Die deutsche Innenpolitik, von Angela Merkel temperiert und von der großen Koalition sediert, wird wieder prickelnd. Das liegt nicht an der Bundesregierung, die ihre innenpolitischen Höchstleistungen im Streit um die Maut erbringt. Das liegt auch nicht an der Opposition, die keine Mittel und kaum Möglichkeiten findet, sich gegen den Achtzig-Prozent-Block im Parlament durchzusetzen. In der Linkspartei gibt es immerhin noch ein paar gute Redner, bei den Grünen gibt es da nur noch Langeweile. Noch nie in den 31 Jahren, in denen die Partei nun im Bundestag sitzt, wurde grüne Politik dort so öde dargeboten.
Die neue Spannung kommt aus den Ländern; sie entwickelt sich aus den Ergebnissen der Landtagswahlen. Diese Wahlen, jüngst in Sachsen, jetzt in Thüringen und Brandenburg, stören die politische Bundesbräsigkeit aus zwei Gründen.
Erstens erzielt eine neue Partei, rechts von CDU und CSU, sensationelle Erfolge: die AfD. Das wird Eruptionen in der Union auslösen, die dortige Gelassenheit war gespielt.
Zweitens ist Die Linke alias PDS demokratisch so stabilisiert, dass sie sich in Thüringen immerhin Hoffnungen machen kann, in Bodo Ramelow den Ministerpräsidenten zu stellen. Die SPD ist, auch wegen ihrer mickrigen Wahlergebnisse, gezwungen, ihr Verhältnis zu "links" zu klären. In Thüringen hat die Linkenphobie des SPD-Landeschefs Matschie das SPD-Desaster mitverursacht.
Die AfD als Sammelbecken wabernder Unzufriedenheit
Die AfD ist ein Sammelbecken wabernder Unzufriedenheit, deutschnational aufgeladen. Es gibt, wie an den Wahlergebnissen abzulesen, sehr viel Unzufriedenheit. In Brandenburg, wo die Linke bisher zusammen mit der SPD regiert, bekommt auch die Linke diese Unzufriedenheit massiv zu spüren. Die AfD tut der Linken weh, sie tut der SPD weh, sie marginalisiert die FDP; der Union aber tut die AfD ganz besonders weh. In der Union werden nun 25 Jahre alte Ängste wieder wach, Ängste aus der Zeit, als die Partei "Republikaner" Erfolge erzielte.
Die Republikaner waren eine CSU-Abspaltung. 1989 kamen sie ins Europaparlament und ins Berliner Abgeordnetenhaus, bis 2001 saßen sie im Stuttgarter Landtag. Franz Josef Straußens Motto, dass es rechts von der CSU "keine demokratisch legitimierte Partei geben" dürfe, schien ausgehebelt zu sein. Die Republikaner drifteten aber bald ins Braune, die Union hatte mit Abgrenzung Erfolg. Sie lehnte Kooperation strikt ab und drängte auch damit die Republikaner an den äußerst rechten Rand. Ob das mit der AfD wiederholbar ist? Das wird auch daran liegen, wie sehr diese AfD chaotisiert.