Die Strafrunde ist in Ruhpolding durchaus positiv besetzt, das feiernde Volk trifft sich dort höchst freiwillig, handelt es sich doch um ein fast schon legendäres Lokal auf der Festmeile dieses Orts. Eventuell hat sich der deutsche Biathlet Benedikt Doll etwas zu sehr von der lokalen Attraktion inspirieren lassen, denn die Strafrunde war am Donnerstag ganz seine Sache. Allerdings, und hier beginnt das Problem, nicht das Lokal, sondern die 150-Meter-Extraschleife im Biathlonstadion. Gleich zweimal musste Doll dort beim Staffelrennen der Männer einbiegen - und vergab so die Chance auf einen deutschen Sieg.
Hätten Justus Strelow, Johannes Kühn, Doll und Philipp Nawrath beim Heimweltcup mit der Staffel gewonnen, wäre Männer-Cheftrainer Uros Velepec in interessantem Outfit angetreten. Der 56 Jahre alte Slowene hatte angekündigt, im Falle eines Siegs beim nächsten Rennen die Unterhose über seiner Hose zu tragen, wie "Superman". Dieser Anblick blieb der Zuseherschaft am Donnerstag verwehrt. "Der erste Platz ist was wir wollten, der zweite Platz ist der erste Verlierer", so Velepecs Fazit nach dem Rennen in der ARD. Und doch durfte das deutsche Quartett am Ende froh sein, dass es überhaupt noch zum Podium gereicht hatte.
Biathlon-Arzt:"Wer viel Stress hat, ist anfälliger"
Wie kommt man im Winter gut durch die Erkältungswellen? Erkundigungen bei Sebastian Torka, der die deutschen Biathleten als Teamarzt betreut - und "normale" Patienten in seiner Praxis empfängt.
Für das DSV-Quartett schien der erste Staffelsieg seit März 2021 möglich, nachdem Strelow (fehlerfrei) und Kühn (ein Nachlader) gut vorgelegt hatten. Doch dem zweimaligen Saisonsieger Doll versagten im Stehendschießen die Nerven. Drei Nachladepatronen reichten dem Schwarzwälder nicht, um alle fünf Scheiben zu treffen. "Es ist verrückt, dass so etwas nach so vielen Jahren im Biathlon noch passiert", sagte Doll und konnte seinen Aussetzer vor 12 000 Zuschauern selbst kaum fassen. Der Fauxpas beim Stehendschießen warf das deutsche Quartett nach langer Führung zwischenzeitlich bis auf Platz sieben zurück.
Schlussläufer Nawrath rettete mit einem starken Auftritt noch den zweiten Platz. "Für mich war klar, es geht jetzt wahrscheinlich nicht mehr um den Sieg", sagte Nawrath später. Also änderte er den Plan. "Ans Podium anzuschließen, das war mein Ziel." Das nicht gerade für Zurückhaltung bekannte Ruhpoldinger Publikum sei bei diesem Unterfangen durchaus hilfreich gewesen. "Besonders am Schießstand", so Nawrath.
Nach den beiden Extrarunden und insgesamt sieben Nachladern landete das Team des Deutschen Skiverbands mit 45,0 Sekunden Rückstand am Ende - wie so oft - hinter Olympiasieger Norwegen auf dem zweiten Platz. Dritter wurde über vier mal 7,5 Kilometer das Team aus Italien.
Am Mittwoch hatten die deutschen Frauen in Ruhpolding den dritten Rang belegt, was ihnen einen Auftritt bei der Siegerehrung am Abend einbrachte. Ebenso wie den deutschen Männern samt Benedikt Doll. Geehrt wird auf der Feiermeile im sogenannten Champions Park, unweit der Strafrunde für freiwillige Gäste.