Rüstungsexporte:Hofreiter gegen Kampfjets für Saudi-Arabien

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Man könne nicht der Ukraine bestimmte Rüstungsgüter verweigern und "modernste Waffen an Diktaturen und Autokratien geben", sagt der Grüne Anton Hofreiter. (Foto: Nicolas Armer/DPA)

"Grundlegend falsch": Der Grünen-Politiker kritisiert mögliche Waffenlieferungen an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Droht der Ampel ein neuer Grundsatzstreit?

Von Paul-Anton Krüger, Berlin

Die Bundesregierung hat eine Stellungnahme zu möglichen Rüstungsgeschäften mit Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten abgelehnt. Der Grünen-Abgeordnete Toni Hofreiter hatte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland gesagt, aus dem Bundeskanzleramt komme Druck, 48 Kampfjets vom Typ Eurofighter Typhoon an Saudi-Arabien und sechs Transportmaschinen vom Typ Airbus A400M an die Emirate zu liefern. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte lediglich: "Das ist eine Debatte, die wir gemeinsam in diesem Land im Bundessicherheitsrat führen", was zumindest nahelegt, dass eine entsprechende Anfrage aus Saudi-Arabien existiert. Das Gremium tagt geheim.

Die Koalition könnte damit auf eine weitere Belastungsprobe zusteuern. Hofreiter sagte, er halte es für "grundlegend falsch", die beiden Länder zu beliefern, und andere Grüne sähen es wie er. Man könne nicht der von Russland überfallenen Ukraine bestimmte Waffen verweigern und gleichzeitig "modernste Waffen an Diktaturen und Autokratien geben", sagte er. Auch Teile der SPD sind dagegen. Die Bundesregierung will sich bislang nicht an der sogenannten Kampfjetkoalition für die Ukraine beteiligen, die darauf gerichtet ist, die Luftwaffe mit Flugzeugen westlicher Bauart auszurüsten. In Rede steht das US-Modell F-16.

Das Auswärtige Amt verweist auf die Waffenruhe in Jemen

Präsident Wolodimir Selenskij hatte Deutschland aufgefordert, sich der Gruppe anzuschließen. Die Bundeswehr betreibt aber nur die mit hohem Wartungsaufwand einsatzbereit gehaltenen Tornado-Jagdbomber und den Eurofighter, an dem das ukrainische Militär dem Vernehmen nach nicht sonderlich interessiert ist.

Saudi-Arabien verfügt über 72 Eurofighter, die der britische Rüstungskonzern BAE Systems geliefert hat; Deutschland, Italien und Spanien sind an dem Gemeinschaftsprojekt beteiligt und liefern Komponenten zu. 2019 hatte Riad einen Vertrag über 48 weitere Maschinen unterzeichnet, die aber wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien und wegen der Beteiligung des Königreichs am Krieg in Jemen bisher nicht ausgeliefert wurden.

Der Koalitionsvertrag der Ampelparteien schließt Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten aus, solange diese "nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind". Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes ist Saudi-Arabien allerdings bemüht, den Krieg zu beenden. Derzeit herrscht eine Waffenruhe in dem Land.

Der von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien gemeinsam gebaute A400M ist bislang außerhalb der EU nach Malaysia und in die Türkei exportiert worden, Indonesien und Kasachstan haben Maschinen bestellt. Die Emirate haben ihre Truppen aus Jemen abgezogen, sind aber an verschiedenen Krisenherden im Nahen Osten ein wichtiger Akteur bei der Unterstützung von Konfliktparteien, etwa in Libyen.

Baerbock und Habeck waren in ihrer Partei stark unter Druck geraten

Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr die Lieferung von Ausrüstungsteilen und Bewaffnung für Eurofighter und Tornado im Wert von 36 Millionen Euro an Saudi-Arabien genehmigt. Baerbock und der für Ausfuhrgenehmigungen zuständige Wirtschaftsminister Robert Habeck waren deswegen bei den Grünen stark unter Druck geraten. Ein Parteitag trug ihre Linie, die auch der Co-Vorsitzende Omid Nouripour verteidigt hatte, letztlich aber mit.

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Die Regierungsmitglieder argumentierten mit Vertragsverpflichtungen und möglichen Schadenersatzforderungen der Partner sowie mit der Notwendigkeit europäischer Rüstungskooperation. Die Koalition strebt auf EU-Ebene einheitliche Regelungen für Rüstungsexporte an. Und sie will ein neues Rüstungsexportkontrollgesetz verabschieden, das Wirtschaftsministerium arbeitet derzeit an einem Entwurf, dessen Eckpunkte bereits mit anderen Ressorts abgestimmt sind. Die frühere Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte sich nach dem russischen Überfall auf die Ukraine gegen die im Koalitionsvertrag vereinbarten restriktiveren Regeln ausgesprochen, Kanzler Olaf Scholz machte sich diese Linie zu eigen.

Die Bedeutung europäischer Kooperationsprojekte in der Rüstung ist nach Auffassung der Bundesregierung nochmals gestiegen. Mit Frankreich, dem Partner bei den Großvorhaben eines neu zu entwickelnden Kampfjets unter der Bezeichnung FCAS und eines neuen Kampfpanzers ( MGCS), bestehen vertragliche Regelungen zu den Genehmigungsverfahren, bei anderen Projekten sind sie in den Kooperationsverträgen geregelt.

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