Bundesliga: FC Bayern:Butt will noch Titel gewinnen

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Torwart Jörg Butt verlängert seinen Vertrag beim FC Bayern bis 2012, vor allem die Wertschätzung des neuen Trainers Jupp Heynckes hat ihn überzeugt. In Gelsenkirchen halten sie das für eine List im Pokerspiel um Manuel Neuer.

Christof Kneer

Als Jörg Butt im Sommer 2008 nach München zum Trainer Jürgen Klinsmann wechselte, hätte er nicht gedacht, dass er ein Jahr später Louis van Gaal begegnen würde. Als van Gaal ihm zu Saisonbeginn Michael Rensing vor die Nase setzte, hätte Jörg Butt nicht gedacht, dass er ein Jahr später bei der WM in Südafrika im Spiel um Platz drei das deutsche Tor bewachen würde.

Nur einer bleibt: Thomas Kraft (links) und Jörg Butt. (Foto: dpa)

Und als Butt der WM eine tadellose Vorrunde folgen ließ, da hätte er am allerwenigsten gedacht, dass ihn van Gaal im Wintercamp in Katar ins Büro bestellt, um ihm die Vertreibung aus dem Tor zu verkünden.

Jörg Butt ist, wie man so sagt, ein Routinier, er hat schon alles erlebt im Berufszweig Profifußball, vielleicht sogar ein bisschen mehr. Dennoch würde er nie von sich behaupten, dass er die Branche länger als bis zum übernächsten Auswärtsspiel vorausberechnen kann.

Die Haken, die seine Karriere zuletzt geschlagen hat, haben ihn eines gelehrt: dass man den Moment nutzen muss. "Ich möchte meine Karriere nächste Saison mit einem Titel beenden", sagt Jörg Butt. Er hat das Gefühl, dass der Moment gerade günstig ist, deshalb hat er ihn genutzt: Er hat seinen in diesem Sommer auslaufenden Vertrag bis 2012 verlängert.

Dass Butt, 36, den FC Bayern in der nächsten Saison wieder auf Titelkurs sieht, überrascht nicht. Dass er die Chance sieht zu spielen, schon eher.

Butts Unterschrift unter ein neues Arbeitspapier platzt mitten hinein in einen Transfer, der gute Aussichten hat, als unendlichster Transfer der Bundesliga in den Geschichtsbüchern zu landen. Millimeter für Millimeter rückt der Wechsel des Torwarts Manuel Neuer näher - wie viele Millimeter nach München noch fehlen, wissen aber nicht mal die Beteiligten.

Der FC Bayern und Schalke 04 belauern sich, kontern List mit Gegenlist, bauen Drohkulissen von imposanter Schönheit - weshalb Schalkes Manager Horst Heldt die neue Nachricht umgehend unter "Tarnen und Täuschen" verbuchte. "Alles Taktik", sagt er, als er vor Schalkes Abflug nach Manchester mit Butts Vertragsverlängerung konfrontiert wird.

Für die Schalker ist dies nur der nächste Zug im Transferpoker. Sie werten die Personalie Butt als neuesten bayerischen Winkelzug, als Versuch, Schalkes unverbindliche Preisempfehlung von 25 Millionen Euro zu drücken - nach dem Motto: Seht her, ihr Schalker, wir brauchen den Neuer nicht zwingend im Sommer 2011, wir haben ja unseren verlässlichen Butt. Und im Sommer 2012, ihr Schalker, da kriegen wir euren Neuer umsonst.

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Jörg Butt sieht das natürlich anders, er sieht sich als autonomen Sportler. "Ich habe nicht nur ein sehr gutes Gespräch mit dem Vorstand, sondern auch eines mit dem neuen Trainer Jupp Heynckes geführt", sagt er. Butt hat eine hohe Meinung von Heynckes, er hat ihn in den fünf Nach-Klinsmann-Wochen selbst erlebt, auch aus Leverkusen hört er nur das Beste. Offenbar beruht die Wertschätzung auf Gegenseitigkeit, denn Heynckes hat Butt signalisiert, er könne sich - sollte Neuers Transfer scheitern - auch sehr gut vorstellen, mit Butt als Nummer eins in die neue Saison zu starten.

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Butt ist ein cleverer Profi, natürlich weiß er, dass er seinem FC Bayern in diesem Poker als Sicherheit dient. Aber man kann auch davon ausgehen, dass er wirklich ein erhebliches Kribbeln in seinen Torwarthandschuhen spürt. Er kennt die Planungen fürs neue Jahr, die Umrisse der neuen Mannschaft, er wäre schon gerne dabei, wenn der eine oder andere Titel abfällt. Butt hat nichts zu verlieren - kommt Neuer noch nicht, hat er ein würdiges, mutmaßlich erfolgreiches letztes Karriere-Jahr vor sich; kommt Neuer doch gleich (was wahrscheinlich ist), könnte er in die Rolle des elder statesman schlüpfen.

Er könnte den Führungsspieler in der Kabine geben - eine Integrationsfigur, die nicht ständig spielen muss, um anerkannt und gehört zu werden. Und in seinen künftigen Job - den des Nachwuchskoordinators - könnte er sich womöglich nebenbei auch einarbeiten.

Offiziell hat Butt den neuen Posten auf 2012 vertagt, auf Schalke halten sie auch das für eine Kriegslist. Sie gehen davon aus, dass Jörg Butt nächste Saison durchaus Zeit haben wird, sich ab und zu mal um die Koordination des hauseigenen Talentepools zu kümmern; sie glauben, dass der FC Bayern nach all den Rensing-Butt-Kraft-Rochaden der vergangenen Jahre den Druck verspürt, die Torwartposition endlich dauerhaft - mit Neuer - zu besetzen.

Die Schalker setzen darauf, dass sie mit ihrer 20-Millionen-oder-mehr-Taktik am Ende durchkommen. Die Bayern setzen darauf, dass die Schalker das Geld so dringend brauchen, dass sie am Ende noch die eine oder andere Million heruntergehen werden.

Thomas Kraft hat inzwischen gekündigt beim FC Bayern, der junge Mann ist irgendwo zwischen Butt und Neuer verlorengegangen. Die Branche geht zu von einem Wechsel zu Hertha BSC aus, aber ganz sicher ist das noch nicht. Auch die Schalker haben sich vor kurzem mit ihm getroffen.

© SZ vom 04.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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