Die Berliner, sie sind vor allem abwesend auf den Bildern des Fotografen Markus C. Hurek. Eine Tatsache, die erst auf den zweiten Blick auffällt. Denn die Spuren, die die Bewohner in ihrer Stadt hinterlassen, laden selbst noch Fotografien des eintönigen Plattengraus oder maroder Hinterhöfe mit der starken Präsenz derjenigen auf, die hier etwas weggeworfen, hingeschmiert, angeschraubt oder zum Verrotten abgestellt haben. So ist dann auch von allen Zitaten berühmter Berliner, die einzelnen Buch-Abschnitten vorangestellt sind, der Spruch des Schriftstellers Franz Hessel besonders programmatisch: "Man muss, wie so oft, das Leben der Stadt von den Inschriften ablesen."
Hurek ist mit seiner Kamera auf der Suche "nach dem einmalig Verranzten, der schrägen Szene, dem liebevollen Kiezidyll", wie er im Vorwort schreibt. Was er findet, sind Skurrilitäten wie ein Schild am Friedhofstor, das geschlossen bleiben soll, "um das Eindringen von Wildschweinen zu verhindern", Gemütlichkeit der herben Sorte in Kneipen mit zugemüllten Menüaushängen sowie Zeugnisse gescheiterter urbaner Utopien wie ein Schild "Schuhpflege des Westens" in Schnörkelschrift, das Aufschwung und Überlegenheit verhieß - vor 50 Jahren. Und immer wieder der Versuch der Kieznachbarn, es sich schöner zu machen, und sei es nur mit einem vertrockneten Kaktus auf dem Fensterbrett.
Kuriose Fotos wie diese werden unzählige in sozialen Netzwerken hochgeladen. In Hureks kleinformatigem Band, nicht größer als ein Notizblock, entfalten sie eine ganz andere Qualität. Sie sind keine flüchtigen Gags, sondern Liebeserklärungen.
Markus C. Hurek: Berlin.Backstage. Edition Braus, Berlin 2016. 96 Seiten, 12,95 Euro.