Trainerwechsel bei RB Leipzig:Tedesco ist weg, kommt Marco Rose?

Lesezeit: 3 min

Muss gehen: Trainer Domenico Tedesco ist nicht länger Trainer von RB Leipzig. (Foto: Michael Sohn/AP)

RB Leipzig entscheidet sich nach dem blamablen 1:4 in der Champions League gegen Schachtar Donezk zum Trainerwechsel. Wer Favorit auf den Posten sein soll, ist kein Geheimnis mehr.

Von Javier Cáceres, Leipzig

Die Worte von Domenico Tedesco im Pressesaal waren noch nicht verhallt und er selbst noch in Gesprächen mit Medienvertretern verstrickt, da zirkulierten schon die ersten Meldungen, die besagten: Nach der Niederlage gegen Schachtar Donezk wäre ein Nachruf auf sein Schaffen als RB-Leipzig-Trainer angebracht.

"Tedesco vor dem Aus!", meldete der TV-Sender Sky, und die Bild-Zeitung kleidete eine ähnliche Information immerhin noch pietätvoll in die Möglichkeitsform. Am Mittwochvormittag kam die Bestätigung: Tedesco muss tatsächlich gehen, nach wettbewerbsübergreifend gerade acht Saisonspielen. "Die Entscheidung, Domenico Tedesco freizustellen, ist uns sehr schwer gefallen", sagte Geschäftsführer Oliver Mintzlaff in der offiziellen Verlautbarung: "Domenico ist ein exzellenter Trainer, der sicher weiter viel Erfolg haben wird."

Leipzig in der Champions League
:Das nächste Debakel

Überraschend wie verdient verliert RB Leipzig in der Champions League 1:4 gegen Schachtar Donezk - nur wenige Tage nach dem 0:4 in Frankfurt. Das Publikum pfeift, die Debatte um Trainer Tedesco dürfte lauter werden.

Von Javier Cáceres

Doch Mintzlaff erklärte weiter: "Uns fehlte nach dem mäßigen Start in die Bundesligasaison mit fünf Punkten aus fünf Spielen die Überzeugung, dass in der derzeitigen Konstellation ein sofortiger Turnaround erfolgen kann." Auch die Co-Trainer Andreas Hinkel und Max Urwantschky werden freigestellt; über eine Nachfolgeregelung wolle man "zeitnah informieren".

"Es ist, als ob man einen neuen Ferrari kauft und mit 100 gegen die Wand fährt", sagt Xaver Schlager

Auf die 0:4-Niederlage vom Samstag bei Eintracht Frankfurt war nun eine alles in allem blamable 1:4-Heimpleite zum Auftakt der Champions League gegen Schachtar Donezk gefolgt. Und Tedesco hatte schwer gehadert. "Vier Glocken gegen Frankfurt, vier heute", sagte er und schien seltsame Mächte am Werk zu sehen: "So ein Spielverlauf ist ja Wahnsinn! Waaaahnsinn!!!"

Peter Gulacsi (rechts) liegt auf dem Boden: Den ersten Gegentreffer der Ukrainer hat er selbst verschuldet. (Foto: Odd Andersen/AFP)

Es ließ sich gewiss nicht darüber streiten, dass RB Leipzig gegen ein qualitativ unterlegenes Team aus der Ukraine die Initiative innegehabt hatte; die langen Ballbesitzphasen sprachen diesbezüglich Bände. "Wir waren 90 Minuten auf dem Gaspedal", sagte Torwart Peter Gulacsi, von dem noch die Rede sein muss.

Nur: Zielstrebigkeit ließ vor allem der 13-malige ukrainische Meister erkennen, der nach dem kriegsbedingten Umbruch eine Mannschaft aufbot oder aufbieten musste, die aussah, als wäre sie für die Youth League und nicht für die Champions League der Erwachsenen gemeldet. Sie wusste, was sie tun konnte und legte damit die Leipziger Defensivprobleme der laufenden Spielzeit offen: Sie kam bei fünf Abschlüssen zu vier Toren. Leipzigs Neuerwerbung Xaver Schlager, der von Beginn an spielen durfte, fühlte sich wie nach einem Crash: "Es ist, als ob man einen neuen Ferrari kauft und mit 100 gegen die Wand fährt."

Das Bild war auch insofern eine interessante Metapher, als RB Leipzig den aktuellen Slapstick-Einlagen der Ferrari-Crew in der Formel 1 in kaum etwas nachstand. Das erste Gegentor war einem Fauxpas des erwähnten Torwarts Gulacsi geschuldet; er verstolperte 30 Meter vor dem eigenen Tor den Ball und war danach mindestens so peinlich berührt wie jene Mechaniker aus dem italienischen Rennstall, die beim Großen Preis der Niederlande nur drei statt der handelsüblichen vier Ersatzräder parat hatten. Gulacsi musste mitansehen, wie Schachtars Stürmer Marjan Schwed den Ball ins leere Tor schob (16.) und hatte dabei einen Kopf, der röter kaum sei konnte.

Nach der Pause glich Innenverteidiger Mohamed Simakan zwar aus (57.), nach einer der wenigen ansehnlichen Kombinationen der Leipziger. Doch nur 80 Sekunden später war Schwed wieder für Schachtar zur Stelle - und erzielte durch einen von zwei Leipzigern abgefälschten Schuss das 2:1. Der überaus anregend spielende Mychajlo Mudryk (76.) und Lassina Traoré (85.) machten mit zwei blitzgescheiten Kontern das Debakel für Leipzig perfekt, was auch daran lag, dass die Leipziger nach dem raschen 1:2 jeden Glauben verloren, die Partie noch drehen zu können. "Das hat uns mental kaputtgemacht", sagte Gulacsi.

Die nächsten Partien haben es in sich: Es geht gegen Dortmund, Real Madrid und Gladbach

Es war leider nicht das erste Mal, dass die Leipziger in dieser Weise zusammenbrachen. Vor der Saison erzielten der FC Bayern und der FC Liverpool jeweils fünf Treffer gegen die Leipziger, nun machten also die Ukrainer wie zuvor die Frankfurter vier Mal ding-dong, um beim Tedesco-Sprech zu bleiben. Schachtar war zwar auch am Dienstag ein qualitativ vergleichsweise kleiner Gegner. Aber die Ukrainer wussten die gigantischen Räume zu nutzen, die Leipzig ihnen anbot.

Immerhin, einen tiefergehenden Vergleich zur Niederlage gegen Frankfurt wollte niemand ziehen, Tedesco rühmte den Willen der Mannschaft. Am Wochenende hatte er ihr noch jegliche Basics abgesprochen. Diesmal hatte Tedesco vor allem zu bemängeln, dass seine Mannschaft zu wenig Torschüsse gehabt habe - auch wegen einer Reihe von Annahmefehlern. Und das war eine Bemerkung, bei der sich Nationalstürmer Timo Werner wohl angesprochen fühlen durfte. Er ist weiterhin so weit von seiner besten Version entfernt wie der andere Zugang, Linksverteidiger David Raum.

Auf die Freistellung Tedescos am Mittwoch folgen nun die nächsten Aufgaben, die es in sich haben: In der kommenden Woche reist Leipzig zum Champions-League-Sieger Real Madrid. Zuvor und danach geht es in der Bundesliga gegen die beiden Borussias, also gegen Dortmund und Mönchengladbach. Das ist nicht ganz frei von Pikanterie: Es sind die beiden früheren Mannschaften von Marco Rose, der von einer Reihe von Medien als Favorit auf die Tedesco-Nachfolge genannt wird.

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