Borussia Mönchengladbach:Reif für die Couch

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Ist als Psychologe und Trainer gefragt: Marco Rose. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Gladbach tritt stark verbessert in Augsburg auf, doch die Misere setzt sich auf besonders bittere Weise fort. Trainer Marco Rose macht wenig Hoffnung auf eine schnelle Linderung.

Von Maik Rosner, Augsburg

Die Frage kam für Marco Rose offenbar ein bisschen unvermittelt, entsprechend lang fiel seine Denkpause aus. Gefragt worden war der Trainer von Borussia Mönchengladbach, ob dieses 1:3 (0:0) beim FC Augsburg, also die sechste Niederlage hintereinander, trotzdem womöglich ein Wendepunkt gewesen sei. Rose stockte, überlegte und antwortete schließlich: "Das fühlt sich im Moment nicht so an."

Es war einer dieser vielen Augenblicke am Freitagabend in der Augsburger Arena, in dem die ganze Misere der Gladbacher auch Außenstehenden fast schon Schmerzen bereitete, allein schon aus Mitgefühl. Denn tatsächlich hatte die Borussia ein Spiel verloren, das sie in der ersten Halbzeit beinahe nach Belieben diktiert hatte und schon für sich hätte entscheiden können. Oder wie es Rose in seiner Bestandsaufnahme nach der vielleicht besten Leistung der vergangenen Wochen formulierte: "Wir können aus diesem Spiel viele positive Dinge mitnehmen, außer natürlich das Ergebnis. Und das ist nun mal das Kernthema." Der angestrebte Einzug in den Europapokal rückt so in immer weitere Ferne und erscheint kaum noch realistisch. In Mönchengladbach blicken sie auf nur einen Punkt aus den vergangenen acht Pflichtspielen und auf sechs Niederlagen inklusive Pokalaus gegen Borussia Dortmund zurück, seitdem Rose seinen Wechsel zum BVB zur kommenden Saison offiziell verkündet hat.

Sportdirektor Max Eberl hat dem 44 Jahre alten Fußballlehrer längst eine Arbeitsplatzgarantie bis zum Saisonende ausgestellt, weil er von dessen Wirken weiter überzeugt ist. Und der Auftritt in Augsburg ließ in der Tat keine Zerfallserscheinungen zwischen dem Trainer und seiner Belegschaft erkennen, weshalb auch Rose weiterhin nicht an einen Rücktritt denkt. Entsprechende Fragen danach beantwortete er mit einem knappen "Nein". Zugleich räumte er ein, er könne diese Fragen "natürlich schon nachvollziehen". Rose sagte: "Natürlich brauchen wir Ergebnisse auf dem Niveau, und die bleiben jetzt schon ein paar Wochen aus."

Stindl schießt einen Elfmeter am Tor vorbei

In Augsburg setzte sich die Misserfolgsserie auf besonders bittere Weise fort. Alleine bis zur Pause waren die Gäste drei Mal frei auf Torwart Rafal Gikiewicz zugelaufen, hatten diese Großchancen durch Florian Neuhaus, Lars Stindl und Valentino Lazaro aber vergeben. Danach schoss Kapitän Stindl auch noch einen Foulelfmeter rund einen Meter am Tor vorbei (38.), nachdem er in dieser Saison zuvor in der Bundesliga und Champions League sechs Strafstöße verwandelt hatte. Insgesamt 28 Gladbacher Torschüsse erfassten die Statistiker in Augsburg, sieben davon flogen auf das Tor. Aber nur einer fiel ins Netz, der Rechtsschuss von Neuhaus zum zwischenzeitlichen 1:1 (68.). Der FCA dagegen brachte exakt drei Bälle aufs Tor der Borussia und durfte drei Mal jubeln.

Es fügte sich ins Bild der fast schon grotesken Gegensätze, dass Augsburgs Führung aus einem Kopfball des kurz zuvor eingewechselten Ruben Vargas hervorging (52.). Der Schweizer misst gerade einmal 1,74 Meter, weshalb sein Trainer Heiko Herrlich trotz punktueller Erfolgserlebnisse von Vargas mit der Stirn glaubhaft versichern konnte: "Als Kopfballungeheuer ist er bisher noch nicht in Erscheinung getreten." In der 76. Minute traf Marco Richter in einer weiteren Gladbacher Drangphase ziemlich unvermittelt mit einem "Kuddelmuddel-Gegentor" (Stindl) zu Augsburgs 2:1, zugleich ein weiterer "Nackenschlag" (Rose). Und schließlich lupfte André Hahn locker-leicht über Torwart Yann Sommer hinweg zum Endstand ein (89.), obwohl Hahn bisher auch eher nicht als Filigrantechniker auffällig geworden ist.

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Das untypische Kleinkunstwerk des ehemaligen Gladbachers Hahn passte zum Gesamtbild dieser kuriosen Niederlage der Borussia in ihrer misslichen Gemengelage. Bei den Augsburgern klappte an diesem Abend beim Toreschießen alles und bei den Borussen so gut wie nichts, obwohl sie über weite Strecken die deutlich überlegene Mannschaft gewesen war und gut gespielt hatte. Doch die Borussen wirken in den entscheidenden Situationen wie blockiert, als fühlten sich Selbstverständlichkeiten mittlerweile wie Schwerstarbeit für sie an, Versagensängste inklusive. Etwas flapsig formuliert, scheint die Mannschaft reif für die Couch oder für einen Fohlen-Flüsterer, wenn man so will. Zumal sich der psychologische Ballast mit jedem Misserfolg noch erhöht.

Wohl auch, weil die Agenda eher keine schnelle Linderung verspricht, konnte sich Rose nicht zu einem optimistischen Ausblick durchringen. Das Rückspiel im Achtelfinale der Champions League gegen Pep Guardiolas Manchester City am Dienstag in Budapest "passt uns jetzt eigentlich nicht so richtig in den Kram, weil wir gerne eine Trainingswoche hätten, um uns auf die Kernaufgaben vorzubereiten, auf Punkte in der Bundesliga", gab Rose zu. Zumal nach der 0:2-Niederlage im Hinspiel, in dem die Gladbacher ziemlich chancenlos gewesen waren "gegen die Mannschaft, die wahrscheinlich am besten in Form ist in Europa", wie er befand. Zum Rückspiel sagte Rose betont zurückhaltend: "Ich glaube, wir dürfen da keine Wunderdinge von uns erwarten." Danach kommt es in der Bundesliga zum Krisengipfel beim FC Schalke 04. In der Hinrunde hatte Gladbach noch mit einer locker-leichten Selbstverständlichkeit 4:1 gegen den Tabellenletzten gewonnen. Aber das ist gefühlt sehr lange her.

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