Kolumne "Hin & weg":Privatjet für 35 Dollar

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Einmal mondän fliegen? Nun, in L.A. kann man sich jetzt zumindest in einen Privatjet wie diesen träumen. (Foto: Imago)

In Los Angeles kann man jetzt die perfekte Kulisse fürs Angeber-Selfie mieten.

Glosse von Stefan Fischer

Zugegeben, der Name macht etwas her: Olympic 4. Der Olymp als Sitz der griechischen Götter, die noch richtige Macher-Typen waren; Olympische Spiele und ihre Feier des "Schneller, höher, weiter". Mit Olympic 4 assoziiert man den Griff nach den Sternen, den Gewinn der Goldmedaille, die Sehnsucht nach Allmacht. Wenn ein Privatjet Olympic heißt, kann er doch nur zum Besten zählen, nicht wahr? Zumal, wenn es sich um einen Olympic 4 handelt, was suggeriert, dass es drei ebenfalls schon tolle, aber eben nicht ganz so großartige Vorgängermodelle gibt.

Nun, so ernüchternd dies sein mag: Es gilt, diese gedanklichen Höhenflüge zu erden. Olympic 4 ist zwar irgendwie auch der Name von etwas, das vorgibt, ein Privatjet zu sein, es ist eigentlich aber die Bezeichnung eines Standorts. Eine Art Adresskürzel und zugleich eine Katalognummer. Tun wir kurz noch einmal so, als wäre die Olympic 4 ein Privatjet, dann stünde ihr Hangar dort: 3316 E Olympic Boulevard, Los Angeles.

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Richtig: Los Angeles. Die Stadt, in der die wichtigsten amerikanischen Filmstudios ihren Sitz haben. Deren Geschäft es ist, Kulissen aufzubauen und sie als eine faszinierende Wirklichkeit auszugeben. Von diesem Geist ist auch Olympic 4 durchdrungen. Olympic 4 ist nichts als schöner Schein, ist Als-ob, ist eben die Kulisse eines Privatjet-Inneren. Mit sehr bequem aussehenden cremefarbenen Ledersesseln immerhin, einem spiegelglatt polierten Tisch, dezent-dunkler Auslegeware.

Olympic 4 gehört, weil bloß Jet-Kulisse, dementsprechend weder einem Filmboss noch einem kalifornischen Tech-Milliardär, auch keinem russischen Oligarchen und keinem mexikanischen Drogenboss. Sondern den nach allem was man weiß sehr bodenständigen FD Photo Studios. Dieses Unternehmen ist spezialisiert auf die Vermietung von Kulissen für Fotoshootings. Das meiste davon sind verschiedene Wohninterieurs, es gibt aber auch einen Tank für Unterwasseraufnahmen, eine Halle, in der man es regnen lassen kann, Dschungel- und Morgenland-Fantasien sowie eine Drehbühne für Auto-Peepshows.

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Und es gibt Olympic 4. Für alle, die den Eindruck erwecken wollen, dass sie exklusiv verreisen, obwohl sie sich das nicht leisten können oder wollen. Ein Olympic-4-Ticket hingegen bewegt sich im Billigfliegersegment: Ab 35 US-Dollar pro Stunde darf man an Bord.

Auch die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt und jede Influencerinnen-Karriere mit dem ersten Follower. Von Influencern ist die Olympic 4 jedenfalls schon häufiger gebucht worden. Doch wer glaubt, diese Kulisse sei so etwas wie das Influencer-Starterpaket und von da an dauere der Wechsel in einen echten Privatjet nur etwa so lange wie ein Zubringerflug, der irrt. Auch Kennedy Cymone und Azra Mian haben sich im günstigen Olympic 4 fotografieren lassen, obwohl jede der Frauen da schon mehr als 1,5 Millionen Follower allein auf Instagram hatte.

Um also eine Schleife an den Beginn dieses Textes zu fliegen: Auf dem Siegertreppchen aka im echten Privatjet ist nur Platz für die Allererfolgreichsten. Die naheliegendste Olympia-Assoziation in Zusammenhang mit den Olympic-4-Buchungen von Travel- und Lifestylebloggern ist insofern eine Abwandlung des olympischen Verlierermottos: Adabeisein ist alles.

Stefan Fischer ist kein Freund von Heldenverehrung. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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