Bundesliga: FC Bayern:Viele kleine van Gaals

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Bayern-Trainer Louis van Gaal arbeitet gerne mit engen Vertrauten, die seine Fußball-Philosophie teilen. Deswegen baut er erneut den Trainerstab um - und setzt vor allem auf einen niederländischen Landsmann.

Michael Neudecker

Hermann Gerland ist schon 56, aber für manche Erkenntnisse ist es nie zu spät, sogar, wenn man Hermann Gerland ist. Vergangene Saison war er einer der Assistenten des FC-Bayern-Trainers Louis van Gaal, er sagt: "Ich habe viel gelernt", zum Beispiel: "Jetzt weiß ich, dass es gut sein kann, wenn man den Gegner studiert."

Bayern-Trainer Louis van Gaal. (Foto: dpa)

Seit Juni ist Gerland wieder für die zweite Mannschaft zuständig, van Gaal hat einen neuen Assistenten bekommen, den Niederländer Marcel Bout; er wollte Bout unbedingt. Gerland arbeitet noch immer auch ein wenig bei den Profis mit, und er hat sein Büro noch im Trakt der Profis, aber was heißt das schon: Hermann Gerland ist ja kein Bürohengst.

Man könnte sagen, Louis van Gaal hat ihn degradiert, aber das wäre wohl übertrieben. Hermann Gerland sagt, zu den Profis zu gehen, das sei ja damals nicht sein Wunsch gewesen, er arbeitet gerne mit der zweiten Mannschaft. Gerlands Versetzung zu den Amateuren ist allerdings ein Teil der personellen Umstrukturierungen van Gaals, die leise vorgenommen wurden, deren Botschaft aber deutlich ist: Van Gaal weiß sich durchzusetzen beim FC Bayern. Bei seinen Vorgängern war das nicht immer so, die Besetzung des Stabs war in der Vergangenheit oft ein vereinsinternes Politikum.

Van Gaal sagt, er habe "bei Amtsantritt den Stab von Klinsmann übernommen", der Klub aber habe ihm zugesichert, nach einem Jahr neu besetzen zu dürfen, das sagt auch Sportdirektor Christian Nerlinger. Von denen, die Klinsmann holte, sind nur noch zwei übrig, Fitnesstrainer Marcelo Martins und Psychologe Philipp Laux.

Darcy Norman, der zweite Fitnesstrainer, ist in die USA zurückgekehrt, van Gaal aber holte keinen neuen, sondern wollte sich getreu seiner Philosophie erst im eigenen Klub umsehen. Er fand Andreas Kornmayer, Sportwissenschaftler und bislang Fitnesstrainer der Amateure; Kornmayer soll sich künftig weiterhin um die Amateure kümmern, aber auch bei den Profis mitarbeiten, zurzeit ist er in München und trainiert zusammen mit Bout den daheimgebliebenen Daniel van Buyten.

Die wichtigste Personalie in van Gaals Stab aber ist die des Torwarttrainers. Bislang war Walter Junghans verantwortlich für die Torhüter, er beerbte Sepp Maier, weshalb der ursprünglich dafür vorgesehene Bernd Dreher 2008 im Groll den Klub verließ. Unter Junghans entstanden Diskussionen um Michael Rensing, der den Erwartungen an eine Nummer eins nicht gerecht werden konnte - es heißt, Rensing habe sich gar in der Chefetage beschwert und einen anderen Torwarttrainer gefordert.

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Wenn man nun van Gaal fragt, weshalb er einen neuen Torwarttrainer wollte, dann zieht er die Augenbrauen hoch und antwortet: "Der Torwarttrainer muss nach meiner Philosophie arbeiten." Nachfrage: Was spricht für Frans Hoek, mit dem er Junghans ersetzte? " Er arbeitet nach meiner Philosophie." Junghans ist einst über die persönliche Kontaktachse Heynckes-Hoeneß in den Verein gekommen, gute Beziehungen sind in jeder Branche von Vorteil. Junghans trainiert jetzt die Torhüter der Amateurmannschaft.

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Nerlinger sagt, es sei wichtig, dass "der Trainer Leute um sich hat, denen er vertraut". Frans Hoek, 53, ist so gesehen die Idealbesetzung: Er ist ein Torwarttrainer mit gutem Ruf, und er hat schon bei Ajax Amsterdam, dem FC Barcelona und der niederländischen Nationalelf mit van Gaal zusammengearbeitet. Der langjährige Nationaltorwart Edwin van der Sar, Hoeks Vorzeigeschüler, beschreibt seine Arbeitsweise so: "Er schießt nicht einfach nur Bälle aufs Tor, sondern bindet alle in sein Training mit ein."

Im Stadion von Arco ist das derzeit gut zu beobachten: Hoek lässt alle vier Torhüter aufs Tor schießen, er lässt sie Passübungen machen, Ball aufnehmen und weiterspielen, und er korrigiert oft, gestikuliert, erklärt. Manchmal sieht es aus, als habe Louis van Gaal sich als Frans Hoek verkleidet. Der zweite Torhüter der Profis, Thomas Kraft, hat neulich gesagt, Hoeks Training sei "eine große Umstellung" gewesen, aber er hat das nicht negativ gemeint, im Gegenteil.

Van Gaal umschreibt seine Torwartphilosophie so: "Er muss präventiv denken und arbeiten. Und er muss der elfte Spieler sein." Frans Hoek wolle immer, sagt van der Sar, "dass du den Ball nicht einfach nach vorne schlägst - außer, du versuchst dabei, einen Mitspieler zu erreichen". Zusammen mit van Gaal hat Hoek beim FC Barcelona die Begriffe "Antizipationstorwart" und "Reaktionstorwart" geprägt, van der Sar wäre in erste Kategorie einzuordnen, zum Beispiel Oliver Kahn in zweitere. Das Antizipieren ist ein wichtiger Teil von van Gaals Philosophie - die aber nur funktioniert, wenn alle im Trainerstab danach arbeiten.

Van Gaal gesteht allen Trainern Freiraum und Kompetenz zu, als José Mourinho sein Assistent in Barcelona war, ließ er den damals jungen Trainer sogar Freundschaftsspiele alleine coachen. Das Modell van Gaal muss auch laufen, wenn van Gaal nicht hinschaut, so sieht van Gaal das. Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge waren wohl anfangs nicht begeistert, dass schon wieder ein Trainer den Stab umbaut. Dass sie lange gezögert haben, seine Wünsche zu erfüllen, ist dennoch unwahrscheinlich: Sie sahen ja, dass seine Entscheidungen funktionieren.

© SZ vom 23.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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