FC Barcelona:Der Verdruss wird mit jedem Spiel größer

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Die Szene, die dem FC Barcelona weh tut: Piqué verletzt sich im Duell mit Angel Correa. (Foto: Bernat Armangue/AP)

Anführer Piqué ist schwer verletzt, die Abwehr bereitet große Sorgen und vorne verliert selbst Messi reihenweise Bälle: Es passt gerade wenig zusammen beim einst so fein gestimmten Orchester.

Von Jonas Beckenkamp

Am Tag nach dem nächsten Reinfall ist der Katzenjammer in Barcelona noch etwas lauter, als er es am Samstag ohnehin schon war. Zum Alarmismus um die kriselnde Mannschaft gesellte sich an diesem Sonntag auch noch eine Schreckensmeldung aus dem medizinischen Bereich: Verteidiger Gerard Piqué, der emotionale Leader des Teams, hat sich beim 0:1 (0:1) gegen Atlético Madrid verletzt - und zwar so schwer, dass er wohl einige Monate fehlen wird. Er war in einem Duell mit Angel Correa in der zweiten Halbzeit umgeknickt und zu Boden gegangen.

Jetzt übermittelte der Verein die Diagnose: eine schwere Innenbanddehnung sowie einen Anriss des vorderen Kreuzbandes. Der wichtigste Mann der Defensive fällt lange aus, der Rückstand auf die Tabellenspitze beträgt sagenhafte zwölf Punkte, Besserung ist nicht in Sicht - das sind die harten Fakten zur Lage eines Großklubs im Taumelzustand. Grad kommt alles zusammen, Barça muss vieles verkraften: Den Querflug von Torwart Marc-André ter Stegen, das verkorkste Jubiläum von Lionel Messi, die Debatten an allen Enden.

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Ter Stegen hatte sich gegen Atletico kurz vor der Halbzeit massiv verschätzt, er war nach einer Schluderei Piqués in der gegnerischen Hälfte viel zu schnell viel zu weit aus seinem Tor gestürmt und wurde von Torschütze Yannick Carrasco ausgespielt. Diesen Schock konnte das Team nicht mehr abschütteln, so dass letztlich bereits die dritte Pleite in La Liga stand. Nach gerade mal acht Partien, wohlgemerkt. Es ist der schlechteste Saisonstart seit 1991.

Auf dem Platz sollen sich dem Vernehmen nach sogar die alten Rivalen von Atlético über die Apathie der Gäste gewundert haben. Die Madrider Zeitung Marca sah gar ein "Barcelona im Schockzustand" und berichtet, wie die Veteranen Atléticos sich im Spiel belustigt über den Zerfall beim Gegner unterhielten. Und weil sich kurz vor Abpfiff bei einem Schussversuch auch noch Sergi Roberto am rechten Oberschenkel verletzte, heißt es bei Marca nun voller Entsetzen: "Barça hat keine Abwehr mehr!"

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Piqué, Roberto (der vermutlich zwei Monate zuschauen muss), Ousmane Dembélé mit einer Schulterverletzung, dazu die Langzeitverletzten Samuel Umtiti (Knieverletzung) und der Uruguayer Ronald Araújo (Muskelverletzung), - das sind in der Tat gravierende Unwuchten. Hinten zwickt es Barcelona zusehends, schlimmer ist aber, dass es auch vorne schlecht aussieht. Es passt einfach nichts mehr zusammen beim einst so fein gestimmten Orchester.

Nachdem der Klub mit Luis Suárez seinen besten Torschützen zu Saisonbeginn zu Atlético geschickt hat, sollten eigentlich Messi, Antoine Griezmann und Ansu Fati das Toreschießen übernehmen, aber diese Hoffnungen haben sich zerschlagen. Fati ist außer Gefecht, er kuriert derzeit eine Meniskusverletzung aus - und Griezmann ist längst nicht mehr der Griezmann aus seinen Atlético-Tagen. So bleibt wieder einmal alles an Messi hängen, doch dessen 800. Spiel für die Katalanen in Madrid war eines seiner schwächsten überhaupt.

23 Ballverluste zählten die Statistiker bei ihm. Kaum zu fassen eigentlich - und doch ist der Durchhänger des Kapitäns symptomatisch. Er selbst hatte unter der Woche nochmal seine Kritik erneuert. Er sei es "langsam satt, bei allem immer das Problem im Klub zu sein." Die Probleme sind nun für alle sichtbar - und Trainer Ronald Koeman hat Mühe, seinen Verdruss über die Situation zurückzuhalten.

"So was darf einer Mannschaft wie der unseren nicht passieren", ärgerte sich der Niederländer nach dem Niedergang bei Atlético voller Zerknirschung. Er mache sich "ziemliche Sorgen", sagte er und er muss es wissen, schließlich gab er selbst einst ein kernigen Abwehrchef in Barças "Dreamteam" zu Beginn der 90er Jahre. Aber das waren andere, unbeschwertere Zeiten. Heute dominieren Corona-Sorgen, Diskussionen um Gehaltsverzicht der Profis und schwere finanzielle Nöte die Stimmungslage in Barcelona. "Barça verteilt weiter Geschenke und wirkt immer fragiler", kommentierte das Magazin Mundo Deportivo.

Nicht gerade ideale Voraussetzungen für die kommenden Aufgaben. Immerhin: Etwas Entspannung soll am Dienstag die Champions-League-Partie gegen Dynamo Kiew bringen. Denn in der Königsklasse hat sich die katalanische Krise noch nicht so stark bemerkbar gemacht - das vorzeitige Weiterkommen könnte gegen die Ukrainer gelingen. Die Frage ist nur: mit welcher Abwehr?

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