Barcelona gegen Leverkusen:Duell im Abendgrauen

Lesezeit: 3 min

  • Die ewigen Rivalen Marc-André ter Stegen und Bernd Leno treffen sich in der Champions League.
  • Jetzt geht es darum, wer von beiden sich für die Nationalelf aufdrängt.
  • In der Liga muss ter Stegen zurück auf die Bank.
  • Hier finden Sie alle Infos zur Champions League.

Von Christof Kneer

Bernd Leno habe "keinen Luftsprung gemacht", als Marc-André ter Stegen die Champions-League-Trophäe in Empfang nahm, hat der Trainer Horst Hrubesch im Juni erzählt, aber natürlich habe sich Leno "für den Kollegen gefreut". Leno war damals mit der deutschen U21-Auswahl im Trainingslager in Österreich, und er war der einzige, der beim gemeinsamen Fernsehabend ein bisschen befangen war. Er fand das ja schon ganz gut, dass da ein einheimischer Kollege zur besten Sendezeit Werbung für die deutsche Torwartzunft machte, aber der einheimische Kollege war halt wieder mal der, der ihm schon seit Jahren immer zur unpassenden Zeit begegnet.

Bernd Leno, Jahrgang 1992, und Marc-André ter Stegen, Jahrgang 1992, sind sich bislang immer dann in die Quere gekommen, wenn es den Platz im Tor einer deutschen Junioren-Nationalmannschaft zu besetzen galt, also quasi immer. Schon in der U17 haben sich die beiden duelliert, aus dieser Zeit stammt auch die Geschichte, die bis heute bei jedem neuen Duell hervorgeholt wird. Es ist die Miniatur-Ausgabe einer Geschichte, deren Plot das Land kennt und schätzt: Es ist die Geschichte von Oliver Kahn und Jens Lehmann. Von zwei Torhütern, die so gut sind, dass es am Ende nur Geschmackssache ist, welchen man besser findet - und die sehr ausdrücklich der Meinung sind, dass sie besser sind als der jeweils andere.

Nein, sie seien nicht verfeindet, das sei übertrieben, sagen sie, wenn sie wieder mal nach ihrem Nicht-Verhältnis befragt werden. Aber dass sie befreundet sind, das würden diese beiden sehr ehrgeizigen jungen Männer auch wieder nicht behaupten.

Eine Art inoffizielles EM-Qualifikationsspiel

An diesem Dienstagabend kommen sie nun gemeinsam im Fernsehen, im selben Programm sogar. Der FC Barcelona (Torwart: ter Stegen) empfängt Bayer Leverkusen (Torwart: Leno) in der Champions League, und auf der Tribüne wird ein Mann sitzen, der das Duell kraft seiner Anwesenheit auf eine neue Ebene hebt. Der Besuch des DFB-Torwart-Gutachters Andreas Köpke macht aus der Champions-League-Partie eine Art inoffizielles EM-Qualifikationsspiel. Im Juni ging es noch darum, wer von den beiden Jung-Siegfrieden bei der U21-EM das Tor bewacht; jetzt geht es darum, wer nächsten Sommer mit zur Männer-EM nach Frankreich reist.

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"Wir wollen bei den nächsten Länderspielen mal den ein oder anderen jungen Torwart dazuholen" - diesen Satz hat Köpke vor vier Wochen vor den Länderspielen gegen Polen und Schottland gesagt. Nimmt man den Satz zum Maßstab, darf man sich vor dem Doppelspieltag gegen Irland (8.10.) und Georgien (11.10.) wohl auf einen neuen Torwartnamen im Aufgebot gefasst machen.

Beim letzten Mal bekamen ter Stegen und Hannovers Ron-Robert Zieler die Stellvertreter-Posten hinter dem unangefochtenen, unersetzlichen und überhaupt unbeschreiblichen Manuel Neuer zugeteilt, diesmal dürfte unter anderem Bernd Leno den Zuschlag erhalten. Am Dienstag wird Joachim Löw mit seinem Stab bei einem der sagenumwobenen Meetings verabreden, welche Torhüter am Freitag im Kader auftauchen; Köpke wird dann am selben Abend beim Spiel in Barcelona überprüfen, ob sich die Wirklichkeit auch an die Verabredung hält.

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"Wir haben zurzeit so viele herausragende Torhüter, dass wir gar nicht allen gerecht werden können", sagte Köpke am Montag, "mindestens sieben oder acht sind für uns interessant." Neben Neuer, ter Stegen, Leno und Zieler nennt Köpke explizit Kevin Trapp (Paris St. Germain), Timo Horn (Köln), Ralf Fährmann (Schalke) und Loris Karius (Mainz). Aber natürlich führt das Champions-League-Duell im Abendgrauen von Barcelona jene beiden Torhüter zusammen, denen sie beim DFB - natürlich hinter dem unverzichtbaren, unbezwingbaren und überhaupt unfassbaren Neuer - am meisten zutrauen.

Ter Stegen oder Leno, Leno oder ter Stegen? Im Gegensatz zu den hauseigenen Juniorentrainern haben Löw und Köpke den Vorteil, dass sie nicht nach dem Entweder-oder-Prinzip verfahren müssen. Sie könnten sich beide leisten, sie suchen ja keine Nummer eins, die aufgrund eines weltweit anerkannten Regelwerks alleine im Tor stehen muss. Löw und Köpke suchen zwei Torhüter, die überragend genug sind, um Neuer unter Spannung zu halten und ohne größeren Qualitätsverlust einzuspringen, falls Neuer eine rote Karte oder eine ramponierte Schulter dazwischenkommt. Aber zum Profil der Nummern zwei und drei - und jetzt wird's spannend - gehört es eben auch, nicht nur das Trainingsniveau anzuheben. Sondern auch das Betriebsklima.

"An der Idee der vorigen Saison festhalten"

Natürlich gehöre es "bei einem Turnier dazu, das eigene Ego hintenan zu stellen", sagt Köpke, aber er könne da bisher "kein Problem erkennen". Sicherheitshalber hat er aber schon mal Erkundigungen eingezogen, unter anderem bei Sportdirektor Hansi Flick, der ihm berichtet hat, dass die beiden bei der U21-EM "sehr professionell miteinander umgegangen" seien. Bei diesem Turnier stand ter Stegen am Ende wieder im Tor, Leno blieb draußen, so war das meistens mit den beiden. Ter Stegens Spiel ist faszinierender und noch moderner als das von Leno, der dafür in der Pannenstatistik besser abschneidet. Aufgrund seiner traditionelleren Spielweise kassiert Leno seltener so spektakulär unglückliche Tore wie ter Stegen zuletzt in Barcelona.

Am Montag hat Barcelonas Trainer Luis Enrique verkündet, er werde im Tor "an der Idee der vorigen Saison festhalten". Das würde bedeuten, dass ter Stegens chilenischer Rivale Claudio Bravo nach überstandener Verletzung wieder für die Liga gesetzt ist, während ter Stegen sich in Pokal und Champions League bewähren darf. Andreas Köpke hat ter Stegen bereits signalisiert, dass er diese kuriose Arbeitsteilung akzeptiert. Was Bernd Leno davon hält, ist bisher noch nicht bekannt.

© SZ vom 29.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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