Der niederländische Rekordmeister Ajax Amsterdam hat nach der Trennung von Sven Mislintat, 50, die Untersuchungen über das Verhalten des bisherigen Sportdirektors rund um den Transfer des kroatischen Verteidigers Borna Sosa (vom VfB Stuttgart) fortgesetzt. Mislintats Abschied stehe allerdings nicht im Zusammenhang mit der Untersuchung, die von einem Wirtschaftsprüfer durchgeführt werde, teilte der Klub in einer Erklärung mit.
Als Grund für die Trennung - wenige Stunden nach dem abgebrochenen Klassiker zwischen Ajax und Feyenoord Rotterdam (0:3) - nannte Interimsgeschäftsführer Jan van Halst die mangelhafte Zusammenarbeit mit Mislintat: "Verschiedene Versuche, eine breitere Basis herzustellen, haben nicht zu dem gewünschten Effekt geführt. Das führt zu Unruhe in und um den Klub herum. Und das kommt auch durch die enttäuschenden Leistungen", schrieb Ajax auf seiner Homepage. Mit nur einem Sieg aus den ersten fünf Spielen hat der Verein den schlechtesten Saisonstart seit 1965 hingelegt.
Zum vorzeitigen Ende der Partie gegen den Erzrivalen Feyenoord war es am Sonntag gekommen, weil Fans in der Arena wiederholt Pyrotechnik abbrannten. Der Schiedsrichter beendete die Partie gemäß den in den Niederlanden sehr strengen Regeln beim Stand von 3:0 für Meister Feyenoord, nachdem bereits zum zweiten Mal Leuchtraketen auf das Feld geflogen waren. Das Spiel, bei dem keine Gästefans aus Rotterdam anwesend waren, könnte nun gegen Ajax gewertet oder binnen weniger Tage unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf einem neutralen Platz zu Ende gespielt werden.
Der gebürtige Dortmunder Mislintat wird dann definitiv nicht mehr mit dabei sein. In der vergangenen Transferperiode kaufte der frühere Kaderplaner des BVB und des VfB Stuttgart für insgesamt 109 Millionen Euro neue Spieler für Ajax ein. Die Verpflichtungen haben sich bisher nicht als Verstärkungen erwiesen. Am Sonntag - Mislintat durfte auf Anordnung der Ajax-Direktion schon nicht mehr im Stadion anwesend sein - stellte Trainer Maurice Steijn überwiegend Spieler aus dem Ajax-Jugendbereich auf. Der von Mislintat geholte Sosa hatte als Verteidiger eine Mitschuld an den Gegentoren und wurde zur Pause ausgewechselt.
Ajax nahm unter Mislintat allerdings durch Spielerverkäufe auch 156 Millionen Euro ein. Kritiker werfen dem Deutschen vor, zum Teil unbekannte Spieler aus zweiten europäischen Ligen zu überhöhten Preisen erworben zu haben. Bei seinen Einkäufen habe er zu wenig Rücksicht auf die Wünsche des von ihm angestellten Trainers Steijn genommen.
Am vergangenen Mittwoch war bekannt geworden, dass es einen möglichen Interessenkonflikt beim Wechsel des kroatischen Nationalspielers Sosa zu Ajax geben könnte. Hintergrund ist Mislintats Beteiligung an dem Fußballdaten-Analyse-Unternehmen Matchmetrics. An dieser Firma ist seit Sommer auch die Spielerberatungsagentur AKA Global GmbH beteiligt, die den Wechsel von Sosa aus Stuttgart jüngst für eine Ablösesumme zwischen acht und zehn Millionen Euro einfädelte.
In einer Stellungnahme hatte der niederländische Rekordmeister mitgeteilt, dass dem Verein die Beteiligung von AKA an Matchmetrics nicht bekannt gewesen sei und es eine unabhängige Untersuchung geben werde. Mislintat habe gegenüber dem Klub erklärt, dass er uneingeschränkt Kooperation leisten werde, einschließlich der Weitergabe aller relevanten Unterlagen.