Basketballer Tibor Pleiß:Willkommensgruß von Neymar

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Tibor Pleiß im Gespräch mit DBB-Kollege Maxi Kleber - in diesem Jahr muss der deutsche Center eine Pause vom Nationalteam machen. (Foto: David Ebener/dpa)

Die NBA ist sein Ziel, jetzt geht es erst mal zum FC Barcelona: Mit dem Wechsel zu einem der besten Klubs Europas macht Basketballer Tibor Pleiß den nächsten Schritt in seiner Karriere. Ein langes Vertragsgezerre kostet ihn aber entscheidende Auftritte im deutschen Nationalteam.

Von Jonas Beckenkamp

Basketball ist ein Spiel von Riesen, doch manchmal erscheint die Welt auch in diesem Sport verblüffend klein. Zum Beispiel dann, wenn Patrick Femerling (2,15 Meter) und Tibor Pleiß (2,18 Meter) übereinander sprechen. "Ich kann Tibor sehr gut leiden. Ich habe ja selbst noch gegen ihn gespielt, als er in Bamberg war," sagt Rekordnationalspieler Femerling, der mittlerweile als Jugendtrainer bei Alba Berlin arbeitet.

Die Komplimente gibt Pleiß gerne zurück: "Als ich 2009 im Nationalteam debütierte, hat er mich super unterstützt und mir viele wertvolle Tipps gegeben." Zwei herausragende deutsche Basketballer, zwei Generationen. Hier der 39-jährige Femerling, da der 24-jährige Pleiß, beide Center, beide so baumlang, dass sie kaum unter normalen Türrahmen hindurch passen.

Und noch etwas eint sie: Der FC Barcelona als Arbeitgeber. Femerling räumte zwischen 2002 und 2004 unter den Barça-Körben auf, Pleiß unterschrieb diese Woche einen Zweijahresvertrag bei den Katalanen. Eine solche Ehre wird auch im Basketball nicht jedem zuteil - überhaupt gab es bisher mit Ademola Okulaja (2001-2002) nur noch einen weiteren deutschen Korbjäger im blauroten Trikot des Traditionsvereins.

Mehr als ein Klub

Més que un club, das Mia-san-mia des FC Barcelona gilt auch für andere Sportarten als Fußball. "Es ist ein Traum, dort zu spielen. Allein von seiner Historie her ist dieser Verein mehr Religion als Sportverein", sagt Femerling, "du kommst auf das Vereinsgelände und merkst sofort: Das Camp Nou der Fußballer und der Palau der Basketballer gehören zusammen, dazwischen liegen nur wenige Meter. Man kann sich dem Mythos nicht erwehren." Lange dauerte es auch bei Pleiß nicht, ehe er das Barça-Virus kennenlernte.

Gleich bei seinem ersten Besuch, der am vergangenen Dienstag mit der Vertragsunterzeichnung endete, begegnete er einem nicht ganz unbekannten Klubkollegen. "Ich war im Trainingscenter beim Medizincheck, da schaute plötzlich Neymar herein und sagt Hallo. Das war schon beeindruckend", erzählt Pleiß. Im Grunde ist es wie beim FC Bayern. Auch dort schwimmt das Basketballprojekt im Ruhm der Fußballer mit, auch dort stattet Bastian Schweinsteiger den Kollegen gerne einen Besuch ab - doch anders als am Entwicklungsstandort München genießt Basketball in Katalonien längst einen riesigen Stellenwert.

EM-Qualifikation
:Deutsche Basketballer verhindern Cordoba

Gegen Österreich verhindern die deutschen Korbjäger nur knapp eine Blamage. Der Fußballverband der Ukraine weigert sich, die russische Eingliederung der Vereine Tawrija Simferopol, FC Sewastopol und Schemtschuschina Jalta zu akzeptieren.

"Unser Sport kommt dort gleich hinter Fußball," sagt Pleiß. Für ihn ist der Wechsel ins Profiparadies Barcelona auch deshalb ein sinnvoller Karriereschritt: Ihn erwarten eine aufregende Stadt mit Basketball-Gen, eine hochprofessionelle Organisation und Mitspieler auf Topniveau. Er gilt als einer der vielversprechendsten langen Jungs des Kontinents, feierte Meisterschaften in Bamberg und sucht nach zwei Reifejahren beim baskischen Klub Kutxa Laboral eine neue Herausforderung.

Und mehr Ansporn als Barcelona ist im europäischen Spitzen-Basketball laut Pleiß kaum möglich. "Vielleicht half es auch, dass ich ausgerechnet gegen Barcelona immer sehr gut gespielt habe." So klingt einer, der trotz aller Zurückhaltung weiß, was er kann. In den Playoffs der starken spanischen Liga schied Pleiß mit seinem Team im Viertelfinale gegen Barça aus, nachdem er in der Saison gleich fünf Mal zum Spieler der Woche gewählt worden war.

Jung, groß, technisch versiert - diese Kombination aus Physis und Talent ist natürlich auch den Spähern aus Amerika nicht verborgen geblieben. Schon länger halten sich Gerüchte über ein Engagement in der NBA. 2010 sicherten sich über Umwege die Oklahoma City Thunder die Draftrechte an dem gebürtigen Rheinländer, seither heißt es fast jeden Sommer: Bald geht es für den 2,18-Riesen in die USA. Zu den dicken Gehaltstöpfen. Rein ins glitzernde Spektakel.

Bisher "parken" die Thunder ihren Mann für die Zukunft in Europa, sie hoffen darauf, dass Pleiß sich entwickelt und seinem schlaksigen Körper noch ein paar Kilo Muskeln hinzufügt. "Es gab Verhandlungen, aber die Absprache mit Oklahoma ist, dass ich jetzt noch hier bleibe. Die NBA ist mein Ziel. Barcelona ist auf diesem Weg eine herausragende Station, die mir alles abverlangen wird. Ich freue mich darauf," sagt der Center. Eine Ausstiegsklausel ermöglicht ihm den nächsten Anlauf schon im kommenden Jahr, wenn mit den Amerikanern wieder Gespräche anstehen.

Vertragsgezerre als Problem

Die Chancen stehen nach wie vor gut, schließlich sind aufstrebende "Big Men" auch im Basketball-Schlaraffenland USA rar - hinzu kommt, dass gerade auf dieser Position fortgeschrittenes Alter eher ein Qualitätsmerkmal ist. "Die NBA ist für Tibor längst nicht durch, mit 24 steht ihm sein Zenit noch bevor," glaubt auch Femerling. Ob Pleiß dann noch Zeit für die deutsche Nationalmannschaft bleibt, ist dagegen fraglich. Schon jetzt verhinderte das wochenlange Vertragsgezerre mit Barcelona und anderen Vereinen, dass er die EM-Qualifikation mit dem DBB bestreitet.

Während die Kollegen sich auf die Spiele gegen Polen, Österreich und Luxemburg einstimmten, konnte er nur punktuell mittrainieren. Ohne festen Vertrag ist er im Verletzungsfall nicht versichert, Übungseinheiten mit voller Intensität stellten ein zu großes Risiko dar. Nach einem abschließenden Gespräch mit Bundestrainer Emir Mutapcic stand die Entscheidung: Deutschlands bester Centerspieler setzt vorerst beim DBB aus.

Die Zeit zur Eingewöhnung reichte einfach nicht mehr aus, schließlich läuft die Qualifikation bereits und das Team hat sich eingespielt. "Es lag einfach daran, dass ich wochenlang kein Fünf-gegen-Fünf trainiert hatte, diesen Rückstand konnte ich so kurzfristig nicht mehr aufholen," erklärt Pleiß. In der Welt der Basketballriesen gibt es eben auch das: die kleinen alltäglichen Sportlerprobleme.

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