Vor dem Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Berlin am Freitag sieht der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, in Erdoğan keinen legitimen politischen Partner Deutschlands. "Wer das Existenzrecht Israels nicht nur leugnet, sondern aktiv bekämpft, darf kein Partner für die deutsche Politik sein", sagte Schuster dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Der Besuch des türkischen Staatspräsidenten muss vom Bundeskanzler dafür genutzt werden, Erdoğan ganz klar deutlich zu machen, dass seine Relativierung des Hamas-Terrors unter keinen Umständen akzeptiert wird."
Auch der Vorsitzende der Kurdischen Gemeinde in Deutschland, Ali Ertan Toprak, sieht das so. "Ich hätte mir in der aktuellen Lage gewünscht, dass die deutsche Seite den Besuch absagt", sagte er dem RND. "Es kann nicht sein, dass wir im Zusammenhang mit der Sicherheit Israels täglich von Staatsräson reden und dann einem der größten Antisemiten hier den roten Teppich ausrollen."
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Erdoğan, der zuletzt die Legitimität Israels anzweifelte, wird am Freitag zu einem Besuch in Berlin erwartet. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte ihn nach dessen Wiederwahl als Präsident im Mai eingeladen. Erdoğan trifft neben Scholz auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Scholz hat angesichts der Differenzen bei der Bewertung des Gaza-Kriegs bereits angekündigt, diese offensiv zu thematisieren.
Die Berliner Polizei rechnet beim Besuch des türkischen Präsidenten mit einem Großeinsatz. Es werde dabei "erhebliche Einschränkungen beim Verkehr in der Stadt" geben, sagte eine Sprecherin. "Die Polizei Berlin ist in der Bewältigung komplexer Einsatzlagen, darunter auch Besuche von Staatsoberhäuptern, erfahren", hieß es. Man bereite sich bei den Sicherheitsvorkehrungen konzentriert auf die anstehende Lage vor.
Erdoğan trifft am frühen Freitagnachmittag Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und danach Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Der genaue Zeitpunkt seiner Abreise war bisher nicht bekannt.