Vatikan:Besuch am Rand der Kirche

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Eine Nonne befestigt ein Willkommenstransparent für Papst Franziskus in der Hauptstadt Ulan-Bator. In der Mongolei leben knapp 1500 Katholiken. (Foto: Carlos Garcia Rawlins/Reuters)

Papst Franziskus reist in die Mongolei, in der es ganze neun katholische Kirchen gibt. Russlands Krieg gegen die Ukraine ist immer dabei.

Von Marc Beise, Rom

Die Flugroute auf seinem Weg in die Mongolei führt nicht über russisches Staatsgebiet, damit hat der Papst in der Nacht zum Freitag ein Problem weniger: Franziskus muss sich nicht entscheiden, ob und wie er den russischen Präsidenten Wladimir Putin grüßen könnte. Üblicherweise sendet das katholische Kirchenoberhaupt aus dem Flugzeug eine Botschaft an jedes Staatsoberhaupt, dessen Land es überfliegt, diesmal beispielsweise an Xi Jinping. Da Peking und der Vatikan keine diplomatischen Beziehungen unterhalten, gehört das Grußtelegramm zu den wenigen offiziellen Kontakten, die zwischen einem Papst und Chinas Staatspräsident möglich sind.

Weiteren Ärger im Zusammenhang mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine kann Franziskus nicht gebrauchen, denn er möchte erklärtermaßen als Vermittler erfolgreich sein. Dabei ist er allerdings noch nicht weit gekommen, obwohl die diplomatische Maschinerie des Vatikans seit Wochen hochtourt. Des Papstes Sondergesandter, Italiens höchster Bischof, Kardinal Matteo Zuppi, war schon in Kiew, Moskau und Washington und will demnächst nach Peking reisen.

Die Ukraine hat ein Grundmisstrauen gegen den Heiligen Stuhl

Aber Moskau ist bisher nicht sonderlich interessiert an dieser Vermittlungsarbeit - und die Ukraine hat ein Grundmisstrauen gegen den Heiligen Stuhl, bei dem es zu viel Sympathie für den Aggressor wahrnimmt. Zuletzt hatte die ukrainische Führung protestiert, weil Franziskus in einer Videokonferenz mit Hunderten jungen Katholiken in Sankt Petersburg diese aufgerufen hatte, als "Erben der großen Mutter Russland ... Handwerker des Friedens" zu sein. Als Vorbild nannte er ausgerechnet die Zarin Katherina II. und vor allem Peter den Großen, der doch von Putin gern als Referenz herangezogen wird, um seine hegemonialen Ansprüche geltend zu machen.

Im Wochenverlauf bemühte sich der Vatikan um Schadensbegrenzung. Der Papst habe natürlich nicht dem russischen Imperialismus das Wort reden, sondern mit seinen spontanen Sätzen die jungen Menschen nur ermutigen wollen, das Positive des großen kulturellen und geistigen Erbes Russlands zu bewahren, hieß es. In der Generalaudienz am Mittwoch rief Franziskus erneut zum Gebet auf für die "liebe und gequälte Ukraine, die so viel erleiden muss".

Man darf gespannt sein, wie es weitergeht. Schließlich ist die Mongolei, sein erstes Reiseziel nach der Sommerpause, ein Binnenstaat zwischen Russland und dessen Verbündeten, der Volksrepublik China. Da liegen Fragen nach dem Stand der plötzlichen Vermittlungsbemühungen nahe. An der Freiluft-Papstmesse am Sonntag in Ulan-Bator sollen auch Katholiken aus China und Russland teilnehmen. Zugleich ist die Bereitschaft dieses Papstes bekannt, von den sorgsam gefertigten Redemanuskripten abzuweichen. Insbesondere seine spontanen Interviews im Flugzeug sind legendär.

Der Kardinal der Mongolei ist ein offizieller Exorzist

Ohnehin kann man sich fragen, warum der 86-jährige, gesundheitlich angeschlagene Franziskus ausgerechnet in die Mongolei reist, die zwar viermal so groß wie Deutschland ist, aber mit nur drei Millionen Einwohnern ausgesprochen dünn besiedelt. Noch nie vorher ist dort ein Papst eingetroffen, selbst der reisefreudige Johannes Paul II. ließ sich vertreten. Die religiösen Aktivitäten sind von Buddhismus und Schamanismus geprägt, es gibt nur knapp 1500 Katholiken.

Das sind 0,05 Prozent der Bevölkerung, damit gehört die Mongolei zu den Ländern mit der geringsten Katholikenzahl weltweit. Es gibt ganze neun katholische Kirchen, aber immerhin seit 2022 einen Kardinal: den jüngsten der Weltkirche, Giorgio Marengo, 49 Jahre alt. Der Italiener gehörte zur ersten Gruppe von Missionaren aus der in Turin ansässigen Consolata-Gemeinschaft, die 2003 ins Land kam. Seit ungefähr dieser Zeit ist er offizieller "Exorzist", also in der Austreibung des Bösen ausgebildet.

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Offizielle Aussage: Das Kirchenoberhaupt will während seines Besuchs vor allem die kleine katholische Gemeinde stärken und den Dialog zwischen den Religionen voranbringen. Größer gedacht, passt die Reise in die Grundphilosophie von Franziskus, der an die Ränder der Kirche gehen und dort den Glauben verkünden will. Und auf Asien, diesem flächen- und bevölkerungsmäßig größten Kontinent, ruht die besondere Hoffnung des Papstes, wenn er über die Zukunft seiner Kirche spricht.

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