DFB-Team in der Einzelkritik:Löw löst das Kimmich-Rätsel

Lesezeit: 4 min

Der Bundestrainer findet eine Position für den Bayern-Spieler, Robin Gosens glänzt in seinem Element und Kai Havertz spielt für Frankreich vor. Das DFB-Team in der Einzelkritik.

Von Martin Schneider

Manuel Neuer

(Foto: Lars Baron/Getty Images)

Ist nun der 17. Spieler und der erste Torhüter der deutschen Fußballgeschichte mit 100 Länderspielen. Schritt darum vor Beginn des Spiels durch ein Spalier seiner Mitspieler - in dem aber zwei Männer mit noch mehr Spielen standen. Nämlich Thomas Müller und Toni Kroos mit je 102. Aber Ehre, wem Ehre gebührt, es gab ja durchaus mal Phasen (Stichwort: Mittelfuß) da war überhaupt nicht selbstverständlich, dass Neuer diese Marke je erreicht und dann auch noch ausgerechnet mit einem 7:1... Kassierte im Jubiläumsspiel ein Gegentor, über das er sich auch in den anderen 99 Spielen geärgert hätte. Wünscht sich, in diesem Sommer noch auf 107 Länderspiele zu kommen.

Antonio Rüdiger

(Foto: Odd Andersen/AFP)

Hat eine mehr als erstaunliche Halbjahreskarriere hinter sich: War im Herbst noch Bankdrücker bei Chelsea und personifiziertes Abwehrproblem der Nationalmannschaft. Ist nun Champions-League-Sieger und Lösung vieler Abwehrprobleme der Nationalmannschaft. So schnell geht das manchmal im Fußball. Gegen Lettland (das in der Weltrangliste deutlich hinter den Färöer Inseln steht) in der Defensive nicht gefordert - verstand sich ganz gut mit Robin Gosens.

Mats Hummels

(Foto: Matthias Koch/Imago)

Sehr hübscher Außenristpass übers ganze Feld auf Serge Gnabry vor dem 5:0, der wunderbar mit seinem Instagram-Pseudonym korrespondiert (@aussenrist15). Spielte im Zentrum der Dreierkette und die Chancen stehen ganz gut, dass er dort auch gegen Frankreich steht - mit Rüdiger an seiner Seite, wenn Kylian Mbappé kommt.

Matthias Ginter

(Foto: Wolfgang Rattay/Reuters)

Die personifizierte Konstanz. Spiel immer - wie zum Beispiel in der Bundesliga jede Minute. Harmonierte erschreckend flüssig mit Joshua Kimmich auf rechts, wenn man bedenkt, dass die beiden so noch nie zusammengespielt haben. Auch eine denkbare Turnierkombo.

Robin Gosens

(Foto: Thilo Schmürgen/dpa)

Wenn man Robin Gosens in sein Element wirft, dann spielt er auch wie Robin Gosens. Agiert bei Atlanta Bergamo als linker Außenläufer einer Dreierkette und bringt dort den Klub regelmäßig in die Champions League. Ohne defensive Absicherung ist es bei ihm schwierig, aber wenn man ihm einen Antonio Rüdiger in den Rücken stellt - dann schießt er ein Tor selbst (1:0, sein erstes Länderspieltor), er bereitet ein Tor vor (3:0 von Thomas Müller) und ein paar andere gute Aktionen hatte er auch noch. Kann gegen Frankreich zeigen, dass er es auch eine Nummer größer kann.

Joshua Kimmich

(Foto: Odd Andersen/AFP)

Kann einfach zu viel. Ist zum Beispiel sehr ehrgeizig, hat einen starken Willen und möchte immer gewinnen. Und außerdem ist er sowohl als Sechser wie als Rechtsverteidiger Weltklasse. Vielleicht hat Joachim Löw für ihn nun die perfekte Lösung gefunden, indem er ihn als rechter Verteidiger einer Dreierkette einfach beides auf einmal spielen lässt - so wie es Philipp Lahm auch immer gemacht hat (allerdings in der Viererkette). Verglich Löw deswegen die beiden ausdrücklich vor dem Spiel? Mit Lahm hinten rechts wurde Deutschland Weltmeister, mit Kimmich hinten rechts der FC Bayern Champions-League-Sieger. Aber das wär nun zu viel Interpretation. Lettland ist ja nun nicht Frankreich.

llkay Gündogan

(Foto: Uwe Kraft/Imago)

Hat ein maximal frustrierendes Champions-League-Finale in den Knochen und wird sich deswegen über sein Tor zum 2:0 besonders freuen - ein strammer Schuss aus der Distanz, nachdem ein Lette Gündogans Pass abprallen ließ. Bereitete also seinen eigenen Treffer vor, hat als bester Torschütze von Manchester City der vergangenen Saison (ja, wirklich) aber auch einen Ruf zu verlieren.

Toni Kroos

(Foto: Lars Baron/Getty Images)

Genesen von seiner Covid-Infektion und zurück im Zentrum des Spiels. Wurde hinter vorgehaltener Hand (je nachdem auch ohne vorgehaltene Hand) als Wackelkandidat bezeichnet - aber beim entscheidenden Mann (Löw) war das nie der Fall. Falls dieses System das EM-System sein sollte, muss er aber schauen, dass er zusammen mit dem auch eher offensiven Gündogan das Zentrum dicht bekommt, was beim 0:6 gegen Spanien noch spektakulär missraten ist. Darf auf keinen Fall einen Ball dort verlieren (Vorsicht vor Kanté!) - aber das macht er ja eh nie. Typischer langer Kroos-Pass vor dem 4:0 auf Müller, der sich als Empfänger von Kroos-Pässen auch wunderbar eignet.

Kai Havertz

(Foto: Thilo Schmuelgen/AFP)

Es verdichten sich die Anzeichen, dass sich Kai Havertz in den vergangenen Wochen an Leroy Sané vorbei in die Startelf gespielt hat. Indiz 1: Sein Tor im Champions-League-Finale. Indiz 2: Seine Vorbereitung zum 1:0 gegen Lettland, als er seinen Gegenspieler mit einer minimalen Bewegung aussteigen ließ, was er auch regelmäßig mit Nicht-Letten macht. Indiz 3: Sein Tor zum 4:0 (Foto), wo er ebendies mit zwei Letten tat. Dass er technisch womöglich gar der beste deutsche Nationalspieler ist, das ist auch ein Indiz, weiß man aber schon länger.

Thomas Müller

(Foto: Moritz Mueller/Imago)

Gilt immer auch als Seismograf einer Mannschaft, weil er sich ganz schlecht verstellen kann. Wenn Thomas Müller gut gelaunt ist, dann ist die Stimmung in der Mannschaft meist auch wirklich nicht so schlecht. Geht man danach, dann wird gegen Frankreich zumindest eine sehr fröhliche DFB-Elf auflaufen. Gegen Lettland wie immer umtriebig, machte sein 39. Länderspieltor und legte Leroy Sané das Tor zum 7:1 auf. Ein Gute-Laune-Spiel.

Serge Gnabry

Schlusspunkt einer ebenso vergnüglichen wie gegenwehrarmen ersten Halbzeit: Serge Gnabry (Nr. 10) erzielt das 5:0 für die DFB-Auswahl. (Foto: Lars Baron/Getty Images)

Traf zum 5:0 nach einem spielfeldüberwindenden Pass von Mats Hummels, der auf dem Feld Erling Haaland suchte, ihn nicht fand und dann eben Gnabry nahm. Starke Annahme, starker Abschluss (Foto). Hat im Vergleich zu seinen Sturmpartnern im Nationalteam den großen Vorteil, dass er meist den direkten Weg zum Tor nimmt. Ein guter Trick. Vielleicht auch deswegen beim Bundestrainer gesetzt.

Einwechselspieler

(Foto: THILO SCHMUELGEN/Pool via REUTERS)

Alle schauten auf Leroy Sané und Timo Werner, weil die ja nicht in der Startelf standen und das im letzten Test... aber immerhin trafen beide nach ihrer Einwechslung: Werner nach schöner Vorarbeit von Kimmich, Sané nach Müller-Pass. Es kamen außerdem noch Emre Can, Christian Günter, Niklas Süle und Jamal Musiala. Nur Jonas Hofmann, Florian Neuhaus, Kevin Volland und Robin Koch blieben als Feldspieler auf der Bank.

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