FC Bayern nach dem Supercup:Gereizt an den Tegernsee

Lesezeit: 4 min

Uli Hoeneß erlebte in Dortmund einen schweren Einstieg in die Saison seines FC Bayern. (Foto: dpa)
  • Der FC Bayern braucht neue Spieler - diese Erkenntnis verfestigt sich auch nach der Niederlage in Dortmund im Supercup.
  • Stürmer Lewandowski fordert offen Verstärkungen, Leroy Sané soll bald nach München kommen, doch er ist verletzt.

Von Martin Schneider, München

Es war vor ziemlich genau einem Jahr, da kündigte Uli Hoeneß an, dass beim FC Bayern nun wieder "richtig gearbeitet" werden sollte. Niko Kovac war der neue Trainer, die Münchner zogen ins Trainingslager in das beschauliche Örtchen Rottach-Egern am südlichen Ende des Tegernsees. Man sah Kovac, wie er energisch Anweisungen gab, man sah schwitzende Spieler, es machten sogar Gerüchte die Runde, Kovac könnte seine Männer wie einst Felix Magath den 1722 Meter hohen Wallberg hochscheuchen. Die größte Sorge damals: Führt das harte Training nicht zur Überbelastung? Führte es nicht. Tage später fertigte der FC Bayern Eintracht Frankfurt im Supercup mit 5:0 ab.

In diesem Jahr ist die Reihenfolge umgekehrt, erst Supercup, dann Tegernsee, und für Sorgen zur Überbelastung ist diesmal zwischen all den anderen bayerischen Sorgen schlicht kein Platz. Der FC Bayern hofft einfach darauf, dass er diese Vorbereitung irgendwie glaubhaft in zwei Teile teilen kann: in die turbulente Phase vor dem Tegernsee - und in eine Aufbruch-Phase nach dem Tegernsee.

Sanés Begrüßung könnte ein "Jetzt-geht's-erst-los"-Signal sein

Das 0:2 im Supercup gegen Dortmund offenbarte jedenfalls einige Schwächen der Bayern - wenngleich den Münchnern phasenweise ansehnliche Aktionen gelangen, die allerdings nicht konsequent zu Ende gespielt wurden. Vielsagend war bereits die unmittelbare Reaktion nach dem Schlusspfiff, als die komplette FC-Bayern-Chefetage nach dem Spiel sofort zur Mannschaft ging. Das Dortmunder Stadion ist so gebaut, dass die Vip-Plätze nicht wie gewöhnlich über, sondern gegenüber der Auswechselbank liegen.

Sorgen für FC Bayern
:Sané verletzt sich am Knie

ManCity-Trainer Guardiola setzt den vom FC Bayern umworbenen Leroy Sané im Supercup in der Startelf gegen Liverpool ein - nach zwölf Minuten muss der Stürmer ausgewechselt werden.

Präsident Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge mussten also über den Rasen marschieren, um zum Team zu gelangen, und holten sich dabei natürlich ein Riesenpfeifkonzert von der Südtribüne ab. Man sah Hoeneß, wie er mit Kovac sprach, wie er zu einzelnen Spielern ging. Dieses Bild der Fürsorge und der Geschlossenheit war dem womöglich scheidenden Präsidenten offensichtlich in der aktuellen Situation sehr wichtig.

In den 90 Minuten zuvor konnten sich die Chefs komprimiert all ihre derzeitigen Probleme angucken: das fehlende Tempo bei den BVB-Kontern, das schon im vergangenen Jahr ebendort zur Niederlage führte; die mangelhafte taktische Abstimmung im Mittelfeld; den dünnen Kader, der nicht mal die Ersatzbank komplett ausfüllt - und vor allem die allgemeine Gereiztheit, weil alles nicht so reibungslos läuft, wie es die Bayern gewohnt sind.

Symbolisiert wurde dies durch Joshua Kimmichs Tritt gegen Sancho und die Reaktionen darauf. Kimmich stieg dem besten Dortmunder Spieler in der 76. Minute mit den Stollen auf den Fuß, als er den Ball zum Einwurf haben wollte. Er sah dafür nur Gelb, auch nach Überprüfung durch den Videoschiedsrichter. Kimmich beteuerte, es sei keine Absicht gewesen, er habe den Ball "mit der Sohle herziehen wollen, und dann hat Sancho sein Bein dazwischen gestellt". Auf TV-Bildern sah es dagegen eher so aus, als würde er ihn schlicht aus Frust treten. Sportdirektor Hasan Salihamidzic lieferte mit der Aussage, das sei noch nicht mal eine gelbe Karte gewesen, die steilste Interpretation des Abends.

BVB vs FC Bayern im Supercup
:Dem Giganten durch die Beine

Frechheit siegt nicht immer, aber manchmal: Im Supercup gegen den FC Bayern präsentieren die Dortmunder nicht nur eine clevere Strategie, sondern auch ihren breit aufgestellten Luxuskader.

Von Freddie Röckenhaus

Bis zum 2. September sind alle Transfer-Baustellen abzuarbeiten

Dass Münchner Frust da war, das war jedenfalls nicht zu leugnen. Kimmich sprach von einem "Fehler-Festival", er erkannte ein Muster, wie der FC Bayern in Dortmund seine Tore kassierte, und attestierte der Mannschaft Naivität. Manuel Neuer drückte es im Kern ähnlich, aber diplomatischer, Robert Lewandowski drastischer aus.

"Das waren ähnliche Fehler wie in der letzten Saison. Ich hoffe, dass solche Fehler nicht noch mal passieren", sagte der Pole mit viel Ernst in der Stimme. Er war auch der einzige, der das verbotene Thema Kaderplanung ansprach. "Die jungen Spieler haben Potenzial. Aber wir brauchen direkt jemanden, der uns weiterhilft. Heute konnte man sehen, was passiert, wenn wir nur so wenige Profispieler haben", sagte er.

Womit man bei der unendlichen Leroy-Sané-Geschichte wäre. Die bekam am Sonntag ein neues, fast unglaubliches Kapitel: Pep Guardiola setzte den deutschen Nationalspieler in der Community Shield (englischer Supercup) gegen den FC Liverpool ein, was man eigentlich nicht macht mit einem Spieler, der kurz vor einem teuren Verkauf steht. Doch bereits nach 13 Minuten musste Sané ausgewechselt werden.

Frusttritt? Bayerns Joshua Kimmich und sein Opfer Jadon Sancho. (Foto: Martin Meissner/AP)

Er hatte sich im Zweikampf mit Trent Alexander-Arnold am rechten Knie verletzt. Es sah so aus, als habe er Schmerzen, jedenfalls hob er sofort die Hand, um zu signalisieren, dass etwas nicht stimme. Die Ärzte waren direkt bei ihm, er ging für Gabriel Jesus vom Feld. Eine Diagnose gab es vorerst nicht, doch bei der Siegerehrung stand Sané wieder im Kreis seiner City-Kollegen, die Liverpool nach einem 1:1 im Elfmeterschießen besiegt hatten. Und auch das erste Statement von Guardiola zu Sanés Blessur klang nach Entwarnung: "Der erste Eindruck war nicht gut, aber ich glaube, es ist nicht schlimm. Es geht ihm gut."

Sané im Bayern-Shirt vor dem Wallberg und dazu die Nachricht, dass der 80-Millionen-Euro-Zugang Lucas Hernandez ab Dienstag ins Training einsteigen wird, - das wäre für die Bayern jedenfalls eine Kraftdemonstration vor Traumkulisse. Uli Hoeneß könnte die Investitionen des Festgeldkontos quasi vor seiner Haustür sehen, der Präsident wohnt seit Jahren am Tegernsee. Und es wäre das Jetzt-geht-es-erst-richtig-los-Szenario, das die Bayern in diesen nervösen Wochen herbeisehnen.

Aber unabhängig davon, was passiert, steht der Feldspieler-Zähler immer noch nur bei 17 oder 18. Das ist der mit Abstand kleinste der Liga, und er wäre auch mit Sané kleiner als in der vergangenen Saison. Zu klein für alle drei Wettbewerbe, da sind sich alle einig. Die offizielle Transferstrategie lautete daher auch: erst die großen Bausteine, dann die kleineren. Das Transferfenster schließt diesmal erst am 2. September - bis zu diesem Zeitpunkt sind schon eine Pokalrunde und drei Bundesliga-Spieltage absolviert.

© SZ vom 05.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Supercup BVB vs Bayern
:Euphorie schlägt Nervosität

Der 2:0-Sieg der Dortmunder im Supercup zeigt, wie stark die Borussia schon jetzt ist - und wo der FC Bayern die größten Baustellen hat.

Von Martin Schneider

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: