannte Rückpassregel in den Abschnitt XII ihres Regelwerks eingesetzt zu haben. Seitdem dürfen Torhüter den Ball nicht mehr mit der Hand aufnehmen, wenn das Zuspiel vom eigenen Mitspieler stammt.

Früher konnte eine Mannschaft den Ball beim Torhüter in Schutzhaft geben, wenn sie sich dem Spiel entziehen wollte. Das führte zu Qualen für Gegner und Zuschauer. Die Abschaffung des Rückpasses hat den Fußball von einem potenziell hochgiftigen Element befreit.

Wie viele Rückpässe die Torhüter Harald "Toni" Schumacher und Friedrich "Friedel" Koncilia 1982 empfingen, das ist nicht ermittelt worden. Die Rückpässe zum Torwart waren damals aber nur ein Teil des Problems, schlimmer war, dass das ganze Spiel weitgehend aus Rück- und Querpässen bestand. Deutschland führte nach Horst Hrubeschs Tor in der elften Minute 1:0 gegen Österreich, und beide Teams fanden, dass dies ein gutes Resultat für beide Teams war - angeblich eine Übereinkunft, die sich stillschweigend und ohne ausdrückliche Absprache ergeben hatte.

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:Ein zweiter Platz ist nichts für Klinsmann

Ehrgeizig, zuversichtlich, lebensfroh: US-Trainer Jürgen Klinsmann hat eine Mannschaft geschaffen, die seinem Ebenbild entspricht. Nach dem starken Auftritt gegen Portugal reicht bereits ein Unentschieden im letzten Spiel fürs Achtelfinale. Doch Klinsmann will Deutschland schlagen.

Von Thomas Hummel

Später wurde überliefert, dass der österreichische Trainer Georg Schmidt dem Angreifer Walter Schachner gedroht hatte, ihn auszuwechseln, wenn er weiterhin Anstalten machte, ein Tor zu schießen. Grund: Schmidt hatte Sorge, dadurch die überlegenen Deutschen zu reizen. Österreich musste aufs Torverhältnis achten, um die punktgleichen Algerier hinter sich zu lassen.

Der Nichtangriffspakt von Gijón ist jetzt aus dem Grab der Geschichte gestiegen, die Lage in Gruppe G lädt dazu ein, über einen deutsch-amerikanischen Freundschaftsvertrag zu spekulieren. Für beide Seiten wäre ein Remis zweckgünstig. Dass das Duell zwischen den Trainerkollegen Jürgen Klinsmann und Joachim Löw nun in diesen quasi mafiösen Zusammenhang rückt, ist für den Stand ihres persönlichen Verhältnisses ein großes Glück. So wird Klinsmann nicht automatisch abverlangt, für seinen eigenen Erfolg Löw um den DFB-Job zu bringen, den er ihm 2004 selbst verschafft hatte. Müssten die Deutschen heimreisen, würde Löw womöglich zurücktreten, und Klinsmann würde die Ära beendet, die er selbst begonnen hat.

Und nun der Pakt von Recife? Unwahrscheinlich. Klinsmann hat nicht die Mentalität, um einen feigen Kompromiss zu schließen, Löw ist zu moralisch für so einen fiesen Trick, er besitzt auch nicht die nötige Verschlagenheit. Außerdem geht es um die nahe Zukunft: Es ist beiden dringend zu empfehlen, Gruppensieger zu werden und damit Marc Wilmots und seinen Belgiern aus dem Weg zu gehen.

© SZ vom 24.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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