Basketball:Nördlinger Nordlichter

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Gewinn für Nördlingen: Erika Davenport (hier im Oktober im Duell mit Joyce Cousseins-Smith von den Gisa Lions) steuert in dieser Saison verlässliche 15,5 Zähler bei - ist aktuell aber angeschlagen. (Foto: Ballasch/Fotostand/Imago)

Sicher in den Playoffs und im Pokal-Top-Four-Turnier: Die Angels spielen eine herausragende Rolle in der Basketball-Bundesliga - auch weil sie einen besonderen Draht nach Finnland pflegen und den Kader auch abseits davon klug verstärkt haben.

Von Andreas Liebmann

Finnland, wieso auch nicht. 5,5 Millionen Einwohner hat der nordeuropäische Staat (Schlittenhunde nicht mitgezählt), etwa die Hälfte davon sind weiblich. Wie viele Finninnen professionell Basketball spielen - nicht gerade die Sportart Nummer eins dort -, ist auf die Schnelle schwierig herauszufinden, fest steht jedenfalls: Die allermeisten von ihnen müssen schon mal beim deutschen Erstligisten Nördlingen unter Vertrag gestanden haben.

Seit Jahren ist es nämlich eine Art Grundregel, dass ein Kader der Angels keinesfalls ohne eine ausreichende Zahl finnischer Spielerinnen gebaut werden darf. Wie es dazu kam, tut nichts zur Sache, es funktionierte einfach. Nach einem Totalumbau im vergangenen Sommer wäre dann um ein Haar das Undenkbare geschehen, keine Finnin weit und breit, doch im letzten Augenblick ist den Verantwortlichen im Ries ihre waghalsige Planung dann offenbar doch nicht geheuer gewesen - und sie verpflichteten kurz vor dem vierten Spieltag Roosa Lehtoranta. Die tut seitdem das, was Finninnen im Ries eben tun: Sie überzeugt. Überflüssig zu erwähnen, dass schon ihre ältere Schwester Linda-Lotta mal für Nördlingen spielte.

Die Fans dürften danach erst wieder gestutzt haben, als die Eigner Angels im Januar, als Ersatz für die scheidende Danielle McCray, Naomi Davenport holten. Nicht etwa, weil bereits eine Erika Davenport im Kader stand, weil beide gleich groß (1,82 Meter) und gleich alt (26) waren, dieselbe Position besetzten (Power Forward) und trotz des gleichen Nachnamens doch nicht verwandt waren, denn vermutlich gibt es mehr Davenports auf der Welt, als Finnland Einwohner hat. Sondern, weil beide aus den USA kamen. Allerdings kannten sie sich bereits, wie sich der Verein in der ersten Pressemitteilung zu erwähnen beeilte: Sie hätten nämlich sogar schon mal gegeneinander gespielt - in der ersten finnischen Liga. Na also.

Nördlingens Führungsriege hatte die Anhänger vor der Saison um Geduld gebeten, schließlich hatte ein neuer Trainer - der junge Lette Matiss Rozlapa - ein Team anvertraut bekommen, das im Vergleich zur Vorsaison nur eine einzige Spielerin behalten hatte. Doch viel Geduld war gar nicht nötig. Sehr bald schlug das Team den Kurs Richtung Playoffs ein und sollte ihn trotz der personellen Nachjustierungen nicht mehr verlassen. Naomi Davenport hat sich mit 18 Punkten im Schnitt gut eingeführt, Erika Davenport (die aktuell angeschlagen ist) steuert verlässliche 15,5 Zähler bei. Auf den kleinen Positionen punkten Brandi Beasley und Nicole Brochlitz zweistellig.

Die Playoff-Teilnahme ist den Angels sicher

An diesem Samstag (19 Uhr) endet nun die Hauptrunde, die Playoff-Teilnahme der Nördlingerinnen ist schon lange sicher. Trotzdem ist das letzte Heimspiel von gehobener Bedeutung: Nördlingen steht auf Rang vier, der einen günstigeren Spielplan in der ersten Playoff-Runde bedeuten würde. Zu Gast sind allerdings die Gisa Lions, zu denen sich der SV Halle mit dem Mitteldeutschen BC zusammengeschlossen hat, und die sind der unmittelbare Verfolger. Gewinnen die Angels dieses Duell, bleiben sie Vierte und haben in den ersten beiden Playoff-Spielen (und einem eventuellen fünften) Heimrecht. Ansonsten wird es kompliziert. Verlieren sie mit höchstens acht Punkten Unterschied, reicht das immer noch, sofern im Parallelspiel Osnabrück nicht gegen Hannover gewinnt. In allen anderen Szenarien würden die formstarken Lions auf Rang vier vorrücken.

Die nächste Finnin: Roosa Lehtoranta (li.) im Dezember gegen Alba Berlin. (Foto: Tilo Wiedensohler/camera4+/Imago)

Es ist also eine prima Gelegenheit für die Gastgeberinnen, jetzt schon in den Endspielmodus zu starten. Am darauffolgenden Wochenende findet dann in Saarlouis das Pokal-Top-Four statt, für das sich Nördlingen ebenfalls qualifiziert hat. Die Playoff-Viertelfinals beginnen am Freitag, 22. März. Die ambitionierten Lions aus Halle übrigens haben nach Lotta Stach Mitte Januar auch Emma Stach verpflichtet. Der Name Stach kommt nicht ganz so häufig vor wie der Name Davenport, Kenner wissen aber ohnehin, dass es sich hier um die erstgradig verwandten Töchter eines bekannten Sportkommentators (Matthias) und die Schwestern eines Fußball-Nationalspielers (Anton) handelt - und bei Emma, der Älteren, obendrein um eine deutsche Basketball-Nationalspielerin.

Ein Wiedersehen gibt es mit Anissa Pounds. Die 31-Jährige spielt seit Sommer in Halle. Zuvor hatte sie in zwei Jahren für Nördlingen 99 Dreipunktewürfe versenkt. Diesen Job übernimmt seither Nicole Brochlitz, die in den bisherigen 21 Saisonspielen 46 Dreier für die Angels traf - Rang zwei im Ligavergleich. Pounds' Quote hat etwas gelitten, sie verwandelte für Halle bislang 26 Würfe. In Nördlingen war sie durchaus eine Schlüsselfigur. Immerhin ist sie ja auch eine Nationalspielerin - für Finnland.

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