Bayer Leverkusen:Das Elend mit den Elfmetern

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Setzt die Serie der vergebenen Leverkusener Elfmeter nahtlos fort: Moussa Diaby schießt den Ball neben das Tor. (Foto: Christof Koepsel/Getty)

Animiert von einem achtseitigen Brief der Bayer-Fans und dem inspirierten Solo eines Ersatzspielers rettet Leverkusen ein 2:2 gegen Wolfsburg - aber Zufriedenheit kehrt nicht ein.

Von Milan Pavlovic, Leverkusen

Am Ende flossen Tränen, und die Schmerzen waren nachvollziehbar, denn der kleine Junge in der Kurve war hart von einem Frustball von Jeremie Frimpong getroffen worden. Immerhin musste der Fan nicht wieder um den Werksklub weinen, und Frimpong, der dem Junior nach dem versehentlichen Treffer rasch sein Trikot vermachte, konnte für sich reklamieren, den nächsten Knockout von Bayer Leverkusen verhindert zu haben.

Der Niederländer hatte das 2:2 gegen den VfL Wolfsburg erzielt, das Bayer ein wenig aufatmen ließ - das Remis war fast so wertvoll wie ein Sieg, weil es leicht eine bittere Niederlage hätte werden können. Auch aus der Fan-Kurve, die ihr Team vor der Partie mit einem achtseitigen offenen Brief anstacheln wollte, klangen friedliche Signale an, obwohl Bayer es versäumt hatte, durch einen Sieg bis auf Platz 13 vorzurücken.

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VfL-Coach Niko Kovac mühte sich, der ziemlich uninspirierten Darbietung seiner Elf etwas Versöhnliches abzugewinnen. "Es war kein gutes Spiel", gab der Kroate zu, "aber in Leverkusen zu punkten, ist sehr schwierig, auch in der aktuellen Situation." Auf der anderen Seite bilanzierte Leverkusens Trainer Xabi Alonso nach der Partie: "Ich bin ein bisschen glücklich, aber auch not happy. Das Ergebnis ist nicht gut. Wir sind nicht zufrieden. Es war aber wichtig, dass die Mannschaft nach dem zweiten Gegentor ihre Ordnung gefunden hat. Auf diese Leistung können wir aufbauen." Sein Torwart Lukas Hradecky, der nicht ein Mal ernsthaft eingreifen musste, formulierte diese Einschätzung gewohnt deftig: "Langsam gibt es Anzeichen, dass die Jungs endlich verstehen, in welcher Scheiße wir stecken."

Die Gastgeber waren am Ende auch deshalb froh, weil während der Partie immer mehr Parameter gegen den taumelnden Champions-League-Teilnehmer sprachen, und einige Szenen nahmen kuriose Erzählungen der vergangenen Wochen auf. Schon in der achten Minute wurde Leverkusen ein streitbarer Handelfmeter zugesprochen; Moussa Diaby stand zur Ausführung bereit, aber der Videoassistent rief Schiedsrichter Felix Brych zur Überprüfung am Spielfeldrand. Als der Referee zwei Minuten später seine Entscheidung bestätigte, hatten den Schützen so viele Zweifel befallen, dass er den Ball neben das Tor setzte (10. Minute). Damit hat der Werksklub die vergangenen vier Pflichtspiel-Elfmeter verschossen.

In den vergangenen drei Pflichtspielen hat Leverkusen fünf Strafstöße verursacht

Angetrieben von Frimpong und Diaby ließen sich die Gastgeber aber nicht beeindrucken, nur sieben Minuten später nutzten sie die seltsame Passivität der Gäste mit einem feinen Spielzug aus: Nach einem Doppelpass sprintete Diaby allein auf das Tor der Niedersachsen zu und erzielte das 1:0 (17.). Patrik Schick, zuletzt ein formschwacher Mittelstürmer, konnte diesmal nicht im Weg stehen, weil er wegen einer Muskelverletzung pausieren musste. Sein Ersatz Adam Hlozek legte Diaby den Ball in den Lauf.

Setzt die Serie der verursachten Leverkusener Elfmeter nahtlos fort: Edmond Tapsoba (am Boden, in Rot) bringt Felix Nmecha im Strafraum zu Fall. (Foto: Federico Gambarini/dpa)

Leverkusen zog sich ein paar Meter zurück und hoffte auf Konterchancen, die sich nicht ergaben. Stattdessen kamen die biederen Gäste mit einer Nicht-Chance zum Ausgleich - beim Versuch, eine herumeiernde Flanke zu entsorgen, versenkte Leverkusens Sechser Robert Andrich den Ball unhaltbar ins eigene Tor (28.). Aber es geht natürlich noch schlimmer in diesen Wochen, und so verursachte Bayer-Innenverteidiger Tapsoba einen Strafstoß (54.), der zum 1:2 führte. So setzte sich eine weitere Leverkusener Serie fort: Sie kassierten zum fünften Mal in den vergangenen drei Pflichtspielen ein Elfmeter-Tor - zweimal gegen Porto, zweimal in Frankfurt und nun gegen Wolfsburg.

Sinkgravens Solo wird belohnt

Xabi Alonso hatte dank des blamablen Erstrundenscheiterns von Bayer 04 im DFB-Pokal den Luxus von einer Woche mit vollem Programm und komplettem Kader. Davon sah man nach dem 1:2 allerdings nichts. Leverkusens Aktionen hatten in dieser Phase kein Tempo, keine Passschärfe, keine Bewegung. Es dauerte über 20 Minuten, bis die Elf den Schock des Rückstands abgeschüttelt hatte.

Entscheidenden Anteil daran hatte die Auswechslung von Mitchel Bakker, den nicht wenige Beobachter für einen der schlechtesten Profis der Bundesliga halten und dem auch gegen Wolfsburg nichts Gutes gelang. Sein Ersatz Daley Sinkgraven kurbelte dagegen direkt kräftig auf der linken Seite und bewies den Mut, der vielen Kollegen abging. In der 75. Minute machte sich Sinkgraven in den Wolfsburger Strafraum auf, allein gegen vier, und war auf kuriose Weise erfolgreich: Sein verunglückter Schussversuch wurde zur perfekten Vorlage für Frimpong, der allein am entfernten Pfosten stand, glücklich wie ein Kind, das im riesigen Einkaufszentrum endlich seine Familie wiedergefunden hat.

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