Bundesliga:HSV schickt Wolfsburg in die Relegation

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Gian-Luca Waldschmidt (vorne rechts) wird nach seinem Tor ausführlich geherzt. (Foto: Fabian Bimmer/Reuters)
  • Durch ein 2:1 im Abstiegsfinale schickt der Hamburger SV den VfL Wolfsburg in die Relegation.
  • Der HSV bejubelt den Siegtorschützen Gian-Luca Waldschmidt.
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Von Carsten Scheele

Man wird Gian-Luca Waldschmidt beim Hamburger SV nicht gleich auf eine Stufe mit Uwe Seeler stellen, doch einen Platz in der Geschichte des Vereins hat der 21-Jährige sicher. Es gehört jedenfalls einiges an Coolness dazu, in diesem Spitz-auf-Knopf-Spiel um den Klassenerhalt einen solchen Auftritt hinzulegen. In der 86. Minute wurde Waldschmidt gegen Wolfsburg eingewechselt, nur 110 Sekunden später köpfte er den HSV zum sicheren Klassenerhalt. Es war, natürlich, muss ja so sein: sein erstes Bundesligator.

Die Hamburger Arena wurde nach dem Schlusspfiff in ein Jubelmeer verwandelt, die Wolfsburger rangen um Fassung. Das 2:1 (1:1) im Abstiegsendspiel reichte dem HSV denkbar knapp, für Wolfsburg war es zu wenig. Zum ersten Mal überhaupt muss Wolfsburg - mit einem illuster besetzten Kader und einem der größten Etats der Liga - sensationell in die Relegation. Dort warten am 25. und 29. Mai die Duelle mit dem Zweitliga-Dritten und Nachbarn Eintracht Braunschweig.

"Wir haben schon fünf-sechs Spiele hier in den letzten Minuten entschieden", jubilierte Vorstandsboss Heribert Bruchhagen bei Sky, das spreche eindeutig für den "Geist der Mannschaft". Nicolai Müller wurde gefragt, ob er HSV nun endgültig unabsteigbar sei. Müller lachte nur: "Ja, sieht so aus."

Wolfsburg spielt zunächst klar besser

In Hamburg präsentierte sich Wolfsburg zunächst als reifere Mannschaft. Schon in der zehnten Minute hatte Mario Gomez die große Chance aufs 1:0, verfehlte das Tor mit einem Schrägschuss äußerst knapp. Der HSV dagegen: verunsichert, mit hoher Fehlpassquote, fast ohne jede Offensivaktion. Wie sollte so der Klassenerhalt gelingen?

In Sinsheim versuchten die Augsburger, frühzeitig keine Zweifel am Klassenerhalt aufkommen zu lassen. Der FCA war überraschend die bessere Mannschaft, ein Tor sprang in der Drangphase der ersten halben Stunde jedoch nicht heraus, nur eine passable Möglichkeit durch Schmid (18.). Vermeintlich gute Nachrichten dann in der 24. Minute, für die Augsburger, aber auch die Wolfsburger: Der VfL führte nun in Hamburg, durch ein kurioses Kopf-Schulter-Tor von Verteidiger Robin Knoche nach einer Volleyflanke von Sebastian Jung. Entsetzen in der Arena, der HSV brauchte nun mindestens zwei Tore für den direkten Klassenerhalt.

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Bevor jemand fragen konnte, wie das gegen überlegene Wolfsburger nur möglich sein sollte, war das erste schon da. In der 32. Minute vollführte der HSV seinen ersten gelungenen Konter, über Lewis Holtby kam der Ball zu Filip Kostic, der trocken einschoss. 1:1 - die Hamburger hofften wieder. Und Wolfsburg wusste gar nicht so recht, weshalb.

Dem HSV gelang es nun, das Spiel mit Testosteron aufzuladen. Spielerisch wurde der Vortrag immer überschaubarer, dafür bekämpfte der HSV die Wolfsburger mit giftigen Zweikämpfen, mit Fouls, mit langen Bällen in die Spitze. Wolfsburg schien eingeschüchtert, als hätte das Team seine fußballerische Finesse bereits verbraucht. Eine erfreulich unauffällige Rolle spielte übrigens Schiedsrichter Manuel Gräfe, über dessen Nominierung sich so viel Kritik ergossen hatte. Gräfe machte seine Sache gut, nahezu fehlerlos.

Zur Halbzeit stand der HSV nach wie vor auf dem Relegationsplatz, Wolfsburg und Augsburg gerettet. Doch Hamburg fehlte nur ein einziges Tor.

In Sinsheim begann die TSG endlich, aufs Tor zu drängen. Hoffenheim brauchte ja eigentlich einen Sieg im Fernduell mit Dortmund um den direkten Champions-League-Qualifikationsplatz. Für die Augsburger war das keine gute Nachricht, durch den Zwischenstand in Hamburg herrschte für den FCA schließlich noch Relegationsplatz-Gefahr. Hoffenheims Andrej Kramaric traf nur den Pfosten (68.). Es wurde immer knapper.

Auch der HSV drängte weiter - hoch und weit. Abwehrspieler Mergim Mavrai schoss aus der Drehung vorbei (52.). Wolfsburg spielte zeitweise selbst einfache Bälle ins Aus, versuchte in guten Momenten, Gomez in Szene zu setzen - mit wenig Erfolg. Irgendwie schien es vorgezeichnet, wie dieses Spiel enden würde: Der HSV würde schon noch sein Tor machen, kurz vor Schluss.

Sakai flankt auf Waldschmidt - Tor!

Die Lage spitzte sich zu. Augsburg hielt das 0:0 in Hoffenheim, Mainz lag in Köln zwar zurück, war dank des Torverhältnisses aber auch gerettet. Die Hamburger noch nicht, sie drängten mit limitierten Mitteln auf ihr Tor - doch mit Erfolg. In der 88. Spielminute erreichte Sakai kurz vor der Auslinie den Ball, seine Flanke segelte an erschreckend passiven Wolfsburgern vorbei auf den Kopf von Waldschmidt, der tatsächlich verwandelte.

Die Panik ergriff nun Wolfsburg. Nun stand der VfL wegen der schlechteren Tordifferenz auf dem Relegationsrang. Vier Minuten Nachspielzeit - würde der eine, rettende Ball auf Gomez noch gelingen? Nein, es feierte nur der HSV.

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