Bayern gewinnt locker in Villarreal:Alles unter Kontrolle

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Mit einem 2:0 beim spanischen Klub FC Villarreal startet der FC Bayern in ein Champions-League-Jahr, das in München enden soll. Sollte der Rekordmeister weiter so souverän spielen, könnte es mit dem Finale in der heimischen Arena tatsächlich klappen. Tore von Kroos und Rafinha sichern dem Team von Jupp Heynckes einen gelungenen Abend - und es zeigt sich immer mehr die Handschrift des Trainers.

Das eigene Wohnzimmer ist in der Regel ein gemütlicher Ort. Man richtet es nach eigenen Vorstellungen ein, ein bisschen repräsentativ darf es ruhig sein, gerne empfängt man Gäste. Eine fragwürdige Art der Gastlichkeit ist es allerdings, jemanden in die eigene Wohnstube zu bitten und dann nicht da zu sein.

Für den FC Bayern ist dies sogar eine aktuelle Schreckensvision: das am 19. Mai 2012 in ihrem schicken Fröttmaninger Wohnzimmer eine rauschende Final-Party ausgerichtet wird, allerdings ohne den Gastgeber aus München. Aus der Champions League ist jedenfalls kein ermutigender Fall bekannt: Noch nie hat es die Mannschaft einer Final-Stadt ins Finale geschafft.

Bayern träumt von München, unter diesem Motto steht für den deutschen Rekordmeister die aktuelle Champions-League-Kampagne, die am Mittwochabend immerhin mit einem lockeren und hoch verdienten 2:0 (1:0) beim FC Villarreal begann. "Meine Mannschaft hat heute mit ganz wenigen Ausnahmen sehr souverän gespielt", freute sich Trainer Jupp Heynckes, dem vor allem die rechte Seite des Torverhältnisses wieder eine geradezu diebische Freude bereitete. "Schon wieder zu Null, das war das Wichtigste", sagte Heynckes, der in einem früheren Leben angeblich mal Stürmer war.

Vielleicht bald Endspiel-tauglich

Über die Endspiel-Tauglichkeit ist damit noch relativ wenig ausgesagt, aber eine Botschaft nehmen die Bayern auf jeden Fall mit nach Hause: Sie sind wieder der FC Bayern.

Sie spielten über weite Strecken wieder so, wie sie das traditionell von sich selbst erwarten: souverän, abgebrüht, im entscheidenden Moment zielgerichtet. Es scheint, als sei der FC Bayern tatsächlich dabei, die Nach-van-Gaal-Ära einzuläuten: Der FCB ist auf dem Weg, sich in eine realistische Heynckes-Mannschaft zurück zu verwandeln - in eine Elf, die gegen Bundesliga-Schwächlinge gerne mal feierlich 5:0 oder 7:0 gewinnt, die für eine Etage höher aber auch den notwendigen Zweckfußball im Repertoire hat.

Zu den alten Bayern-Reflexen gehört es auch, in einem konkurrenzfähigen Kader ein bisschen durchzuwechseln. So ein radikaler Rotierer wie Ottmar Hitzfeld ist Jupp Heynckes nicht, aber auch er hält dieses Stilmittel für nötig, um den Kader bei Laune und unter Spannung zu halten. So bekamen der gegen Freiburg gute Rafinha und der gegen Freiburg sehr gute Luiz Gustavo eine kleine Verschnaufpause verordnet, an ihrer Stelle bekamen Daniel van Buyten und Anatoli Timoschtschuk Spielpraxis verordnet.

Jerome Boateng, zuletzt ordnungsgemäß in der Innenverteidigung verwendet, rutschte dafür in die wenig geliebte Rechtsverteidiger-Rolle. Es war ein durchaus riskantes Unterfangen, der renommierten gegnerischen Doppelspitze Nilmar/Rossi das nicht direkt gelenkige Duo Badstuber/van Buyten entgegenzustellen - ein-, zweimal durften die beiden Bayern-Verteidiger dann tatsächlich ein paar Grenzerfahrungen machen gegen den brasilianischen und den italienischen Nationalstürmer, aber die Bayern profitierten davon, dass Villarreals Trainer Garrido seine eigentlich so heimstarke Elf doch recht demütig auf- und eingestellt hatte.

Alleine der vordere Mittelfeldspieler Guzman kam den beiden Angreifern zu Hilfe, der Rest des Teams schien zu viel Bayern gegen Freiburg (Endstand 7:0) geschaut zu haben. Zögerlich rückte die Heim-Elf nach, zu zögerlich, um die von Heynckes auf Kompaktheit getrimmte Bayern-Elf wirklich zu ärgern.

Auftakt in der Champions League
:Gute italienische Tradition

Der AC Mailand trifft in Barcelona nach 24 Sekunden und in der Schlussminute und holt unverdient einen Punkt. Dortmund müht sich mit Erfolg gegen Arsenal, Leverkusen verliert deutlich, während Michael Ballack noch einmal die Hauptrolle spielen darf.

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Einen hatten Villarreals Profis bei der Analyse der letzten Münchner Partien aber womöglich übersehen: den Bayern-Spieler Franck Ribery, dessen Lust und Laune eigentlich unübersehbar waren. Für alle, die Ribery zuletzt verpasst hatten, fasste der Franzose seine aktuelle Form in der siebten Minute kurz und bündig zusammen: Am linken Flügel trat er an, ließ Gaspar und Senna stehen und passte vom Strafraumeck schräg nach innen, wo ein weiterer Spieler auftauchte, der Villarreal in der Analyse womöglich entgangen war.

Fortsetzung der Bayern-Show: Gegen Villarreal wirkte bei den Münchnern wieder einmal alles ganz leicht - Toni Kroos (Mitte) war der Torschütze zum 0:1. (Foto: dpa)

Toni Kroos, erneut als zentraler Offensivmann hinter Mario Gomez aufgeboten, nutzte jenen Raum und jene Zeit, die ihm zwei verdutzte Verteidiger gewährten, aus 12 Metern vergnügt zu einem trockenen Abschluss - es war der frühe Führungstreffer, der dem Spiel der Heynckes-Bayern sehr zupass kam. Gomez per Kopf (14.) und Schweinsteiger aus 28 Metern (20.) hatten die Chance zum 2:0; Gomez schoss drüber, Schweinsteiger scheiterte an Torwart Lopez.

Hätten sie getroffen, hätte die Uefa das Spiel wegen Belanglosigkeit einstellen können - so blieb der Partie dank des knappen Resultats eine gewisse Spannung, einmal musste sogar der in den vergangenen Wochen bedenklich unterbeschäftigte Manuel Neuer gegen Rossi retten (21.). Rossi hatte van Buyten überlaufen, dessen Muskulatur dem Sprint nicht standhielt - er musste verletzt raus, für ihn kam Rafinha, Boateng durfte wieder auf die geliebte Zentralposition.

Münchner Kontrollfreaks

Die Versuchsanordung blieb dieselbe: Villarreal versuchte es, ohne sich wirklich zu trauen, die Kontrollfreaks aus München hatten alles im Griff. Sie hatten alles so sehr im Griff, dass sie in der zweiten Hälfte leichtsinnig wurden. Mehrfach verschusselten sie das überfällige 2:0, wobei sich auch der für den angeschlagenen Gomez ins Spiel gekommene Nils Petersen auszeichnete. Er scheiterte an Lopez (61.), wenig später lenkte Kroos den Ball nach schöner Vorarbeit von Petersen an den Pfosten (69.).

Ganz ungefährlich waren Rossi und Nilmar auf der anderen Seite nicht, weshalb Rafinha beschloss, die unnötige Zitterpartie zu beenden. Auf seinem rechten Flügel brach er zum Solo auf, tunnelte einen Abwehrspieler und drosch den Ball zum 2:0 ins kurze Eck (76.). Das war's dann - aber noch fehlen elf Spiele bis zur Party im eigenen Wohnzimmer.

© SZ vom 15.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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