Bundesliga: Elf des Tages:"Böse, enttäuscht, erstaunt"

Bayern-Trainer Louis van Gaal stellt sich plötzlich gegen seine Mannschaft, Manuel Neuer pariert sogar gegen Ronaldo, Gladbachs Dante ist verflucht und Wolfsburg ärgert sich über eine Ich-AG.

des Spieltags

1 / 11
(Foto: dapd)

Louis van Gaal stellt sich plötzlich gegen seine Mannschaft, Manuel Neuer pariert sogar gegen Ronaldo, Gladbachs Dante ist verflucht und Wolfsburg ärgert sich über eine Ich-AG. Die Elf des Spieltags. So richtig war die Leistung von Manuel Neuer am Freitagabend nicht zu fassen. Schalke 04 hatte gegen Tabellenführer Dortmund überraschend einen Punkt geholt - und es war nicht zu viel der Ehre, Manuel Neuer daran exakt 97,2 Prozent Anteil zuzusprechen. Oftmals tauchten die Borussen frei vor seinem Kasten auf - und zwar nicht Roman Weidenfeller, Felipe Santana oder Lothar Sippel, sondern Erfolgskicker wie Lucas Barrios, Mario Götze oder Kevin Großkreutz. Nach dem Spiel gab sich Neuer auffallend pragmatisch: "Man darf sich weder von den äußeren Umständen, noch von den Dingen, die vor einem ablaufen, beeinflussen lassen. Ich muss einfach versuchen, die Bälle zu halten." Seit Oliver Kahn (vor seinem Patzer im WM-Finale 2002 gegen Ronaldo) hatte Deutschland wohl keine bessere Leistung eines Torhüters gesehen. Neuer hätte ganz sicher auch gegen Ronaldo pariert. Texte: Carsten Eberts und Jonas Beckenkamp

2 / 11
(Foto: Bongarts/Getty Images)

Nein, dieses Mal wollte er schießen. Diego war wild entschlossen, Wolfsburgs Elfer in Hannover zur Chefsache zu machen. Der kleine Brasilianer ließ sich von seinem Vorhaben auch nicht von Patrick Helmes abbringen, der eigentlich als Schütze vorgesehen war. Wie ein trotziger D-Jugendlicher schickte er Helmes fort, als wollte er sagen: "Meins!" Während draußen an der Seitenlinie Trainer Steve McClaren zum Rumpelstilzchen mutierte, lief Wolfsburgs Ich-AG an und knallte den Strafstoß an die Latte. Ein ähnliches Scharmützel hatte sich Diego im Dezember mit Edin Dzeko geliefert, als der nach einer identischen Ego-Nummer verschoss. McClaren kündigte wegen der erneuten Meuterei Konsequenzen an: "Ich bin sehr wütend. Das werden wir intern regeln." Womöglich mit einer teuren Strafe für das trotzige Kind.

3 / 11
(Foto: dapd)

Das Schicksal meint es nicht gut mit Gladbachs Defensivmann Dante Bonfim Costa Santos. Da war er gerade genesen von einer wochenlangen Malaise (erst Fußbruch, dann Innenbandanriss), erzielte gegen Stuttgart sein erstes Saisontor - und bereitete sogar ein weiteres vor, welches jedoch Schiedsrichter Kinhöfer aberkannte. Und als wäre das nicht schon genug an bösem Karma, erwischte Dante mit einer Grätsche den Ball und Pawel Pogrebnjaks Fuß gleichzeitig, was die gelb-rote Karte und einen Elfmeter zum 2:3-Endstand zur Folge hatte. Liegt am Ende über dem armen Dante der böse Fluch einer Hexe, die er einst betrogen hat? Anders wäre sein Pech kaum zu erklären.

4 / 11
(Foto: dapd)

Ob Edson Braafheid (Bildmitte) noch einmal sein Glück in Deutschland findet? Bei den Bayern suchte er es zumeist auf der Bank und selbst wenn er einmal spielte, dann wirkte er, als ginge ihm das Treiben in der Bundesliga viel zu schnell. Sein Abschied aus München war besiegelt, als er in der Kabine mit Louis van Gaal ein paar niederländische Nettigkeiten austauschte und endgültig aus dem Kader flog. Gerade angekommen in Hoffenheim, dauerte es gerade einmal sechs Minuten, ehe er nach seiner Einwechslung sein Debüt wieder beenden musste. Braafheid hatte Lauterns Tiffert im Liegen getreten und dafür Rot gesehen - obwohl Tiffert hinterher im ZDF sagte: "Das war kein Platzverweis, so schlimm war das nicht." Die Suche nach dem Glück findet für Braafheid auch in der kommenden Woche ihre Fortsetzung - auf der Tribüne.

5 / 11
(Foto: REUTERS)

Milivoje Novakovic ist ein Phänomen. Der Kölner Stürmer wandelt wie kaum ein anderer zwischen den Extremen der Lustlosigkeit und des hochveranlagten Verteidigerschrecks. Gegen die Bayern präsentierte sich der Slowene zumindest für Gegenspieler Holger Badstuber als ständiges Ärgernis, denn er war für den jungen Münchner nicht in den Griff zu kriegen. Als der Ball vor dem 2:2 kreuz und quer durch den Strafraum segelte, stand am Ende Novakovic frei und köpfte ein. Als der launige Angreifer anschließend beim 3:2 allen davonlief, musste man ernsthaft annehmen, dass Badstuber bei der großen Novakovic-Sause nicht mehr im Weg stehen wollte. Das Phänomen spielte phänomenal, zumindest dieses Mal.

6 / 11
(Foto: dapd)

Beim FC Bayern hat Holger Badstuber einen großen Vorteil: Er darf tatsächlich auf der Position spielen, für die er ausgebildet wurde: in der Innenverteidigung. Der Nachteil jedoch ist, dass Badstuber derzeit spielt, als sei er auf genau jener Position bereits in der C-Jugend ausgemustert worden. Gegen Köln leistete er sich nach nur 19 Spielminuten einen unglaublichen Stellungsfehler. Dass er nach seiner anschließenden Notbremse an Novakovic weiterspielen durfte, dafür entschuldigte sich später sogar Schiedsrichter Felix Zwayer. Am Ende hatte die von Badstuber organisierte Defensive drei Gegentore hinnehmen müssen. Drei Gegentore!! Gegen Köln!! In dieser Konstitution muss Badstuber aufpassen, dass er seinen Stammplatz nicht bald an Miroslav Klose verliert.

7 / 11
(Foto: imago sportfotodienst)

Louis van Gaal hörte sich diesmal anders an. Irgendwie konsterniert, fassungslos - und richtig böse. Bislang waren es ja meist äußere Umstände, die am Niedergang des FC Bayern Schuld trugen: verletzte Spieler, unnötige Aussagen von Präsidenten oder natürlich die Journalisten, die von Fußball eh keine Ahnung haben. Doch diesmal hatte van Gaal genug. Minutenlang hatte er nach dem Schlusspfiff alleine auf der Bank ausgeharrt, anschließend stellte er sich nicht wie üblich vor seine Mannschaft - sondern klagte offen an. "Ich bin böse, enttäuscht und erstaunt", sagte van Gaal nach dem höchst unnötigen 2:3 in Köln: "Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir ein Spiel hergeben. Es ist das vierte oder fünfte Mal, dass es passiert. Es mangelt an Konzentration." Ob er Borussia Dortmund bereits zur Meisterschaft gratulieren wolle? Van Gaal sagte: "Wenn Sie das wollen, können Sie das machen." Auch das hatte es bis dahin nicht gegeben.

8 / 11
(Foto: Bongarts/Getty Images)

Christian Eigler verbrachte einen vielseitigen Samstagnachmittag. In einer Partie, in der Nürnberg wenig zimperlich zu Werke ging und Leverkusen mit kernigen Zweikämpfen den Spaß am Spiel verdarb, setzte Eigler zunächst den einzigen Höhepunkt: Nach 59 Minuten des Zwickens, Ziehens und Zeterns schnappte er sich das Spielgerät vor dem Bayer-Strafraum und drosch es kurzerhand in den Winkel - Nürnberg führte mit 1:0 und Eigler, der einst vor lauter Heimweh aus Bielefeld in seine fränkische Heimat zurückflüchtete, hatte scheinbar noch nicht genug erlebt. Kurz vor Schluss säbelte er Bayers Daniel Schwaab um und sicherte sich mit Gelb-Rot einen verfrühten Duschgang. Vielleicht wollte Eigler den Sieg des FCN alleine auskosten.

9 / 11
(Foto: dapd)

Der Hamburger SV befindet sich derzeit nicht in allerbester Konstitution, das weiß auch Holger Stanislawski. Der HSV ist schlagbar, vor allem jetzt, dachte sich der Trainer des FC St. Pauli - und fiel entsprechend aus allen Regenwolken, als die Spielabsage für das sonntägliche Derby hereingespült wurde. Der Regen - zu stark. Der Platz - unbespielbar. Stanislawski - witterte eine Verschwörung. "Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, dass dieses Spiel nach zwei Tagen Regen in Hamburg nicht stattfinden kann", ereiferte sich der Übungsleiter. Die Situation beschreibt trefflich das Image der beiden Hamburger Klubs: Der HSV sorgt sich um seinen feinen Rasen. Stanislawski hätte den Regen am liebsten weggegrätscht.

10 / 11
(Foto: dpa)

Vielleicht sollte Claudio Pizarro nur noch gegen Mainz spielen - das ganze Jahr, jeden Tag seines Lebens, einfach immerzu nur gegen den FSV Mainz 05. Als der Peruaner seine Bremer an diesem Wochenende in der 92. Minute mit dem Ausgleich zum 1:1 vor einer noch tieferen Depression bewahrte, schraubte er seine persönliche Mainz-Statistik auf eine beeindruckende Marke: Es war sein zehntes Tor im neunten Spiel gegen den FSV. Für dieses späte Glücksgefühl in einem frustrierenden Spiel hatte der Werder-Angreifer hart gearbeitet, er hatte gegrätscht, gebissen und gekämpft wie man es von Claudio Pizarro nicht unbedingt gewohnt ist. Aber schließlich ging es ja gegen Mainz.

11 / 11
(Foto: dapd)

Auch Adam Szalai bekommt seinen Platz in der Elf des Spieltags - obwohl er nach seinem Kreuzbandriss gar nicht spielen konnte. Doch irgendwie war der Ungar doch dabei, als die Mainzer André Schürrles Tor zum 1:0 gegen Bremen feierten. Ihre gewohnte "Boygroup"-Choreographie, die inzwischen ja schon etwas Staub angesetzt hat, konnten sie wegen des Fehlens von "Schlagzeuger" Szalai nicht präsentieren - dafür zeigten sie das Trikot ihres ausgefallenen Teamkollegen. Das ist echter Mannschaftsgeist! Wenn bei Take That zu jeder Zeit alle so loyal gewesen wären, hätten sich die süßen Boys um Robbie Williams sicher nie getrennt. Trotzdem sei gefragt: Wer trommelt in Zukunft an Szalais Stelle? Und wer sorgt für den Groove, wenn "Bassist" Schürrle bald in Leverkusen die Saiten zupft?

© sueddeutsche.de/ebc/jbe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: