USA:Waffen, Öl und Friedenspläne

USA: First Lady Melania Trump und US-Präsident Donald Trump (Mitte) bei ihrem Besuch bei Saudi-Arabiens King Salman bin Abdulaziz al-Saud (rechts) 2017 in Riad.

First Lady Melania Trump und US-Präsident Donald Trump (Mitte) bei ihrem Besuch bei Saudi-Arabiens King Salman bin Abdulaziz al-Saud (rechts) 2017 in Riad.

(Foto: AFP)

Donald Trump springt dem saudischen Königshaus im mutmaßlichen Mordfall Khashoggi bei. Der US-Präsident will Sanktionen gegen Riad vermeiden - das hat auch mit seiner Sicht auf den Nahen Osten zu tun.

Von Hubert Wetzel, Washington

Donald Trump lügt oft, aber manchmal ist er ein offenes Buch, in dem jeder die Wahrheit lesen kann. Das war vor ein paar Tagen so, als der Fall Khashoggi noch am Anfang stand. Trump gab damals ein Fernsehinterview. Sollte sich tatsächlich herausstellen, so sagte er, dass die Saudis den kritischen Journalisten in der Türkei ermordet haben, dann werde Amerika mit erheblichen Strafmaßnahmen antworten. Das klang wie eine harte Drohung. Viel aufschlussreicher war allerdings, was Trump noch ergänzte: Er sehe keinen Grund, nun als Vergeltung den geplanten milliardenschweren Export von amerikanischen Rüstungsgütern nach Saudi-Arabien zu blockieren. Die Russen hätten diesen Auftrag gerne gehabt, ebenso die Chinesen, sagte Trump. Aber er habe das Geschäft für Amerika an Land gezogen, und er werde jetzt keine Arbeitsplätze in den Vereinigten Staaten aufs Spiel setzen.

In diesen Sätzen steckte schon ein großer Teil der Erklärung, warum Trump sich über den mutmaßlichen Mord an Jamal Khashoggi, den Riad organisiert haben soll, nicht nur nicht aufregt, sondern dem Königshaus sogar beispringt. Saudi-Arabien ist traditionell ein Großkunde bei US-Rüstungsfirmen, und es war kein Zufall, dass Riad kurz nach Trumps Amtsantritt weitere lukrative Aufträge erteilt hat. Für Trump bedeutet Außenpolitik, Geschäfte zu machen. Die saudischen Herrscher rechnen offenbar damit, dass ein toter Dissident an dieser Linie nichts ändert.

Iran ist aus Trumps Sicht der Feind, Saudi-Arabien ein guter Verbündeter

Ein zweiter Grund, warum Trump zu den Saudis hält: Iran. Der US-Präsident hat Teheran als die Wurzel allen Übels im Nahen Osten ausgemacht. Das ist eine etwas einfältige Sicht, aber sie bestimmt Trumps gesamte Nahostpolitik. Iran ist für ihn der Feind, Saudi-Arabien ein guter Verbündeter. Dem saudischen Königshaus, das mit Teheran um die Vorherrschaft in der Region kämpft, kommt dieses simple Weltbild des Präsidenten natürlich zupass.

Trump versucht derzeit, Teheran durch harte Wirtschaftssanktionen unter Druck zu setzen. Er hat das Atomabkommen gekündigt, das sein Vorgänger Barack Obama gemeinsam mit den Europäern, Russland und China mit Iran ausgehandelt hatte. Die damals gelockerten Strafmaßnahmen will Trump nun wieder in Kraft setzen. Da Iran das meiste Geld mit dem Export von Erdöl verdient, ist es wichtig für den Präsidenten, diese Verkäufe so weit wie möglich abzuwürgen. Anfang November sollen die Sanktionen wieder greifen.

Das aber könnte Folgen für den Ölpreis haben. Öl wird auf einem weltweiten Markt gehandelt, wenn Irans Ölproduktion sinkt, steigt der Preis für den Rohstoff überall. Darunter würden auch amerikanische Unternehmen und Verbraucher leiden. Das will Trump keinesfalls. Das Problem ließe sich jedoch dadurch lösen, dass Saudi-Arabien seine Erdölförderung hochfährt. Wenn Riad so viel zusätzliches Öl auf den Markt bringt, wie an iranischem Öl wegen der US-Sanktionen vom Markt genommen wird, bleibt der Preis stabil. Berichten zufolge hatten sich Washington und Riad auf genau diesen Plan geeinigt, bevor der Fall Khashoggi dazwischenkam.

Und drittens: Trump hofft offenbar immer noch, dass die Saudis die Palästinenser zwingen werden, zu israelisch-amerikanischen Bedingungen Frieden mit Israel zu schließen. Der Präsident hat diesen Friedensschluss als "den größten Deal der Geschichte" bezeichnet, sein Schwiegersohn Jared Kushner arbeitet daran. Ob es ein Erfolg wird, weiß niemand. Sicher ist aber, dass es ohne Riad nicht geht.

Trump steckt jetzt in einem Dilemma. Es ist schwierig, die Welt von der Bösartigkeit Teherans zu überzeugen, wenn die Freunde in Riad Mordkommandos in ein Nato-Land schicken, um dort einen unbequemen, aber doch harmlosen Kolumnisten zu töten. Und in Washington hat der Fall Khashoggi wieder Skeptiker wie den republikanischen Senator Lindsey Graham auf den Plan gerufen, die Saudi-Arabien noch nie vertraut haben. Sie haben nicht vergessen, dass die meisten Attentäter des 11. September 2001 aus dem Königreich stammten und dass al-Qaida, das Terrornetzwerk des Saudis Osama bin Laden, vor allem von saudischen Spenden lebte. Im US-Senat gibt es daher derzeit Überlegungen, Trump notfalls zu Sanktionen gegen Riad zu zwingen.

Ob aus diesen Überlegungen jemals Taten werden, ist aber völlig offen. Die republikanischen Senatoren haben in den vergangenen Jahren immer wieder mal über Trumps Anbiederei an autokratische und diktatorische Regime geschimpft, aber sie haben nie etwas Handfestes getan. Dass Iran der wahre Feind der USA ist, gilt auch unter den Republikanern im Kongress als ausgemacht.

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