Die AfD bedient Ressentiments, die in der Gesellschaft vorhanden sind. Selbst die CDU und manchmal die CSU versuchen für Mitgefühl und der Notwendigkeit zu helfen zu werben. Den dumpf-rechten Rand der Gesellschaft erreichen sie damit nicht. Das schafft jetzt die AfD. Weshalb sie fast allen Parteien einen mehr oder weniger großen Anteil an Wählern abspenstig machen kann. Die AfD sieht sich schon als "kleine Volkspartei", wie Lucke sagt. Auf dem Weg zu einer "mittelgroßen Volkspartei".
Dass vor allem Protestwähler zur AfD überliefen, sieht er nicht so. Nur ein Viertel seiner Wähler könnten dieser Gruppe zugerechnet werden, sagt Lucke. Alle anderen würden die Partei wegen ihrer Inhalte wählen. Wobei die Frage ist, welche Inhalte er da meint. Die in Thüringen, die in Brandenburg, die in Sachsen oder doch die bundesweiten? In der Frage Ukraine-Krise etwa hat Lucke eine dezidiert andere Auffassung als Gauland. Der hält die Sanktionen gegen Russland für falsch. Lucke für richtig.
Der Thüringer Höcke wiederum sieht sich als Retter der Demokratie. Er habe im Wahlkampf eine "unheimlich tief sitzende Politikverdrossenheit" beobachtet, die sich in eine "Ablehnung der Demokratie als Herrschaftsform" steigere. Die AfD werde wahrgenommen als Partei, die an der "Verlebendigung der als Staat empfundenen Parteiendemokratie" arbeite. Für die "Verlebendigung der Demokratie" habe die AfD auch schon etwas getan: 13 Prozent ihrer Wähler stammten aus dem Nichtwählerlager.
Was heißt das jetzt in der Praxis? Höcke kennt die Antwort: "Der erste Antrag wird die Einführung eines demografischen Faktors sein." Konkret: Die AfD will den Antrag stellen, den Landtag zu verkleinern. Was das mit "Verlebendigung der Demokratie" zu tun hat, wird wohl sein Geheimnis bleiben.
Wofür die AfD steht, ist schwer zu sagen
Eines muss Höcke dann "noch loswerden". Was da kürzlich in der ARD-Sendung Monitor zur AfD gelaufen sei, das "kann man nur als zwangsgebührenfinanzierte Volksverdummung" bezeichnen. Punkt. Was genau er da meint, sagt er nicht.
Noch haben die anderen Parteien keine Antwort darauf, wie mit so viel Beliebigkeit umgegangen werden kann. Die NPD vermittelte wenigstens ein klares Feindbild. Wofür oder wogegen die AfD aber eigentlich ist, ist schwer zu sagen - von der Euro-Frage mal abgesehen.
Der konservative "Berliner Kreis" in der CDU fordert jetzt mal wieder, die CDU müsse sich auf ihre konservativen Werte besinnen. Wenn das bedeuten soll, dass die Partei wieder anfangen soll, Vorurteile gegen Ausländer zu schüren und längst überkommene Familienbilder hochzuhalten, dann dürften sie damit in der Partei auf Granit stoßen. Viel gefährlicher als eine Partei rechts neben der Union dürfte für die CDU sein, die Mitte zu verlieren. Und die ist längst ganz woanders.
Merkels bestes Argument sind übrigens die jüngsten Wahlergebnisse. Kaum verloren oder leicht hinzugewonnen. Stärkste Kraft in Thüringen und Sachsen. Und zur zweitstärksten Kraft in Brandenburg aufgestiegen. Die Wahlergebnisse könnten jedenfalls "nicht als Ermunterung verstanden werden", auf die AfD zuzugehen, sagt Merkel.
Ein Problem ist die AfD für die Union nur deshalb, weil einige in der CDU in ihr eine Alternative zu Koalitionen mit SPD und Grünen sehen. Bisher aber haben solche Koalitionen der CDU mehr genützt als geschadet.