Ajax-Sportchef Mislintat:Eine unglückselige Dreiecksbeziehung

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Arbeiteten einst beim VfB Stuttgart und arbeiten nun auch bei Ajax Amsterdam zusammen: Sven Mislintat (links) und Borna Sosa. (Foto: Michael Weber/Imagepower/Imago)

Der Technische Direktor von Ajax Amsterdam steht wegen des Transfers von Borna Sosa in der Kritik. Der Wechsel lief über eine Beraterfirma, die Anteile an einem Unternehmen Mislintats hält. Jetzt prüft auch der VfB Stuttgart alte Geschäfte.

Von Vinzent Tschirpke

Erst im Mai hat Sven Mislintat seinen Posten als Technischer Direktor bei Ajax Amsterdam angetreten, seitdem ebbt die Kritik am ehemaligen Sportdirektor des VfB Stuttgart nicht ab. Neben dem schwachen Saisonstart von Ajax, das nach vier Spieltagen nur auf Platz zwölf der Tabelle steht, und einer angeblich unterkühlten Beziehung zum Trainer Maurice Steijn wird dem 51-Jährigen nun ein Interessenkonflikt vorgeworfen. Hintergrund ist der Transfer von Borna Sosa vom VfB zu Ajax.

Der Linksverteidiger Sosa wechselte am sogenannten Deadline Day, also ganz am Ende der Transferphase, für acht Millionen Euro von Stuttgart nach Amsterdam, der Transfer wurde über die Berateragentur "AKA Global GmbH" abgewickelt. Weil das Unternehmen jedoch seit Sommer diesen Jahres 3,16 Prozent der Anteile an der Datenanalysefirma "Matchmetrics" hält, die wiederum von Sven Mislintat mitgegründet wurde und an der er selbst zu 35 Prozent beteiligt ist, könnte er von dem Transfer persönlich profitiert haben. In jedem Fall ist die Geschichte eine unglückselige Dreiecksbeziehung.

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Der VfB Stuttgart ist nun wieder da angekommen, wo er nie mehr sein wollte: Ein Trainer muss mitten im Abstiegskampf mit einer Mannschaft arbeiten, die er selbst niemals so zusammengestellt hätte.

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Kern des Vorwurfs ist außerdem, dass Mislintat dem niederländischen Rekordmeister die pikante Anteilseignerkonstellation nicht mitgeteilt habe. In einer Stellungnahme an den niederländischen Sender NOS gab Ajax an, "keine Kenntnis von einer Beteiligung der AKA Global GmbH an Matchmetrics" gehabt zu haben. Der Verein werde nun eine Untersuchung einleiten, könne dabei aber auf die vollständige Transparenz vonseiten Mislintats zählen: "Sven bietet dabei seine volle Kooperation an, einschließlich der Weitergabe aller relevanten Dokumente."

Für börsennotierte Vereine gelten besondere Regeln

Neben den Diskussionen um den ohnehin umstrittenen Technischen Direktor könnte der Interessenkonflikt weitere Folgen haben. Als börsennotiertes Unternehmen gelten für Ajax Amsterdam strengere Regeln als für andere Klubs. Verstrickungen wie die nun offenbar vorliegende können bei einer Aktiengesellschaft gesetzlich verboten sein. So könnte der Vertrag, der zwischen Borna Sosa und Ajax Amsterdam geschlossen wurde, wegen der Verbindungen von Mislintat zu Sosas Berateragentur nachträglich für ungültig erklärt werden.

Mislintat drohen ebenfalls Konsequenzen. Ein Zurückhalten relevanter Informationen könnte ihn seinen Job kosten - und er könnte für einen etwaigen finanziellen Schaden von Ajax Amsterdam verantwortlich gemacht werden. Dass Sosa erst kurz vor dem Transfer seine Berateragentur gewechselt hat und sich nun statt von CAA Stellar von AKA Global vertreten ließ, hat einen faden Beigeschmack. Mislintat hat sich öffentlich bisher nicht konkret zu den Vorwürfen geäußert.

Sven Mislintat ist bei Ajax Amsterdam umstritten. (Foto: David Inderlied/dpa)

Aus dem Umfeld von Ajax heißt es nun allerdings auch, dass der Aufsichtsrat des Klubs mit der Arbeit Mislintats schon länger unzufrieden sei - und dem Verein ein möglicher Trennungsgrund sogar gelegen kommen könnte. Mislintat war bereits diesen Sommer in die Kritik geraten, nachdem er den russisch-armenischen Mittelfeldspieler Eduard Sperzjan verpflichten wollte. Der Transfer vom russischen Erstligisten FK Krasnodar zu Ajax wurde aufgrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine vom Ajax-Aufsichtsrat untersagt.

Mit Verweis auf die offenkundigen Verbindungen von Mislintat, AKA Global und Matchmetrics kündigte nun auch der VfB Stuttgart an, Geschäfte aus der Amtszeit seines alten Sportdirektors zu untersuchen. Der VfB teilte dazu am Donnerstag dem Kicker mit, man prüfe "aus gegebenem Anlass die betroffenen Transferaktivitäten". 2020 wechselte beispielsweise Waldemar Anton unter Mandat von AKA Global zum VfB, inwiefern der Transfer Ungereimtheiten aufweisen könnte, bleibt abzuwarten. In Stuttgart war Sven Mislintat von Mai 2019 bis November 2022 Sportdirektor.

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