Basketball-Euroleague:Warten auf den großen Bruder

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Carsen Edwards (re., gegen Belgrads Luka Mitrovic) war an der Dominanz des FC Bayern bis zum Schlussviertel maßgeblich beteiligt, dann traf er schlechte Entscheidungen. (Foto: Jörg Nieberga/Eibner/Imago)

Die Basketballer des FC Bayern geben bei Roter Stern Belgrad die nächste Partie unnötig aus der Hand und fallen auf den 14. Tabellenplatz zurück. Trainer Laso beklagt einmal mehr "dumme Fehler".

Von Ralf Tögel

Was blieb Pablo Laso denn anderes übrig, als einmal mehr gute Miene zum bösen Spiel zu machen? Also lächelte der Spanier, der die Basketballer des FC Bayern zu Erfolgen führen soll, die sich auch auf dem Briefkopf der Münchner verewigen. Hätte die Euroleague dem übertragenden Sender Magentasport bei dem obligatorischen Trainer-Statement nach der Partie eine Totale angeboten, man hätte wohl die geballten Fäuste in den Hosentaschen des Bayern-Trainers gesehen. Denn die 68:74-Niederlage seiner Mannschaft am Donnerstagabend bei Roter Stern Belgrad wird als reichlich überflüssig in die Saisonbewertung eingehen. Die Münchner waren über fast die gesamte Spielzeit besser, führten zwischenzeitlich mit bis zu 14 Punkten und gaben den möglichen Triumph in der riesigen, mit 18 130 Zuschauern üppig besetzten Stark Arena unnötig aus der Hand.

Lasos Kurzresümees gleichen sich auffallend, wieder sprach er von "dummen Fehlern und schlechten Entscheidungen". Nach der 71:78-Niederlage in Athen sowie dem 67:76 gegen Fenerbahce Istanbul in eigener Halle vor knapp einer Woche reihte sich nun das nächste Spiel aus der Muss-man-nicht-verlieren-Kategorie in die Euroleague-Bilanz der Münchner ein, die mit zwei Siegen und vier Niederlagen auf den 14. Platz abrutschten. Ziel ist mindestens Rang zehn, der über die neu geschaffenen Play-in-Spiele die letzte Chance auf die K.-o.-Runde der besten Acht bietet.

Doch diese verpassten Chancen könnten die Münchner noch teuer zu stehen kommen. Zumal in dieser frühen Saisonphase auch die Konkurrenz mit Anpassungsproblemen zu kämpfen hat - wofür Roter Stern beispielhaft steht: Vor der Saison wurden zehn Spieler, also praktisch das gesamte Team, mit großem finanziellen Einsatz ausgetauscht. Weil der Saisonstart mit drei Niederlagen in Serie trotz hochkarätigem Personal daneben ging, wurde kurzerhand auch Trainer Dusko Ivanovic nach nur vier Spielen ausgetauscht. Nachfolger Ioannis Sfairopoulos sprach folgerichtig von einem nicht nur für das Selbstvertrauen enorm wichtigen Sieg seiner verunsicherten Mannschaft.

Den Bayern fehlt ein erfahrener Spieler, der in kniffligen Situationen das Team führt. Einer wie der verletzte Kapitän Vladimir Lucic

Vor dem finalen Viertel lagen die Bayern 59:53 vorne und wirkten durchaus souverän, im finalen Durchgang aber gelang ihnen fast fünf Minuten lang kein Treffer aus dem Feld - egal, wer sich versuchte. Derlei Versäumnisse sollte man in der europäischen Königsklasse tunlichst unterlassen. Zwar spielte Belgrad keinesfalls am Limit, hatte in Milos Teodosic aber einen Routinier auf dem Feld, der die gegnerischen Versäumnisse zu nutzen wusste. Der 36-Jährige, der auch in der NBA spielte, kam vor der Saison aus Bologna und brachte die Erfahrung unzähliger Euroleague-Schlachten mit. Teodosic übernahm in der Schlussphase Verantwortung und riss auch die Mitspieler mit. Der serbische Spielmacher traf die richtigen Entscheidungen. Entweder punktete er selbst, oder er setzte die Mitspieler in Szene. Mit 16 Punkten und elf Assists, viele davon im letzten Viertel, drehte der serbische Spielmacher das Spiel nicht nur, er riss auch die Mitspieler mit.

So ein Spieler fehlte den Münchnern. Einer, der vorangeht und die Kollegen wie ein großer Bruder an die Hand nimmt - Kollegen wie Carsen Edwards. Der US-Spielmacher bot zweifellos eine feine Leistung und war mit 16 Punkten bester FCB-Werfer. In der Schlussphase, für die der Basketball den Begriff Crunchtime bereit hält, wollte es der 25-Jährige alleine erzwingen und verzettelte sich in der aggressiven Belgrader Abwehr. In diesen letzten Minuten, die den üblicherweise engen Euroleague-Partien die finale Richtung geben, fehlt es den Münchnern an Abgeklärtheit. Dann machen die Hochtalentierten, in bester Absicht zwar, die letztlich spielentscheidenden Fehler. Wie Isaac Bonga, der stark spielte, in der Crunchtime aber bei übereifrigen Dribblings den Ball verlor. Leandro Bolmaro, der wie Bonga zwölf Punkte sammelte und erst 23 Jahre alt ist, agierte bis dahin nahezu fehlerfrei - nun verfehlte auch er das Ziel.

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Bayern-Coach Laso hatte den Matchwinner natürlich längst identifiziert: "Teodosic ist ein großartiger Spieler, ein Kreativer und ein guter Werfer. Er bedeutet viel für den Verein und hilft, jüngere Spieler zu entwickeln." Und wenig verwunderlich kam Laso in diesem Moment Vladimir Lucic in den Sinn. Auch der Münchner Kapitän verkörpert exakt diesen Spielertypus. Der 34-jährige serbische Nationalmannschaftskapitän hat diese Abgeklärtheit, die ihn die richtigen Entscheidungen treffen lässt. Lucic ist einer, der vorangeht und die jungen Kollegen in kniffligen Phasen führt. Nach seiner Hand-OP im Mai ist der Routinier immerhin wieder ins Training eingestiegen, so Laso, eine Rückkehr erwarte er aber erst "in ein paar Wochen".

Das war die positive Nachricht an diesem Abend in der serbischen Metropole, wo auch der nächste Euroleague-Auftritt der Bayern stattfinden wird. Dann allerdings in der deutlich kleineren Aleksandar-Nikolic-Halle, der neuen Heimstatt von Maccabi Tel Aviv. Wegen der Sicherheitslage in Israel nach dem Terrorangriff der Hamas hat die Euroleague Ende Oktober beschlossen, die Heimspiele von Maccabi bis auf Weiteres nach Belgrad zu verlagern. Bisher wurden die Maccabi-Heimpartien verschoben, das Spiel am kommenden Donnerstag (9. November) gegen die Bayern wird das erste im Gastland sein. Vorher steht noch die Bundesliga-Partie in Braunschweig an, wo die Bayern zur Spitzengruppe von sechs Teams mit 4:1-Siegen zählen. Dort machen Trainer Laso die Statements mehr Spaß.

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