WM-Qualifikation der deutschen Basketballer:Gordon Herbert würfelt wieder

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Was soll ich nur machen? Basketball-Bundestrainer Gordon Herbert muss einmal mehr improvisieren - so schlimm wie im WM-Qualifikationsspiel gegen Finnland war es noch nie. (Foto: Soeren Stache/dpa)

Diesmal heißen die Anführer Hollatz, Sengfelder oder Wohlfarth-Bottermann: Die Bankspieler des EM-Bronze-Teams sollen den deutschen Basketballern gegen Finnland und Slowenien das nächste große Turnier sichern - der Bundestrainer ist gefragt.

Von Ralf Tögel

Es ist eine einfache Rechnung: Die deutsche Basketball-Nationalmannschaft hat bei der Europameisterschaft kürzlich Bronze gewonnen, die Finnen sind im Viertelfinale gegen Spanien ausgeschieden. Was also sollte die Auswahl des Deutschen Basketball Bunds (DBB) im WM-Qualifikationsspiel von einem Sieg gegen die Männer aus dem Norden abhalten? An dieser Stelle sei ein Satz des Fußballphilosophen Karl-Heinz Rummenigge eingeworfen: "Fußball ist keine Mathematik." Was sicher von einem auf den anderen Teamsport übertragen werden kann - und weshalb vor der Partie am Freitag (19 Uhr) in der Bamberger Brose Arena (kostenlos bei Magentasport) Vorsicht geboten ist.

Das liegt nicht nur am Rummenigg'schen Zweisatz, denn vom Bronze-Team ist nicht mehr allzu viel übrig. Lediglich der Bamberger Lokalmatador Christian Sengfelder, Justus Hollatz (vom spanischen Erstligisten CB Breogán) und Jonas Wohlfarth-Bottermann (Hamburg Towers) sind noch dabei, der Rest des Kaders ist entweder in der NBA oder in der Euroleague beschäftigt. Und beide Ligen haben zum einen fordernde Spielpläne und nehmen zum anderen herzlich wenig Rücksicht auf Qualifikationen vom Weltverband Fiba.

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Folglich geht einmal mehr ein neu formiertes Team für den DBB an den Start, wobei Bundestrainer Gordon Herbert trotz seiner noch recht kurzen Amtszeit (seit September 2021) in dieser Disziplin geübt sein dürfte wie kein Zweiter - schon vor der EM war ein Akteur nach dem anderen wegen Absagen oder Verletzungen aus dem kalkulierten Kader gebröselt. Angst muss Herbert auch dieses Mal nicht bekommen.

Denn die Bundesliga, deren Niveau in den vergangenen Jahren stetig gestiegen ist, hat eine Reihe an wettbewerbsfähigen deutschen Basketballern zu bieten. Sengfelder und Hollatz zum Beispiel, beide waren bei der EM zwar Ergänzungsspieler, durften aber im Vorrundenspiel gegen Ungarn ihr Können nachweisen: Sengfelder war mit 22 Punkten Topscorer, Spielmacher Hollatz sammelte elf Assists. Außerdem hat der Bundestrainer in Wohlfarth-Bottermann, der einige Einsätze hatte und starke Leistungen bot, für den an Corona erkrankten Leon Kratzer einen weiteren EM-Helden nachnominiert.

Von den nominierten Spielern, die ohnehin nicht erste Wahl sind, fallen weitere vier aus

Das ist nicht die einzige kurzfristige Änderung in diesem zusammengewürfelten Kader: Kenneth Ogbe (Oldenburg), Karim Jallow (Ulm) und Dominic Lockhart (Chemnitz) mussten krank oder angeschlagen passen. EM-Bronze-Gewinner Niels Giffey, der das Team führen sollte, wechselte vergangenen Dienstag zum FC Bayern und spielte für die Münchner im deutschen Euroleague-Duell in Berlin.

Herbert improvisierte also einmal mehr und nominierte Joshua Obiesie (Frankfurt), Lukas Meisner (Hamburg) und Lukas Wank (Frankfurt) nach. Vielleicht helfen ihm ja die jüngsten Erfahrungen, als angesichts der vielen Ausfälle vor der EM die Aussichten Tag für Tag kleingeredet wurden, Herbert aber stets daran erinnerte, nach wie vor über einen starken Kader zu verfügen. Das macht er auch jetzt, zumal die Aussichten in der WM-Qualifikation schlechter sein könnten. Lediglich im ersten Spiel in Estland patzte die deutsche Auswahl, gewann seither mit stetig wechselnden Besetzungen alle Spiele und führt die Gruppe mit 7:1 Siegen vor den punktgleichen Finnen an.

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Die müssen im Übrigen ebenfalls auf drei EM-Spieler verzichten, neben ihrem überragenden Anführer Lauri Markkanen, der beim NBA-Klub Utah Jazz unabkömmlich ist, sind Petteri Koponen, der früher unter anderem für Barcelona und den FC Bayern spielte, und Shawn Huff nach der EM zurückgetreten.

Außer Markkanen steht ohnehin kein NBA- oder Euroleague-Akteur im Kader, was zwar weniger Qualität erwarten lässt, gleichwohl dürften die Finnen weitaus besser eingespielt sein. Die Stimmung ist dennoch bestens im deutschen Lager, wie Armin Andres berichtet: "Man spürt den Schwung von der EM", sagt der DBB-Vizepräsident, der auch kein Problem in der Tatsache sieht, dass die Spieler damit leben müssen, bei großen Turnieren wieder ausgemustert zu werden. "Keiner wird gezwungen, jeder ist froh, sich hier präsentieren zu können." Andres erinnert daran, dass bei Olympia und der EM ein paar Spieler dabei waren, die nicht unbedingt dort erwartet wurden.

Angesichts der Minivorbereitung und der vielen Ausfälle taxiert er die Chancen gegen die Finnen auf 50:50. Die nächste Gelegenheit ergibt sich indes schon am Montag mit der Partie in Slowenien - die ungleich schwerer sein dürfte. Zumal auch in Koper wohl keine Euroleague-Spieler dabei sein werden, wie Andres sagt, was im Übrigen auch für die beiden abschließenden WM-Qualifikationsspiele im Februar gegen Schweden und Finnland so sein wird.

Also, frei nach dem Fußballphilosophen Franz Beckenbauer: Am besten gleich die Finnen besiegen, die bekanntlich keine Slowenen sind.

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