Bundesliga:Spielkultur jetzt auch im Liga-Mittelfeld

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Der Spieltag bietet bemerkenswerte Auftritte von Union Berlin und dem VfB Stuttgart. Für die Bundesliga hätte die Woche kaum besser laufen können.

Kommentar von Sebastian Fischer

Mit etwas Fantasie konnte man sich Bundestrainer Joachim Löw am Samstagabend als einen Fernseh-Zuschauer auf der Couch vorstellen, der in der Tasche einer so bequemen wie eleganten Jogginghose trotzig eine Faust ballte. Sein Lieblingsklub, der SC Freiburg, hat endlich mal wieder gewonnen, 2:0 gegen Bielefeld. Und dann kamen ihm womöglich auch zwei andere Spiele nicht so ungelegen in einer Debatte, die ihn noch ein paar Monate begleiten wird.

Dortmunds 1:5 gegen Stuttgart, Bayerns 1:1 gegen Union Berlin, mit jeweils Mats Hummels und Thomas Müller sowie Jérôme Boateng in der Startelf: Ist es dann jetzt vielleicht doch nicht so eilig mit der Aufhebung des Nicht-Nominierungsgebots, die Löw allenthalben nahegelegt wird?

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Gut, das ist zugegebenermaßen eine etwas abwegige Schlussfolgerung nach dieser Woche, die aber tatsächlich eine gute war für den deutschen Profifußball. Erstens, weil noch niemand auf die Idee gekommen ist, das Weiterspielen in der Bundesliga infrage zu stellen, wenn demnächst das Land pandemiebedingt wieder komplett runterfahren sollte. Er habe keine entsprechenden Signale vernommen, sagte Gladbachs Manager Max Eberl - und das dürfte wohl auch so bleiben.

Der zweite Grund, warum es eine gute Woche für den Fußball war, hatte mit Löw zu tun: Er hat gesprochen, vor einer Kamera in einem Büro in der DFB-Zentrale, sicht- und hörbar für die Nation, die ihn zuvor abgetaucht wähnte. Sein erster öffentlicher Auftritt seit dem blamablen 0:6 gegen Spanien wurde gemeinhin als kämpferisch interpretiert.

Der dritte Grund: Drei Tage später stand fest, dass sich alle Bundesligisten im Europapokal für die nächste Runde qualifiziert haben, besonders eindrucksvoll Borussia Mönchengladbach in einer Champions-League-Gruppe mit Real Madrid und Inter Mailand, aber auch RB Leipzig, das gegen Paris Saint-Germain und Manchester United bestehen musste. Vier deutsche Mannschaften im Achtelfinale der Königsklasse, das gab es zuletzt 2014 nach der Weltmeisterschaft.

Schließlich, der vierte Grund: der Spieltag am Samstag. Oft und oftmals zurecht ist das fußballerische Niveau der Bundesliga in den vergangenen Jahren kritisiert worden, weil viele Teams lieber gegen als mit dem Ball spielen, lieber vorsichtig als mutig. Und nun, eine schöne Momentaufnahme, gibt es in Union Berlin und VfB Stuttgart zwei Klubs, die ihre sicher nicht im Überfluss vorhandenen Ressourcen in die Entwicklung von Spielkultur investieren.

Beide Mannschaften wurden dafür am Samstag gegen den jeweils müden Favoriten belohnt, Stuttgart noch mehr als Berlin. Und für beide war es kein Erfolg für einen Tag, sondern eher die Fortsetzung eines Trends. Der VfB versucht sich ja gar als Aufsteiger an einem Fußball mit ansprechenden Ballbesitzphasen - das wäre vor Kurzem wohl noch als Unmöglichkeit abgetan worden.

Nun sollte an dieser Stelle nicht unterschlagen werden, dass es eine eher schlechte Nachricht für den deutschen Fußball sein könnte, falls ein potenzieller Konkurrent des FC Bayern wie Borussia Dortmund auch in dieser Saison mal wieder schludrig mit den großen Möglichkeiten im Kader umgehen sollte. Auch darauf deutete der VfB-Sieg ja hin. Andererseits: Wenn Joachim Löw nach einem 0:6 kämpferisch wirken kann, vielleicht bekommt das auch Lucien Favre nach einem 1:5 irgendwie hin.

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