Champions League der Frauen:Vorfreude auf magische Nächte

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Prominenteste Spielerin der Eintracht: Laura Freigang wird auch in der Champions League spielen. (Foto: Memmler/Eibner/Imago)

Vor 22 Jahren gewann der 1. FFC Frankfurt den allerersten Europapokal im Frauenfußball. Nun tritt der Klub als Eintracht Frankfurt erstmals in der Champions League an - an deren Modus und an deren Prämien es zunehmend Kritik gibt.

Von Frank Hellmann, Frankfurt

Wie im richtigen Leben, so schließt sich auch im Fußball immer ein Kreis. Das ist bei der Champions-League-Premiere der Fußballerinnen von Eintracht Frankfurt nicht anders. Der erstmals in die Gruppenphase eingezogene Klub ruft vor dem Auftaktspiel beim schwedischen Vertreter FC Rosengård (Dienstag 18.45 Uhr/DAZN) die Historie seines Vorgängervereins 1. FFC Frankfurt in Erinnerung. Denn als vor 22 Jahren der bis heute einzige Europapokalwettbewerb für Frauen aus der Taufe gehoben wurde - damals noch Uefa Women's Cup genannt -, war der frisch gegründete Frauenfußballverein aus der Mainmetropole gleich erfolgreich.

Die Generation um die spätere Weltmeisterin Birgit Prinz holte 2002 gegen den schwedischen Meister Umea IK den ersten internationalen Titel nach Frankfurt. Sechs Jahre später strömte schon eine für damalige Verhältnisse außergewöhnliche Zahl von 27 640 Zuschauern ins alte Waldstadion, die dann sahen, wie erneut Umea mit seiner Weltfußballerin Marta im Europapokalfinale unterlag. Und 2015 saß Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin auf der Tribüne, als der versierte Taktiker Colin Bell den Favoriten Paris Saint-Germain beim vierten FFC-Coup überrumpelte. Aus dieser Zeit erinnert sich Kerstin Garefrekes an Auswärtsreisen bis nach Kasachstan, die "gefühlt zwei Tage Anreise, zehn Stunden Aufenthalt und zwei Tage Rückreise" dauerten. Ein professionelles Setting mit Charterflieger war zu teuer. Bei Frankfurts Manager Siegfried Dietrich mischte sich damals in den Jubel am Römer bereits die Vorahnung, den letzten Champions-League-Triumph eines reinen Frauenfußballvereins miterlebt zu haben. Der Vordenker wird rückblickend wohl Recht behalten.

"Wir haben jahrelang darauf hingearbeitet, in diesem Wettbewerb zu spielen"

Ohne die 2020 vollzogene Fusion mit der Eintracht wäre der Standort vermutlich - wie der einstige Erzrivale Turbine Potsdam - in der Versenkung verschwunden. Den Wettbewerb prägen längst die globalen Marken, die dafür einfach ein paar Millionen aus dem Männerfußball abzweigen. Die Benchmark bildet der FC Barcelona: Auf den Titelverteidiger trifft die Eintracht im zweiten Gruppenspiel (22. November).

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Die Hoffnung auf eine neue Rekordkulisse ist nicht unberechtigt. Für die Eintracht-Bosse war es selbstverständlich, dass alle Heimspiele in der Arena ausgetragen werden. Die Frauen haben im Frühjahr 2022 die Europa-League-Festspiele der Männer in Barcelona und Sevilla vor Ort verfolgt, daraus sollte der Ansporn erwachsen, selbst "magische Nächte" zu kreieren. "Wir freuen uns alle riesig, weil wir jahrelang darauf hingearbeitet haben, in diesem Wettbewerb zu spielen", sagt Laura Freigang, die mit Torhüterin Stina Johannes, Sophia Kleinherne, Sara Doorsoun und Nicole Anyomi zu den aktuellen deutschen Nationalspielerinnen der Hessen gehört.

Das Problem der Eintracht: Dem Kader fehlt es für die Terminhatz der kommenden Wochen an Breite. Der mit Manageraufgaben betreute Trainer Niko Arnautis überhört solche Einwände gerne. Seine Prämisse vor der ersten Dienstreise nach Malmö geht so: "Mit Frankfurt international zu spielen, ist etwas Besonderes." Die Technische Direktorin Katharina Kiel hat an anderer Stelle jedoch Kritik geübt, vor allem am Europaverband Uefa: "In Sachen Prämien gibt es eindeutig noch Luft nach oben, damit sie die Kosten an der Teilnahme nicht nur decken, sondern den Klubs darüber hinaus auch die Möglichkeit geben, Investitionen vorzunehmen." Die in der Champions League der Frauen von der Uefa verteilten 24 Millionen Euro an Preisgeldern sind mit den Summen der Männer im selben Wettbewerb (2,002 Milliarden Euro) eben nicht zu vergleichen. Noch sind Fernsehanstalten und Sponsoren nicht ansatzweise zu ähnlichen Investitionen bereit.

In erster Linie auf sportliche Meriten ist der zweite deutsche Vertreter aus, der FC Bayern, der gegen AS Rom (Mittwoch 18.45 Uhr/DAZN) beginnt. Danach geht es für den Meister gegen Paris Saint-Germain (23. November) und Ajax Amsterdam (14. Dezember) weiter. "Es ist die schwierigste Gruppe, daran gibt es keine Zweifel", sagt Bayern-Trainer Alexander Straus. Gleichwohl weiß der Norweger um die interne Vorgabe, mindestens das Viertelfinale zu erreichen. Den Auftakt bestreiten die Münchner auf dem Campus, denn jeder Umzug in die Arena will in München wegen der hohen Betriebskosten gut überlegt sein.

Noch bleiben Fehler im System: In England hat sich nur der FC Chelsea für die Champions League qualifiziert

Münchens Sportliche Leiterin Bianca Rech, die den Gewinn der Champions League ein "mittelfristiges Ziel" nennt, meldet derweil Änderungsbedarf am Modus an: "Aus meiner Sicht müsste mehr Mannschaften die direkte Qualifikation in die Gruppenphase ermöglicht werden." Weil Teams aus mindestens zehn Nationen mitspielen sollen, müssen sich Klubs der Topnationen bereits im Vorlauf eliminieren. So hat es aus England nur der FC Chelsea unter die besten 16 geschafft. Dass die am professionellsten vermarktete Liga Europas mit dem lukrativsten Fernsehmarkt nur einen Repräsentanten stellt, kann auch der Uefa nicht gefallen. Zudem hat es mit dem in den Playoffs an Paris FC gescheiterten VfL Wolfsburg auch den erfolgreichsten deutschen Verein des letzten Jahrzehnts erwischt.

Nadine Keßler, früher Weltfußballerin und heute Frauenfußball-Direktorin bei der Uefa, hat immerhin einen "Revisionsprozess" angekündigt. Angeblich liegen Pläne in der Schublade, die weibliche Königsklasse auszuweiten oder einen zweiten Wettbewerb zu schaffen. Änderungen können wegen bestehender Vermarktungsverträge jedoch frühestens zur Saison 2025/2026 wirksam werden.

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