Internet - München:Verfassungsschutz: Neues Gesetz gegen Hass im Netz wirkt

München (dpa/lby) - Das umstrittene Gesetz gegen Hass im Netz zeigt nach Einschätzung der Verfassungsschützer in Bayern und Niedersachsen Wirkung in der rechten Szene. Rechtsextremistische Gruppen müssten alternative Kommunikationsplattformen für Aktivisten, Sympathisanten und mögliche Interessenten finden, sagte ein Sprecher des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz in München der Deutschen Presse-Agentur. "Nach der Löschung von Accounts beispielsweise auf Facebook, Instagram oder YouTube führt eine Abwanderung auf eine alternative Plattform zu einem Schwund an Followern. Eine geringere Reichweite erschwert dann die Rekrutierung neuer Mitglieder."

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München (dpa/lby) - Das umstrittene Gesetz gegen Hass im Netz zeigt nach Einschätzung der Verfassungsschützer in Bayern und Niedersachsen Wirkung in der rechten Szene. Rechtsextremistische Gruppen müssten alternative Kommunikationsplattformen für Aktivisten, Sympathisanten und mögliche Interessenten finden, sagte ein Sprecher des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz in München der Deutschen Presse-Agentur. "Nach der Löschung von Accounts beispielsweise auf Facebook, Instagram oder YouTube führt eine Abwanderung auf eine alternative Plattform zu einem Schwund an Followern. Eine geringere Reichweite erschwert dann die Rekrutierung neuer Mitglieder."

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Harbarth (CDU), sagte: "Gerade die jüngsten schlimmen rechtsextremen Ausschreitungen in Chemnitz zeigen, wie wichtig es ist, dass auch soziale Netzwerke keine rechtsfreien Räume sind, sondern Straftaten dort konsequent unterbunden werden." Je weniger solche Gruppierungen ihre Straftaten im Netz verbreiten könnten, um neue Mitglieder anzuziehen, umso besser.

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) war Anfang 2018 in Kraft getreten. Es schreibt vor, dass die Plattformen klar strafbare Inhalte 24 Stunden nach einem Hinweis darauf löschen müssen - und in weniger eindeutigen Fällen eine Woche Zeit haben. Wer der Forderung wiederholt und systematisch nicht nachkommt, dem drohen Strafen in Millionenhöhe. Allerdings hatte das Gesetz immer wieder für Kritik gesorgt. Gegner argumentieren, dass es die Betreiber dazu verleite, aus Angst vor Bußgeldern grenzwertige Inhalte eher zu sperren.

Rechtsextremistische Zusammenschlüsse in Bayern nutzen nach Angaben des Verfassungsschutzes sämtliche Plattformen sozialer Medien, um Aufmerksamkeit von Nutzern zu wecken, ihre Sichtbarkeit zu erhöhen und Mitglieder zu rekrutieren. Das geschehe entweder direkt im Sinne einer Mitgliedergewinnung oder indirekt, indem die eigenen Aktivitäten beworben würden, erklärte der Sprecher weiter.

Es gebe aber Unterschiede bei der Wahl der Social-Media-Plattform, erläuterte der Sprecher. So würden diese nach Reichweite ausgewählt - je nachdem, ob Unterstützer oder Mitglieder der jeweiligen Gruppierung beziehungsweise Partei angesprochen werden sollen oder ob es darum geht, neue Interessenten zu gewinnen.

Die Löschung der Facebook-Accounts treffe beispielsweise die Identitäre Bewegung Deutschland und ihre bayerischen Regionalgruppen hinsichtlich der Rekrutierung stark. Sie versuchten, ihre Anhänger und Interessenten durch eigene Homepages zu informieren. Auf diesen gebe es Reiter wie "Mitmachen" oder "Werde aktiv". Des weiteren hätten einige Regionalgruppen Accounts bei dem aus Russland stammenden Netzwerk vk.com sowie beim Kurznachrichtendienst Twitter.

Neben der Identitären Bewegung wird vk.com den Angaben nach von der neonazistischen Kleinstpartei Der Dritte Weg (III. Weg) genutzt. Weitere rechtsextremistische Akteure wie die NPD Bayern und einige Kreis- beziehungsweise Ortsverbände der Partei betrieben nach wie vor Accounts auf Facebook - genauso wie Pegida München.

Ähnliche Erfahrungen hat auch der Verfassungsschutz in Niedersachsen gemacht. "Zuletzt wurden im Mai 2018 die Profilseiten, die der rechtsextremistischen Identitären Bewegung Deutschland (IBD) zugerechnet werden, in den sozialen Netzwerken Facebook und Instagram gesperrt beziehungsweise gelöscht", teilte der Verfassungsschutz mit. Werbung an Infotischen oder bei Kundgebungen habe "einen signifikant geringeren propagandistischen Effekt für entsprechende Organisationen als die Darstellung eigener Aktivitäten in sozialen Netzwerken".

Die großen sozialen Netzwerke sind verpflichtet, Zahlen zu Beschwerden bekanntzugeben. Laut der ersten Halbjahresbilanz wurden beim Videodienst YouTube von Januar bis Juni knapp 215 000 Inhalte gemeldet. Bei der Google-Tochter wurden etwa 27 Prozent der gemeldeten Inhalte entfernt, da sie NetzDG-Straftatbestände darstellten oder gegen die Community-Richtlinien verstießen. Beim Kurznachrichtendienst Twitter gingen sogar knapp 265 000 Beschwerden ein. Bei etwas mehr als jeder zehnten Beschwerde wurden die Inhalte blockiert oder entfernt. Bei Facebook - wo ein komplizierteres Meldeverfahren existiert - wurden lediglich 1704 Beiträge beanstandet. Davon wurden 362 geblockt oder entfernt, das entspricht etwa 21 Prozent. Bußgelder musste nach eigenen Angaben aber keine der drei Plattformen zahlen.

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