Isaac Bonga beim FC Bayern:Gelernt von LeBron James

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"Von ihm ist noch einiges zu erwarten": Trainer Andrea Trinchieri hält große Stücke auf Zugang Isaac Bonga (li.) (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Los Angeles, Washington, Toronto, München: Nationalspieler Isaac Bonga war der aufsehenerregendste Transfer der Basketball-Bundesliga. Nach drei Monaten Verletzungspause soll er nun das Team des FC Bayern anführen - mit viel Erfahrung aus der NBA.

Von Ralf Tögel

Ein bisschen feiern ist schon drin, sagt Isaac Bonga. Seine Eltern sind zu Besuch, am Dienstag feierte er seinen 23. Geburtstag, auch sein kleiner Bruder sei da. "Wir gehen zum Essen", erzählt der Jubilar frisch geduscht nach dem Training. Besuch von der Familie aus Frankfurt ist nun wieder leichter möglich, Bonga hat bekanntlich vor der Saison für zwei Spielzeiten beim FC Bayern München unterschrieben. In den vergangenen Jahren war der 2,04 Meter große Guard in der NBA notiert, bei den LA Lakers, den Washington Wizards und zuletzt bei den Toronto Raptors: "Es ist schon ein Unterschied, ob man vier Stunden im Zug sitzt oder acht im Flieger."

Danach aber galt der Fokus gleich wieder dem Job, an diesem Donnerstag schließlich steht ein besonderes Spiel auf dem Programm. Die Bayern sind in der Euroleague zu Gast bei Alba Berlin, zum Duell der beiden deutschen Teilnehmer. Bisher hat der Meister die Nase vorn, Berlin ist Achter, der FCB steht auf Rang 16. Der Start in die europäische Königsklasse ging gehörig daneben, fünfmal verloren die Münchner, zuletzt allerdings gelang der erste Sieg gegen Meister Efes Istanbul. Das Team muss sich noch finden - das liegt unter anderem an Bonga, der fast dreieinhalb Monate verletzt fehlte und nun wieder spielt. Zu Beginn der Woche kam noch Nationalspieler Niels Giffey zum Team. Ob er in seiner Geburtsstadt mitwirken kann, ist offen, auch er muss erst integriert werden.

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Da ist Bonga einen Schritt weiter, er feierte Ende Oktober seinen Einstand. Es war der aufsehenerregendste Transfer der Bundesliga und es ist eine atemberaubende Karriere, die der Junge aus Neuwied bei Koblenz bislang hingelegt hat. Ausgebildet wurde Bonga beim Bundesligisten Frankfurt Skyliners, er fiel früh auf, durchlief sämtliche Nationalteams, schließlich weckten seine Leistungen auch Interesse in Übersee. Bonga wurde zum Top 100 Camp der NBA eingeladen, einer Talentschau in der stärksten Liga der Welt, da war er gerade mal 16 Jahre alt. Und er hinterließ auch dort einen nachhaltigen Eindruck, die Anmeldung zum NBA-Draft zwei Jahre später war die logische Folge. 2018 schließlich sicherte sich kein geringerer Klub als die Los Angeles Lakers seine Dienste.

Es fällt Bonga schwer, seine Lieblingsposition zu benennen - er kann überall spielen

Fortan wohnte er in LA, im Promi-Bezirk Manhattan Beach, nahe der Halle der Lakers, in illustrer Nachbarschaft vieler Sportgrößen wie Tiger Woods oder Maria Sharapova. "Das war etwas ganz Neues in dieser großen Stadt für einen 18-Jährigen", erzählt Bonga, der gar nicht so genau wusste, welche Berühmtheiten da in seiner Nähe residierten. Viel wichtiger war für ihn, dass in Moritz Wagner ein weiteres deutsches Basketball-Talent in seiner Nähe wohnte, "da hatte ich jemanden aus der Heimat, das hat mir schon geholfen". Die beiden trafen sich oft, fuhren gemeinsam zum Training. Wagner ist mittlerweile bei den Orlando Magic unter Vertrag, Bongas Weg führte ihn über die Washington Wizards in der vergangenen Saison zu den Toronto Raptors. Dort stockte seine stetig nach oben führende NBA-Karriere; auch deshalb überlegte er, vielleicht eine Station in Europa einzulegen. Natürlich nur bei einem Euroleague-Verein - die europäische Königsklasse gilt als zweitbeste Liga im Basketball und hat den Abstand nach Übersee deutlich verkleinert.

Pause zur Absprache: Trainer Andrea Trinieri instruiert sein Team, rechts Isaac Bonga. (Foto: Ulrich Gamel/Kolbert-Press/Imago)

Was Bonga neben seinem außerordentlichen Talent aus den Staaten an die Isar mitbringt, ist ein für einen gerade 23 Jahre alt gewordenen Basketball-Profi immenser Schatz an Erfahrungen. Allein die Zusammenarbeit mit LeBron James habe viel gebracht, erzählt er. Von dem habe er gelernt, wie wichtig Professionalität ist: "Man muss eine gewisse Routine haben, ausreichend schlafen, richtig essen, genug regenerieren." Und er lernte, "dass die größte Stärke solcher Spieler in ihrer Mentalität liegt". Spieler wie James seien so in der Lage, "immer auf höchstem Niveau zu performen", das mache sie so außergewöhnlich.

Aus der NBA bringt Bonga zudem eine enorme Vielseitigkeit mit. Es fällt ihm schwer, seine Lieblingsposition zu benennen. Die Bayern führen ihn als Point Guard, als Spielgestalter. "Ich habe in den vergangenen Jahren auf allen Positionen gespielt", sagt er, zuletzt in Toronto sogar als Center. Bonga bewegt sich für seine Größe sehr flink, hat einen guten Wurf und ist athletisch genug, sich auch unter den Körben durchzusetzen - zudem ist er ein erstklassiger Verteidiger.

"Lieber habe ich einen Trainer, der mich anschreit, als einen, der mich gar nicht beachtet."

In der Nationalmannschaft beeindruckte er mit diesen Fähigkeiten zuletzt bei den Olympischen Spielen, als Deutschland überraschend das Viertelfinale erreichte - was zuvor letztmals 1992 gelungen war. Dann allerdings verletzte sich Bonga im WM-Qualifikationsspiel gegen Polen Anfang Juli, kurz vor seinem Wechsel nach München. Erst Ende Oktober feierte er nun seinen Einstand, es war ein "Sprung ins heiße Wasser", wie er sagt. Jedes Spiel und jedes Training bringe ihn nun einen Schritt näher an seine Normalform, momentan stehe er bei "50 bis 70 Prozent".

Das sind Worte, die Andrea Trinchieri gerne hört. Der impulsive FCB-Trainer ist voll des Lobes für Bonga, zumal er ein großer Freund von vielseitigen Spielern ist. Von Bonga sei noch einiges zu erwarten, sagt der Italiener. Auch Bonga schätzt seinen neuen Vorgesetzten. "Es gibt sehr viel Kommunikation", sagt er, "die Zusammenarbeit ist sehr gut". Auch mit der bekannt impulsiven Art des Italieners habe er keinerlei Probleme: "Er fordert sehr viel, das ist manchmal nicht so einfach, er arbeitet sehr detailliert und achtet auf viele Kleinigkeiten." Und überhaupt: "Lieber habe ich einen Trainer, der mich anschreit, als einen, der mich gar nicht beachtet. Das zeigt mir, dass er mich schätzt."

Es wird auch in Berlin wieder laut werden, das kann man jetzt schon sagen, und Bonga weiß natürlich von der Rivalität der beiden deutschen Schwergewichte. Für ihn sei es aber ein Spiel wie jedes andere: "Und das will ich wie jedes andere gewinnen."

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