Basketball:Rotation zwischen den Welten

Lesezeit: 2 min

Zu schnell für Crailsheim, zu langsam für Barcelona: Spielmacher Sylvian Francisco (li.) zieht problemlos an Crailsheims Prince Oduro vorbei. (Foto: Roger Buerke/Eibner-Pressefoto/Imago)

Die Basketballer des FC Bayern dominieren bei den Merlins Crailsheim und holen in der Bundesliga den dritten Sieg im vierten Spiel. Damit gelingt den Münchnern auch ein bisschen Wiedergutmachung für die Euroleague-Rekordpleite in Barcelona.

Von Ralf Tögel

Am Sonntagabend war Pablo Laso wieder unterwegs. Der Trainer der Basketballer des FC Bayern stapfte an der Außenlinie auf und ab, gestikulierte wild, diskutierte mit den Schiedsrichtern oder faltete Center Freddie Gillespie in einer Auszeit lautstark zusammen. Mit Erfolg, die Münchner dominierten mit einem deutlichen 97:62-Sieg bei den Merlins Crailsheim, fuhren den dritten Sieg im vierten Spiel in der Basketball-Bundesliga (BBL) ein und bleiben als Tabellenvierter Meister Ulm auf den Fersen.

Es war indes keine leichte Aufgabe im dritten Spiel in sechs Tagen, zumal die Münchner mit einer 59:98-Pleite im Gepäck aus Barcelona anreisten - nie zuvor hatte ein Münchner Team höher in der Euroleague verloren. Doch in Crailsheim zeigte sich der Pokalsieger davon wenig beeindruckt, bei den Bayern punkteten Center Danko Brankovic sowie die Guards Sylvain Francisco (beide 16), Carsen Edwards (13), Andreas Obst (12) und Leandro Bolmaro (11) zweistellig. Damit betrieb vor allem die Riege der Spielmacher Wiedergutmachung, in Barcelona hatten diese nämlich auf ganzer Linie enttäuscht.

SZ PlusInterview mit Basketball-Trainer Pablo Laso
:"Ich glaube nicht an die Tyrannei des Ergebnisses"

Mit Real Madrid hat Pablo Laso viele Titel gesammelt - jetzt soll er das Projekt FC Bayern vorantreiben. Er erklärt seine Pläne, seine legendären Flüche am Feldrand - und warum Deutschland plötzlich ein WM-Mitfavorit ist.

Interview von Javier Cáceres

So sehr, dass Trainer Pablo Laso das Geschehen ob der Chancenlosigkeit seiner Mannschaft gar wieder aller Gewohnheiten regungslos auf seinem Trainerstuhl verfolgte. Doch schlimmer als das demütigende Ergebnis war der Auftritt seiner Spieler, die sich ohne große Gegenwehr von einem entfesselt aufspielenden Titelfavoriten auseinandernehmen ließen. "Wir waren von Anfang an nicht bereit zu spielen", so Laso, das Beste sei gewesen, "dass wir zur Pause nur mit 16 Punkten hinten lagen." Doch auch nach dem Wechsel konnte der Coach, der in seiner Heimat großes Renommee besitzt, keinerlei Aufbäumen erkennen, vielmehr habe ein Ballverlust zu Beginn des dritten Viertels genügt, um die Seinen sofort wieder aus dem Tritt zu bringen. Aber natürlich muss man sehen, dass Barcelona nicht Crailsheim ist, dass sich die Münchner sozusagen in zwei Basketball-Welten zurechtfinden müssen.

"So dürfen wir nicht zerbrechen", sagt Weltmeister Andreas Obst über den wehrlosen Auftritt seines Teams

Was Distanzwerfer Obst nicht als Entschuldigung gelten lassen will: "Wir müssen nicht über Taktik sprechen, es geht darum, dass jeder aufs Parkett kommt und bereit ist, alles zu geben. So dürfen wir nicht zerbrechen." Genau diesen Willen hatten die Bayern wiederum nur drei Tage vorher zu Beginn ihrer einwöchigen Auswärtsreise im Gastspiel bei Baskonia Vitoria-Gasteiz noch gezeigt. Auch da lagen sie im Schlussabschnitt zweistellig hinten, kämpften sich allerdings mit vereinten Kräften zurück und steigerten sich noch zu einem 76:68-Sieg.

Dank dieser Energieleistung steht der FCB trotz des Barça-Debakels auch in der Euroleague mit zwei Siegen und zwei Niederlagen als Zehntplatzierter noch recht passabel da. Dieser Rang würde als letzter die Teilnahme an der K.o.-Runde bedeuten, denn der Modus wurde erweitert: Die besten sechs Mannschaften nach der Hauptrunde sind für die Playoffs fix qualifiziert, die Teams auf den Plätzen sieben bis zehn spielen in einer neuen Play-In-Runde die beiden restlichen K.o.-Plätze aus.

Pablo Laso sah in Barcelona einiges, was ihm Grund zum Grübeln gab. (Foto: Joerg Nieberga/Eibner/Imago)

In Crailsheim rotierte FCB-Trainer Laso wieder kräftig durch, in Serge Ibaka, Devin Booker, Niels Giffey und Nick Weiler-Babb bekamen vier Stammkräfte eine Pause. Dafür rückten Brankovic, Niklas Wimberg, das erst 17-jährige Talent Ivan Kharchenkov und und Dino Radoncic ins Team, allesamt Akteure, die eher für die BBL vorgesehen sind. Trotz des Euroleague-Aussetzers ist der souveräne Sieg bei den Merlins ist Beleg für die Tiefe dieses Münchner Kaders, der ohne eine Handvoll seiner Besten in der Lage ist, auswärts in der BBL in einer ausverkauften Halle einen unangenehmen Gegner nach Belieben zu dominieren.

Nun haben die Bayern immerhin fünf Tage Pause und damit eine willkommene Gelegenheit, weiter an der Feinabstimmung zu arbeiten. Das ist die große Schwierigkeit für dieses Team, das in drei Wettbewerben nahezu ohne Pause im Zwei- bis Dreitagesrhythmus im Einsatz ist. Am kommenden Freitag ist wieder europäische Königsklasse angesagt, dann gastiert Fenerbahce Istanbul (20.30 Uhr) zum Euroleague-Duell im BMW-Park. Und schon am Sonntag geht es nach Würzburg zum bayerischen Derby. Laso wird wieder kräftig rotieren, in jeder Beziehung.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusUli Hoeneß im Interview
:"Das ging bumm-bumm-bumm"

Aktuelle Fußball-Weltmeister hat der FC Bayern keine mehr, dafür drei Basketball-Weltmeister: Ehrenpräsident Uli Hoeneß erklärt, was Deutschland von seinen Basketballern lernen kann. Er sagt, woran sich der Fußball ein Beispiel nehmen sollte - und welchen Bundestrainer-Typen er bevorzugt.

Interview von Christof Kneer, Philipp Schneider und Ralf Tögel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: