11. Spieltag in der Bundesliga:Hand-Debatte um Raúl

Lesezeit: 5 min

Schalkes Raúl erzielt gegen Hoffenheim ein fragwürdiges Tor und muss sich als Lügner beschimpfen lassen. Hertha BSC gewinnt ein verrücktes Spiel in Wolfsburg, Pizarro feiert beim Bremer Sieg in Mainz ein Jubiläum, der 1. FC Nürnberg war gegen die Bayern nur kurz ebenbürtig - ganz kurz.

Alle Spiele im Überblick

Tatsächlich, für eine kurze Zeit war der 1. FC Nürnberg ebenbürtig. Für etwas über eine Minute. Dann ließ Bastian Schweinsteiger die erste Flanke in den Nürnberger Strafraum segeln, wo der Ball wie selbstverständlich den Kopf von Mario Gomez fand. Der Stürmer erledigte seine Arbeit, die Bayern führten 1:0 - und der Widerstand der Nürnberger? Der war bereits gebrochen.

Torjubel auf Knien: Bastian Schweinsteiger (rechts) mit Mario Gomez. (Foto: dpa)

Entsprechend wurde die Partie zu einem der einseitigsten bayerischen Derbys der vergangenen Jahre. Zwei Treffer von Mario Gomez (2./68.) sowie Tore von Bastian Schweinsteiger (19.) und Franck Ribery (39.) sorgten vor 69.000 Zuschauern für das verdiente 4:0 (3:0). "Wir haben wunderschöne Tore herausgespielt", sagte Bayern-Trainer Jupp Heynckes: "Die Mannschaft zeigt exzellenten Fußball, sehr gute Raumaufteilung, ist sehr ballsicher und passicher, und man sieht, dass die Spieler Spaß am Fußballspielen haben."

33:0-Tore lautet die Bilanz der letzten acht Heimspiele, zudem hatte noch keine Mannschaft der Liga-Geschichte nach elf Spieltagen ein besseres Torverhältnis als 30:3. Die Nürnberger Mannschaft von Dieter Hecking hingegen rückt nach der sechsten sieglosen Partie und dritten Auswärts-Pleite in Folge immer näher an die Abstiegsplätze heran.

Nürnbergs Kapitän Timmy Simons hingegen klagte: "Wenn du nach zwei Minuten schon den Rückstand bekommst, weißt du, dass es schwer wird. Wir hatten keinen Zugriff, dann kannst du auch nicht erwarten, dass wir nach vorne spielen."

Der Plan der Nürnberger, das ungleiche Duell so lange offenzuhalten wie möglich, war bereits nach 86 Sekunden gescheitert. Badstuber bewies mit seinem langen Diagonalpass auf Schweinsteiger Spielübersicht, und der musste nicht lange überlegen: Seine Flanke erreichte punktgenau den Kopf von Gomez, der aus fünf Metern zur Führung traf.

Nürnberg gab sich trotz des frühen Schocks nicht auf - doch die geduldig spielenden Bayern legten per Einzelaktion bereits 17 Minuten später nach. Diesmal ließ Gomez auf Schweinsteiger abtropfen, der den Ball aus 20 Metern unhaltbar für Club-Ersatzkeeper Alexander Stephan zum verdienten 2:0 in Netz hämmerte (19.).

Die Franken konnten sich von diesem Schock nicht erholen und versteckten sich minutenlang in der eigenen Hälfte. Beinahe hätte Kapitän Simons sogar das eigene Tor getroffen (25.). Gomez (32.) und Ribery (35.) scheiterten per Kopf, ehe der Franzose noch vor der Pause für die Entscheidung sorgte. Nach einem Pass von Lahm zog Ribery nach innen und schloss aus 17 Metern zum 3:0 ab.

Neuer kam in der Folge allerdings durch Alexander Esswein (44.) und Tomas Pekhart (55.) auch zweimal in Bedrängnis. Überhaupt schalteten die Bayern mit Blick auf das Champions-League-Spiel am Mittwoch gegen den SSC Neapel aber mehr als einen Gang zurück. Gegen die harmlosen Gäste hatten van Buyten (64.) und Gomez (65.) dennoch die Chance zu erhöhen. Badstuber traf zudem Aluminium (66.), ehe Gomez mit seinem 12. Saisontreffer endgültig alles klar machte.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Wuselige Vertreter der Chaos-Theorie

Frank Ribéry und Thomas Müller wühlen und wursteln in Bestform, Rafinha und Philipp Lahm agieren unmenschlich konstant. Mario Gomez jagt den Gerd-Müller-Rekord und darf seine Mitspieler mit einem lustigen Spruch nerven. Die Bayern beim 4:0 gegen Nürnberg in der Einzelkritik.

Jürgen Schmieder, Fröttmaning

Große Aufregung herrschte hingegen beim Auftritt des FC Schalke 04 gegen 1899 Hoffenheim. Schalke siegte am Ende 3:1 (1:0) durch Tore von Raúl (28. Minute) und Klaas-Jan Huntelaar (74., Foulelfmeter/76.), was auf ein recht souveränes Spiel der Schalker schließen ließ. Vedad Ibisevic (64.) hatte den zwischenzeitlichen Ausgleich erzielt. Doch um den Führungstreffer des Spaniers Raúl entsponnen sich heftige Diskussionen.

Hand oder nicht? Schalkes Raúl gegen Hoffenheims Tom Starke. (Foto: AP)

Was war passiert? In der 28. Minute hatte Raúl eine Flanke von der Grundlinie mit dem linken Fuß angenommen, von dort prallte der Ball gegen den angelegten rechten Oberarm und dann ins Tor. Die Hoffenheimer protestierten, Schiedsrichter Tobias Welz befragte Raúl, der dem Referee die Situation aus seiner Sicht erklärte. "Das 1:0 war ein klares Tor, ich habe den Ball nicht mit Absicht mit der Hand gespielt", erklärte Raúl nach dem Spiel. Welz glaubte ihm - das Tor zählte.

Die Hoffenheimer hingegen zürnten. "Er macht das Tor ganz klar mit der Hand, deswegen ist er ein irreguläres Tor. Der Schiedsrichter hat es nicht gesehen, er hat ihn gefragt. Raul hat dann verneint. Selbst so ein Sportsmann hat es nötig zu lügen", klagte Hoffenheims Keeper Starke. Auch sein Trainer Holger Stanislawski sagte: "Wenn der Schiedsrichter schon hingeht und fragt, dann hat er es auch wahrgenommen. Dann darf er das Tor nicht geben."

Stanislawski sagte jedoch auch: "Es wird jetzt wieder von 1000 Schiedsrichter-Experten auseinander gepflückt, so dass der Schiedsrichter Recht bekommt. Insofern brauchen wir uns nicht darüber aufregen. Das ist ein Klientel, das unantastbar ist."

Mainz verliert, Pizarro feiert

Der FSV Mainz 05 führte gegen Werder Bremen bereits und alles sah gut aus. Doch dann kassierte das Team von Trainer Thomas Tuchel noch drei Gegentore und verlor am Ende mit 1:3 (1:1.). Es war die fünfte Heimniederlage in Serie. Drei Tage nach dem 1:0 im DFB-Pokal bei Hannover 96 unterlagen die Rheinhessen am Samstagabend auch deswegen, weil sie in der Abwehr zu viele Fehler machten.

Vor 34.004 Zuschauern blieben die Mainzer auch in der neunten Bundesliga-Partie sieglos - der gewünschte Sieg gegen die Abstiegssorgen gelang dem Überraschungsteam der vergangegen Saison erneut nicht. Claudio Pizarro mit seinem 150. Bundesliga-Treffer (29. Minute), Aaron Hunt (47.) und Sebastian Prödl (78.) erzielten die Tore für Werder. Mit 20 Punkten halten die Bremer Anschluss an die Tabellenspitze. Niko Bungert hatte Mainz in Führung geköpft (23.), nachdem die Bremer Defensive bei einer Flanke zu unaufmerksam war. Doch dann gaben die Mainzer das Spiel aus der Hand und kassierten letztlich eine verdiente Niederlage.

Reus trifft doppelt für Gladbach

Hingegen hat sich Borussia Mönchengladbach nach drei sieglosen Spielen wieder im oberen Tabellendrittel etabliert und Hannover 96 ein wenig gebremst. Die Gladbacher bezwangen die Niedersachsen mit 2:1 (1:1) und haben damit ihre kleine Negativserie vorerst beendet. Hannover fiel vom vierten Tabellenplatz zurück und blieb im vierten Auswärtsspiel in Serie ohne Sieg. Vor 51.036 Zuschauern im Borussia-Park erzielte Marco Reus beide Treffer für die Gastgeber (21./51.), Emanuel Pogatetz traf für 96 (26.).

"Nach drei Spielen ohne Sieg haben wir mal wieder gewonnen, darüber freuen wir uns. Mit meinen beiden Toren habe ich der Mannschaft geholfen. Dafür arbeite ich", sagte Doppel-Torschütze Marco Reus bescheiden. Hannovers Trainer Mirko Slomka klagte: "Das war ein gutes Auswärtsspiel von uns. Wir haben es aber nicht geschafft, die Bälle zu verwerten. Deshalb haben wir verloren."

Felix Magath ist bedient

Ex-Meister VfL Wolfsburg erlebte dagegen die nächste Enttäuschung. Nach drei Heimsiegen erlitt das Team von Trainer Felix Magath mit dem 2:3 (1:2) gegen Hertha BSC eine erneute Niederlage. Vor 30.000 Zuschauern erzielten der agile Raffael (27.), Levan Kobiashvili (37./Foulelfmeter) und Pierre-Michel Lasogga (85.) die Hertha-Tore. Wolfsburgs Torjäger Mario Mandzukic (31.) mit seinem siebten Saisontreffer und Marcel Schäfer (84.) trafen für den VfL. Das reichte den Wolfsburgern in einer temporeichen Begegnung aber nicht für einen Punktgewinn.

Felix Magath äußerte sich entsprechend bedient: "Wir haben hier eine unnötige Niederlage kassiert. Nach vorne haben wir gut gespielt, aber dabei vergessen, das eigene Tor zu verteidigen. Auch nach dem Ausgleich haben scheinbar alle nur an das 3:2 gedacht und die Verteidigung außer Acht gelassen." Hertha-Trainer Markus Babbel jubilierte: "Ich muss meiner Mannschaft ein Kompliment machen. Sie hat sich in das Spiel hineingekämpft. Am Ende hatten wir auch das Quäntchen Glück auf unserer Seite. Nach dem 2:2 hat meine Mannschaft sich kurz geschüttelt und noch den Siegtreffer erzielt."

© sueddeutsche.de/dpa/sid/dapd/ebc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: