Achtelfinale in der Champions League:Willkommen im Kaugummi-Cup

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Für alle Freunde der Champions League beginnen nun jene Wochen, in denen man sehr tapfer sein muss. Der Spielplan ist auseinandergerissen, dauernd wird irgendwo und irgendwie gespielt. Das Kalkül ist klar: Noch mehr Termine fürs Fernsehen, noch mehr Werbezeit für die Sponsoren.

Christof Kneer

Die Idee darf noch nicht verraten werden, so geheim ist sie. Sie ist sogar so geheim, dass sie noch gar nicht erfunden ist. Aber lange kann es nicht mehr dauern, bis der europäische Fußballverband Uefa das Achtelfinale der Champions League auf acht Wochen streckt.

Damals im Februar: Der FC Bayern mit Philipp Lahm (links) traf auf Inter Mailand mit Wesley Sneijder. (Foto: AFP)

Das wäre innovativ und originell: Anfang Februar lässt die Uefa die erste Halbzeit der Partie von Apoel Nikosia gegen ZSKA Moskau austragen, die zweite Halbzeit wird Ende März angesetzt. Dazwischen wochenlang diese vibrierende Hochspannung: Wird es ZSKA schaffen, den 0:2-Pausenrückstand noch aufzuholen? Gelingt den Russen in der zweiten Hälfte ein frühes Tor, und wenn ja, wie viele?

Für alle Freunde der Champions League beginnen nun wieder jene Wochen, in denen man sehr tapfer sein muss. Zum dritten Mal präsentiert die Uefa jenen Spielmodus, der das Achtelfinale der Champions League zum Kaugummi-Cup macht. Vier Wochen lang wird dauernd irgendwo und irgendwie gespielt; wer da nicht den Überblick verlieren will, muss sich aus dem realen Leben verabschieden und vier Wochen mit seinem Decoder einschließen.

Das wäre im Übrigen ganz im Sinne der Uefa, die diese Spielplan- Reform natürlich mit warmen Worten begleitet hat. Das Kalkül dahinter ist umso kühler: Es gibt noch mehr Termine für die Fernsehanstalten, noch mehr Werbezeit für die Sponsoren.

Es wird gerade in rührender Ernsthaftigkeit darüber diskutiert, ob das sogenannte Financial Fairplay die Kräfteverhältnisse in dieser heiligen Liga verändern wird. Ob also die einflussreichen Schuldenklubs aus den heiligen Fußballländern an Dominanz einbüßen, wenn ihnen die Uefa künftig dank eines neuen Reglements kritisch in die Bücher schaut. Allen an Romantik erkrankten Fußballfreunden sei zum Zwecke der Genesung ein Blick aufs Kaugummi-Achtelfinale verschrieben, in dem derselbe Geist steckt, den das Financial Fairplay (angeblich) austreiben soll. Der Geist heißt Mammon.

PS: Laurent Platini, Sohn des Uefa-Bosses Michel, hat seit kurzem einen neuen Job. Er ist Europachef der Qatar Sport Investment, eines Giganten, dem auch Paris Saint-Germain gehört. Der Klub soll unbedingt schnell in die Champions League.

© SZ vom 14.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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