Julian Brandt hatte keine Lust, weitere Fragen zu beantworten, nachdem er schon dem Dortmunder Vereins-Fernsehen Rede und Antwort gestanden hatte. Doch weil er offenbar gut erzogen ist, blieb er doch noch bei den wartenden Journalisten stehen. Er versteckte seine Analyse nicht hinter Floskeln, sondern analysierte die wenig schmeichelhafte Leistung seiner eigenen Mannschaft klar und deutlich.
"Spielerisch läuft es nicht gut momentan", sagte Brandt nach dem 2:2 (0:1) in Freiburg. "Und wenn es dann ums Kämpferische geht, gibt es Mannschaften, die besser sind als wir." So zutreffend diese Feststellung war, sie ähnelte fast einer Bankrotterklärung einer Mannschaft, die am Samstag das dritte 2:2 im dritten Ligaspiel in Serie zustande gebracht hatte - und das gegen die nicht eben als Champions-League-Aspiranten geltenden Mannschaften aus Frankfurt, Bremen und Freiburg.
Wieder war der BVB in Führung gelegen, zweimal sogar. Wieder kassierte der BVB in den letzten Spielminuten den Ausgleich. "Wenn du 1:0 und 2:1 führst und unsere Qualität hast, dann musst du das spielerisch lösen können", formulierte Brandt die Ansprüche an sich und seine Mitspieler. Das sei seinem Team ebenso wenig gelungen wie die Räume zu nutzen, die die aufopferungsvoll kämpfenden Freiburger dem BVB gegen Ende gelassen hätten. "Man hat gemerkt, dass sie auch ein bisschen platt waren." Am Ende waren die Freiburger fünf Kilometer mehr gelaufen als die Dortmunder.
Dabei hatte der BVB am Samstag alle Trümpfe in der Hand gehalten. Er war nach einem schönen Volleyschuss von Axel Witsel in Führung gegangen (20.) und hatte nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich durch Freiburgs Luca Waldschmidt (55.) erneut die Oberhand gewonnen. Diesmal war es Achraf Hakimi, der Freiburgs Lukas Kübler anschoss und so das 2:1 erzielte (67.). Doch wer dachte, dass der zweite Treffer den wankelmütigen Dortmundern Selbstsicherheit verleihen würde, sah sich getäuscht. Während der BVB das Spiel nur noch verwaltete und keine Anstalten machte, einen dritten Treffer zu erzielen, erzwang Freiburg regelrecht den Ausgleich: Dortmunds Abwehrmann Manuel Akanji fälschte eine Hereingabe von Vincenzo Grifo ins eigene Tor ab (90.).
Was danach zu sehen war, ist das mittlerweile bekannte Szenario: Dortmunder Spieler, die mit hängenden Köpfen in Richtung der eigenen Fans gingen und scheinbar selbst nicht so recht wussten, was schon wieder passiert war. "Wenn man zwei Mal in Führung geht, darf das nicht passieren", fand auch Trainer Lucien Favre: "Wir müssen bis zur letzten Sekunde konzentriert bleiben." Für seinen niedergeschlagenen Kollegen hatte Freiburgs Trainer Christian Streich ein paar tröstende Worte: "Lucien, immerhin haben die Bayern verloren." Ihm selbst dürfte das auch ganz recht sein. Dadurch ist Freiburg momentan punktgleich mit dem Rekordmeister an der Tabellenspitze.