Champions League:Mit 20 Stichen genäht

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Blutiger Zusammenprall: Antonio Rüdiger (links) und Donezk-Torwart Anatolij Trubin liegen auf dem Rasen. (Foto: Kacper Pempel/Reuters)

Während Antonio Rüdiger seinen Klub Real Madrid unter Einsatz seiner Gesundheit vor einer Blamage bewahrt, kommt auch RB Leipzig mit einem blauen Auge davon. Die Konstellation in der Gruppe F ist nun sehr spannend.

Von Javier Cáceres, Berlin

Der Dienstagabend endete für RB Leipzig in Glasgow mit einer nahezu viertelstündigen Aufführung, die einer Stand-up-Comedy-Einlage gleichkam: im Pressesaal des Paradise, wie das Stadion von Celtic Glasgow auch genannt wird.

Celtic hatte dem Leipziger Trainer Marco Rose eine Übersetzerin zur Seite gestellt, die dessen Worte derart unpräzise übersetzte, dass es schon ganz gut war, dass Rose gute Laune hatte. Wer weiß, wie er reagiert hätte, wenn seine Mannschaft nicht 2:0 gewonnen und die Chance auf das Erreichen der K.-o.-Runde gewahrt hätte?

Irgendwann hatte Rose, der des Englischen zwar mächtig ist, aber bei offiziellen Anlässen lieber auf Deutsch redet, trotzdem genug. Als ein Thema aufkam, von dem er zu wissen glaubte, dass es die schottischen Journalisten eher nicht interessiert, entband er die Dolmetscherin mit Charme von ihrer Aufgabe und fragte dann an die schottischen Reporter gewandt: "Do you know Max Eberl?"

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Die Frage nach Eberl war gestellt worden, weil der künftige Sport-Geschäftsführer von RB am Dienstag zum ersten Mal einer Partie seiner künftigen Mannschaft seit seiner Vertragsunterzeichnung beigewohnt hatte. "It's our new sport director", klärte Rose die schottischen Journalisten auf, und er garnierte seinen Vortrag noch mit ein paar brandheißen Informationen - zum Beispiel, dass er Eberl nicht bei der Wohnungssuche behilflich sein müsse, weil der frühere Gladbacher Manager wohl schon ein neues Zuhause gefunden habe. "It was a pleasure to be here", verabschiedete sich Rose schließlich und fügte an, es sei ein Vergnügen gewesen, die sagenumwobene Atmosphäre in Glasgow hautnah erlebt zu haben.

Antonio Rüdigers Kopfwunde wird umgehend versorgt

Wenige Minuten zuvor hatte Timo Werner davon gesprochen, dass RB Leipzig "mit einem blauen Auge" davongekommen sei, und das stimmte auch. In der ersten Halbzeit hatte Glasgow in einer Angriffssequenz Pfosten und Querlatte getroffen, auch sonst waren die Schotten im Strafraum der Leipziger sehr präsent gewesen. Erst nach der Pause bekam Leipzig die Partie besser unter Kontrolle, auch weil Werner seine Aktionen endlich gut abschloss.

Erst traf der 26-Jährige nach einer Flanke von André Silva per Kopf (75.), dann legte der Nationalstürmer den Ball für den eingewechselten Emil Forsberg auf, der den Ball technisch gekonnt direkt in den Winkel drückte (84.). Rose versuchte, den ersten Auswärtssieg Leipzigs seit einem halben Jahr (Rose: "Sechs Monate? Wow!") in Selbstwertgefühl umzumünzen: "Wer hier gewinnt, kann in jedem Stadion der Welt gewinnen", sagte er bestimmt. Für die nähere Zukunft ist das eine wichtige Erkenntnis, da RB Leipzig die Qualifikation fürs Achtelfinale womöglich auf fremdem Grund sichern muss. Anfang November findet Leipzigs letztes, voraussichtlich entscheidendes Vorrundenspiel in Warschau statt - dem Exilstandort von Schachtar Donezk.

Der ukrainische Meister trägt wegen des Krieges seine Partien in der polnischen Hauptstadt aus, am Dienstag war im vollbesetzten Legia-Stadion Titelverteidiger Real Madrid zu Gast, der am 25. Oktober in Leipzig gastiert. Und Donezk landete fast einen Sensationssieg gegen die Madrilenen. Doch Antonio Rüdiger rettete unter Einsatz seiner Gesundheit dem spanischen Rekordmeister in der Nachspielzeit einen Punkt, der die Zulassung zur K.-o.-Runde verhieß. Der Innenverteidiger prallte bei seinem Kopfball mit Schachtar-Torwart Anatolij Trubin zusammen - und zog sich eine klaffende Platzwunde zu. Sie musste mit 20 Stichen genäht werden.

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Mittelfeldspieler Toni Kroos, der seine gute Leistung in der zweiten Hälfte mit dem Assist zum Rüdiger-Tor krönte, wollte kaum hinschauen. "Ich habe schon schönere Bilder in meinem Leben gesehen", sagte der frühere Nationalspieler, "es ist eine Menge Blut. Ich hoffe, er kommt schnell zurück."

"Meine Spieler haben gezeigt, woraus sie gemacht sind, ich bin stolz", sagt Donezk-Trainer Jovicevic

Am Mittwochvormittag galt als offen, ob Rüdiger schon am kommenden Sonntag zur Verfügung stehen wird - Real Madrid empfängt dann den FC Barcelona im Estadio Santiago Bernabéu. Trainer Carlo Ancelotti gab am Dienstagabend nur insofern Entwarnung, als er bezeugte, dass Rüdiger nicht nur "bei Bewusstsein und ansprechbar" sei, sondern auch "gelächelt und froh gewirkt" habe, "weil er ein so wichtiges Tor geschossen" habe. Real Madrid geht mit einer Serie von 13 Spielen ohne Niederlage in den Clásico.

Auch für die Ukrainer steht - trotz des Kriegshorrors - ein "Clásico" an, wie Trainer Igor Jovicevic die nächste Partie nannte: Am Sonntag trifft Donezk in Lwiw, dem ukrainischen Exilort Schachtars, auf Dynamo Kiew. Wobei die Frage bleibt, ob an Fußball zu denken sein wird. Nach der Partie gegen Real blickte Jovicevic voller Stolz auf sein Team, das 95 Minuten lang den Krieg und die Bombardierung ukrainischer Städte durch die russischen Streitkräfte ausblenden konnte.

"Meine Spieler haben gezeigt, woraus sie gemacht sind", sagte er. Vor allem wenn man sich "vor Augen führt, was in den vergangenen Tagen passiert ist", sei es bemerkenswert, dass sie "wie die Engel gespielt" hätten. "Ich bin sicher, dass die Ukrainer sich mit dieser Mannschaft identifizieren und stolz auf uns sind", befand der Trainer. "Meine Spieler sitzen traurig in der Kabine, weil sie das Gefühl haben, zwei Punkte gegen Real Madrid liegengelassen zu haben, das sagt alles."

Sein Kollege Carlo Ancelotti habe ihm gesagt, dass Schachtar den Sieg verdient gehabt hätte - und er den Ukrainern den Einzug in die nächste Runde wünsche. Für Schachtar gilt dabei das Gleiche wie für RB Leipzig: Sie haben es in der eigenen Hand.

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