Bahn-Streik: Fahrgastrechte:Meinung gegen Meinung

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Sind Streiks wie der der Lokführer am Dienstagmorgen höhere Gewalt oder nicht? Davon hängt ab, ob Reisende Anspruch auf Entschädigung haben. Die Experten sind sich uneinig.

Bahnreisende können nach Ansicht von Experten auch bei Verspätungen durch den aktuellen Lokführer-Warnstreik ihre Fahrgastrechte geltend machen. "Die Streiks sind mit Sicherheit keine höhere Gewalt", sagte der Reiserechtler Paul Degott aus Hannover. Der Streik sei vorhersehbar gewesen und ein "hausgemachtes Problem". Denn die Lokführer seien bahneigenes Personal, anders als es zum Beispiel bei Fluglotsen der Fall ist.

Die Bahn vertritt in dieser Frage eine andere Auffassung: "Wir sehen den Streik als höhere Gewalt", sagte Sprecherin Daniela Bals in Berlin - damit würden die Fahrgastrechte nicht gelten.

Diese Rechte regeln, dass Bahnreisende 25 Prozent des Fahrpreises zurückerhalten, wenn ihr Zug mindestens 60 Minuten zu spät am Zielbahnhof ankommt. Ab einer Verspätung von 120 Minuten bekommen sie die Hälfte erstattet. Auch für Zeitfahrkarten gibt es Regelungen.

Zumindest für verpasste Anschlusszüge bietet die Bahn derzeit eine Kulanzregelung an: Kunden, die wegen streikbedingter Ausfälle oder Verspätungen einen Zug verpassten, erstattet sie die Kosten für Fahrkarte und Reservierung.

Darüber hinaus gehende Entschädigungen für Verspätungen müssten sich Kunden erstreiten, sagte Degott. Dafür müssten sie allerdings keinen Anwalt engagieren und vor Gericht ziehen. Es genüge, sich an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) in Berlin zu wenden.

SÖP-Geschäftsführer Heinz Klewe dagegen argumentiert eher im Sinne der Bahn. Ihre Reaktionszeit sei gegen Null gegangen, da nicht bekannt war, wann genau die Warnstreiks stattfinden. Und wegen ihres Ausmaßes sei die Bahn auch nicht in der Lage gewesen, kurzfristig Ersatz zu organisieren.

Klewe schlug deshalb einen Kompromiss vor: Wenn ein Bahnreisender seine Fahrt nicht antreten konnte, sollte ihm der Fahrpreis ohne Bearbeitungsgebühren zurückerstattet werden. Bei Verspätungen sieht Klewe aber keinen Anspruch auf Entschädigungen. Die Beschwerden der Reisenden würden aber stets im Einzelfall geprüft, sagte Klewe. Und dann werde versucht, auf dem Kulanzweg eine Lösung zu finden, die den Kunden zufriedenstellt.

Der Warnstreik der Lokführergewerkschaft GDL hatte den Zugverkehr am Dienstagmorgen stark behindert. Der Ausstand von 6.00 bis 8.00 Uhr sorgte bundesweit für Zugausfälle und Verspätungen von bis zwei Stunden.

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