München:Wirtschaft bringt längere AKW-Laufzeiten ins Gespräch

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München (dpa/lby) - Die bayerischen Arbeitgeber bringen wegen des absehbaren Mangels an heimischem Strom im Freistaat eine Verschiebung des Atomausstiegs ins Spiel. "Wenn alle Stricke reißen, darf auch die Verlängerung der Laufzeiten der bayerischen Atomkraftwerke kein Tabuthema sein", sagte der Präsident der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw), Alfred Gaffal, am Dienstag in München.

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München (dpa/lby) - Die bayerischen Arbeitgeber bringen wegen des absehbaren Mangels an heimischem Strom im Freistaat eine Verschiebung des Atomausstiegs ins Spiel. „Wenn alle Stricke reißen, darf auch die Verlängerung der Laufzeiten der bayerischen Atomkraftwerke kein Tabuthema sein“, sagte der Präsident der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw), Alfred Gaffal, am Dienstag in München.

Der Anlass dieses Gedankenspiels: Ende 2022 soll Isar II als letztes deutsches Atomkraftwerk abgeschaltet werden. Da die von der CSU geplanten neuen Gaskraftwerke nie gebaut wurden, wird der bayerische Strombedarf die Stromproduktion im Freistaat voraussichtlich um etwa ein Drittel übersteigen. Gleichzeitig werden wegen des ebenfalls lahmenden Netzausbaus die zwei großen neuen Stromtrassen noch nicht in Betrieb sein, die norddeutschen Windstrom nach Bayern transportieren sollen.

„Die Energiewende steckt fest“, kritisierte Gaffal bei der Vorstellung eines neuen Gutachtens zum Fortschritt der Energiewende. Die „Jahreshöchstlast“ in Bayern - das ist der maximale Strombedarf - liegt demnach bei 12,7 Gigawatt. Ab Ende 2022 werde im Freistaat aber nur noch eine gesicherte Leistung von acht Gigawatt erzeugt werden, sagte Gaffal.

Auch die von der vbw beauftragten Gutachter des Prognos-Instituts sehen mangelnde Fortschritte: „Wenn man sich das im Zeitverlauf ansieht, ist es im Grunde erschreckend“, beklagte Prognos-Vizedirektorin Almut Kirchner. Die Schweizer Berater haben einen guten Ruf und in der Vergangenheit auch zahlreiche Gutachten im Auftrag der öffentlichen Hand erstellt.

Laut Prognos-Studie sind die wesentlichen Ziele der Energiewende ungeachtet der Milliardensubventionen für den Umbau der Energieversorgung bislang in weiter Ferne - und zwar sowohl in Deutschland insgesamt als auch in Bayern im Besonderen. Der Ausstoß an Treibhausgasen in Deutschland ist nicht gesunken, die Energieeffizienz nicht wesentlich gestiegen, der Ausbau der Stromnetze hinter dem Zeitplan - sämtlich Feststellungen, die auch aus offiziellen Verlautbarungen von Ministerien und Behörden hervorgehen. Prognos-Vizedirektorin Kirchner sprach mehrfach von einer „Abweichung vom Zielpfad“.

Ex-Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte 2011 als Devise ausgegeben, der in Bayern verbrauchte Strom solle auch künftig in Bayern produziert werden, außerdem solle es keine Preissteigerungen geben. „Seit dem Jahr 2000 musste unsere Industrie fast eine Verdreifachung der Strompreise hinnehmen“, sagte Gaffal.

Darüber hinaus machen die Berliner Überlegungen zum Kohleausstieg bis spätestens 2038 sowohl Wirtschaft als auch die Ökonomen des ifo-Instituts unglücklich - wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. „Die Vorschläge haben unsere Sorge noch einmal drastisch erhöht“, sagte Gaffal. Es „besteht die große Gefahr, dass hier mit viel Geld falsche und letzten Endes illusorische Vorstellungen geweckt werden“, kritisierte der Wirtschaftsforscher Joachim Ragnitz am Dienstag in Dresden. Das bezieht sich darauf, dass der Bund den deutschen Kohleregionen 40 Milliarden Euro Subventionen verspricht, um den Strukturwandel zu erleichtern.

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