Er ist ein wahrhafter Berg von einem Mann. Groß, breit und immer in Bewegung. Seine massigen, flinken Hände untermalen jeden Satz, wenn er von seiner Mission spricht. Die Knie wackeln auf und ab. Stillsitzen ist seine Sache nicht. Aber er hat sein Gegenüber genauestens im Blick, wenn er vom Projekt seines Lebens erzählt.
Tewanee Joseph ist der Diplomat zwischen der Welt der First Nations und der Welt der Weißen.
(Foto: Foto: oH)Tewanee Joseph hat eine Vision. Er will ein echtes Miteinander der kanadischen Ureinwohner, der so genannten First Nations, und der Weißen während der Olympischen Spiele in Vancouver und Whistler. Darüber redet er, und das seit Jahren. Mit Politikern, mit Journalisten, mit den Organisatoren der Olympischen Spiele - und vor allem und immer und immer wieder mit den Ureinwohnern.
Die Situation der First Nations ist in Nordamerika schwierig. Und sie ist immer ein Politikum. Das gilt nicht nur für die Vereinigten Staaten, das gilt auch für Kanada. Als folkloristisches Beiwerk gelten sie manchem Touristen, in Reservaten oder in Museen schaut man sich die Brauchtümer der Nachfahren derer an, die schon lange in und von dem Land lebten, das die Siedler aus dem alten Europa überrannten.
In Kanada hat sich für die mehr als 600 verschiedenen Stämme der Ureinwohner der Begriff First Nations, erste Völker, etabliert. Doch auch diese politisch korrekte Bezeichnung für die mehr als eine Million Menschen kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es Probleme gibt: Alkohol und Drogen, Arbeitslosigkeit und - gerade im hohen Norden Kanadas, in den drei Territorien - die Perspektivlosigkeit der Alten (Elders) und der Jungen. Nicht nur gibt es kaum Arbeit für die First Nations - die Lebensgrundlage, die viele Elders noch kennen, rinnt ihnen unter den Füßen weg. Das ewige Eis schmilzt. Sie können nicht mehr so jagen und fischen, wie es ihre Tradition ist.
Tewanee Joseph kennt all diese Probleme. Aber er will nicht zusehen, wie sich die Stämme mit ihren reichen Traditionen der Depression hingeben - oder einfach nur vermarktet werden. Der 38-Jährige, durch dessen Adern auch Maori-Blut fließt, gehört zum Volk der Squamish, das in Whistler sein angestammtes Land hat. In North Vancouver wuchs er auf, im Capilano Reservat. Der Depression rannte er weg: Der ausgebildete Diplom-Kaufmann mit dem gegelten Igel-Haarschnitt reüssierte in allerlei Sportarten. Er heimste sogar, ganz traditionell kanadisch, Medaillen und Pokale in der Nationalsportart Lacrosse ein.
Joseph kennt die Probleme, die der Status "First Nation" mit sich bringt - und das Leben in einem Reservat. Die Arbeitslosigkeit, die Gewalt, die Drogen. Er tritt nicht an, die Welt aller Ureinwohner Kanadas mit einem Schlag zu verbessern. Aber er will in kleinen Schritten dazu beitragen, dass die Probleme weniger werden. "Und dazu können auch die Olympischen Spiele 2010 beitragen", sagt er.
Monatelang reiste Joseph durch Kanada - durch die drei Territorien im Norden und die zehn Provinzen im Süden. Er sprach mit den Elders der Stämme und erklärte ihnen, was da in Vancouver und in Whistler geplant ist. "Das ist eine große Chance für die indigenen Völker Kanadas - aber viele können mit diesem Riesenunternehmen Olympia nichts anfangen."